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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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sammenbrechen und die Gerechtigkeit ihr Regiment beginnen wird. An jenem
großen Tage, Mitarbeiter, werden wir euch nicht mehr sagen: haltet euch still;
wir werden euch zurufen: Vorwärts!

Bis dahin seid geduldig und erwartet eure Stunde.


Der belgische Generalrats."

Brüssel, den 13. April 1869.

Es genügt, dieses Document mit dem einige Seiten vorher von uns an¬
geführten zu vergleichen, um zu sehen, wie sehr die Leidenschaften sich binnen
zwei Jahren in der Internationale entwickelt und gesteigert hatten. 1867
hatten die "Correspondenten" der Pariser Sectionen ohne Zweifel ihre
Bundesbrüder mit aller Macht gegen die Arbeitgeber und Regierung aufge¬
regt, aber wie sehr sie auch vor ihnen falsche und gewaltthätige Gedanken
entwickelt, hatten sie ihnen doch durchweg maßvolles Handeln empfohlen. Jetzt,
im Jahre 1869, verheißt der belgische Generalrats seinen Getreuen, daß sie
bald die Gewalt allein in den Händen haben werden, daß sie die Herren in
der bürgerlichen Gesellschaft sein werden, und wenn er sie vermahnt, sich noch
in Geduld zu fassen, so geschieht es einzig und allein aus Gründen der Zweck¬
mäßigkeit, so geschieht es lediglich deshalb, damit sie im rechten Augenblicke
mit unwiderstehlicher Macht und ohne Gefahr der Gesellschaft den Todesstoß
versetzen können.

Können wir weder die Gedanken noch die Empfindungen der Verfasser
dieser Proclamation loben, so müssen wir wenigstens ihnen Dank sagen für
ihre Offenheit, Es ist das warnende Rasseln der Klapperschlange.

Wenn wir die "Greves" von Roubaix und Seraing besonders ins Auge
faßten, so geschah es nicht, weil sie sich erheblich von den übrigen unter¬
scheiden, die in Frankreich und Belgien aufeinander gefolgt sind, sondern weil
wir an zwei Beispielen die gewöhnlichsten Vorgänge und die am häufigsten
zu beobachtenden Zwischenfälle dieser traurigen Kriege auf gewerblichen Ge¬
biet zeigen wollten.

Es hat seit einiger Zeit kaum ein Jahr gegeben, in welchem nicht einige
dieser großen Arbeitseinstellungen ausgebrochen wären, welche ganze Bevölker¬
ungen aufregen, die Arbeiter zu Tausenden hungern lassen, eine mehr oder
minder große Anzahl von Arbeitgebern mit dem Ruin bedrohen und nur zu
oft mit blutigen Zusammenstößen endigen. Die Arbeitseinstellungen von Au-
bin und Ricamarie haben ein düsteres Andenken hinterlassen, weil das Chasse-
pot-Gewehr, welches nach General de Failly schon bei Mendana "Wunder
verrichtet", damals zum ersten Mal in den bürgerlichen Wirren auftrat und
schreckliche Wirkung that. Aber abgesehen von diesem nur für die Feuer¬
waffen-Technik und für die Familien der Opfer interessanten Punkte haben
die Arbeitseinstellungen von Aubin und Ricamarie nichts Merkwürdigeres als


sammenbrechen und die Gerechtigkeit ihr Regiment beginnen wird. An jenem
großen Tage, Mitarbeiter, werden wir euch nicht mehr sagen: haltet euch still;
wir werden euch zurufen: Vorwärts!

Bis dahin seid geduldig und erwartet eure Stunde.


Der belgische Generalrats."

Brüssel, den 13. April 1869.

Es genügt, dieses Document mit dem einige Seiten vorher von uns an¬
geführten zu vergleichen, um zu sehen, wie sehr die Leidenschaften sich binnen
zwei Jahren in der Internationale entwickelt und gesteigert hatten. 1867
hatten die „Correspondenten" der Pariser Sectionen ohne Zweifel ihre
Bundesbrüder mit aller Macht gegen die Arbeitgeber und Regierung aufge¬
regt, aber wie sehr sie auch vor ihnen falsche und gewaltthätige Gedanken
entwickelt, hatten sie ihnen doch durchweg maßvolles Handeln empfohlen. Jetzt,
im Jahre 1869, verheißt der belgische Generalrats seinen Getreuen, daß sie
bald die Gewalt allein in den Händen haben werden, daß sie die Herren in
der bürgerlichen Gesellschaft sein werden, und wenn er sie vermahnt, sich noch
in Geduld zu fassen, so geschieht es einzig und allein aus Gründen der Zweck¬
mäßigkeit, so geschieht es lediglich deshalb, damit sie im rechten Augenblicke
mit unwiderstehlicher Macht und ohne Gefahr der Gesellschaft den Todesstoß
versetzen können.

Können wir weder die Gedanken noch die Empfindungen der Verfasser
dieser Proclamation loben, so müssen wir wenigstens ihnen Dank sagen für
ihre Offenheit, Es ist das warnende Rasseln der Klapperschlange.

Wenn wir die „Greves" von Roubaix und Seraing besonders ins Auge
faßten, so geschah es nicht, weil sie sich erheblich von den übrigen unter¬
scheiden, die in Frankreich und Belgien aufeinander gefolgt sind, sondern weil
wir an zwei Beispielen die gewöhnlichsten Vorgänge und die am häufigsten
zu beobachtenden Zwischenfälle dieser traurigen Kriege auf gewerblichen Ge¬
biet zeigen wollten.

Es hat seit einiger Zeit kaum ein Jahr gegeben, in welchem nicht einige
dieser großen Arbeitseinstellungen ausgebrochen wären, welche ganze Bevölker¬
ungen aufregen, die Arbeiter zu Tausenden hungern lassen, eine mehr oder
minder große Anzahl von Arbeitgebern mit dem Ruin bedrohen und nur zu
oft mit blutigen Zusammenstößen endigen. Die Arbeitseinstellungen von Au-
bin und Ricamarie haben ein düsteres Andenken hinterlassen, weil das Chasse-
pot-Gewehr, welches nach General de Failly schon bei Mendana „Wunder
verrichtet", damals zum ersten Mal in den bürgerlichen Wirren auftrat und
schreckliche Wirkung that. Aber abgesehen von diesem nur für die Feuer¬
waffen-Technik und für die Familien der Opfer interessanten Punkte haben
die Arbeitseinstellungen von Aubin und Ricamarie nichts Merkwürdigeres als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/150>, abgerufen am 24.05.2024.