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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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konnte er sich noch am besten vertragen. Wenn es ihm in den Sinn kam,
schmiß er Bouteillen, Mützen :c. ins Wasser, sagend, es wäre ein Almosen.
Wie wir nachher hörten, war er vorher Advocat in Groningen gewesen und
mochte wohl was pecciret haben, daß er sich hat retiriren müssen. ZuDockum
kamen wir'/z8 Uhr an und kauften da noch zwei Entvogels. die wir nachgehends
in Vier mit gutem Appetit verzehreten. Gegen 4 Uhr Nachmittags kamen wir
in Grvnungen an, kamen nach Winschoten und von da nach Neuschanz,
wo wir zu Fünfen einen Wagen nahmen nach Wen ern, dann von da ein
Schiff nach Vier und kehrten im weißen Löwen am Wasser ein. Wir ver¬
zehreten da unsere Entvogels bei einem Gläschen Muskatellerwein mit gutem
Appetit, setzten uns darauf zu Wagen, und fuhren erstlich auf Holtrap
nach Aurich. Hier war den Tag eben Pferdemarkt gewesen. Als von
da eben die Post nach Bremen abgehen sollte, schrieb ich in der Eile noch
einen Brief an Mama. Wir waren bei der Frau Postmeisterin abgestiegen,
welche sehr schöne Logements hat und recht gut tractirer.

Weil wir gehöret hatten, daß Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht von
Anhalt-Zerbst nach Aurich kommen würden, und gerne Gewißheit haben
wollten, gingen wir nach Hofe und besahen das Schloß, welches sehr nett und
zierlich gebauet ist. Der Herr Capitain Blücher, welcher auf dem Schloß
commandiret, führte uns in den Marstall. Wegen Jhro Hochfürstlichen Durch¬
laucht Ankunft konnte er uns aber keine Gewißheit geben.

Am andern Morgen um 4 Uhr reisten wir wieder ab, kamen gegen 11
Uhr zu Jever an und nahmen unser Quartier bei Mr. Curin vor dem
Thore.

Wir machten dem Herrn Canzler unsere Visite und darauf hatten wir
die Gnade Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht Johann Adolph aufzuwarten
und über die aufgetragenen Commissionen Rapport zu machen. Dann erhielten
wir auch Audienz bei Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht selbst, welche uns
sehr gnädig empfingen.

Wir ersuchten wiederum Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht uns die
Gnade zu erweisen, und bei Ihrer Durchreise durch Bremen in unserem
Garten abzutreten und mit einer geringen Mahlzeit vorlieb zu nehmen. Darauf
machten wir auch unser unterthänigstes Compliment an Jhro Hochfürstlichen
Durchlaucht den Erbprinzen und thaten ebenfalls wegen der uns aufgetragenen
Commission Rapport. In Summa, wir wurden aller Orten so gnädig em¬
pfangen, mußten auch selben Abend noch zu Hofe speisen, nachdem wir vor¬
her einige schöne holländische Pfirsiche dahin gesandt und erzeigten uns alle die
Herren Räthe und Bedienten große Ehre und Liebe. Wir bestellten auch
noch am selben Abend einen Wagen und reiseten am andern Morgen, nach¬
dem wir bei Hofe und anderwärts Abschied genommen, wieder ab. Wir


konnte er sich noch am besten vertragen. Wenn es ihm in den Sinn kam,
schmiß er Bouteillen, Mützen :c. ins Wasser, sagend, es wäre ein Almosen.
Wie wir nachher hörten, war er vorher Advocat in Groningen gewesen und
mochte wohl was pecciret haben, daß er sich hat retiriren müssen. ZuDockum
kamen wir'/z8 Uhr an und kauften da noch zwei Entvogels. die wir nachgehends
in Vier mit gutem Appetit verzehreten. Gegen 4 Uhr Nachmittags kamen wir
in Grvnungen an, kamen nach Winschoten und von da nach Neuschanz,
wo wir zu Fünfen einen Wagen nahmen nach Wen ern, dann von da ein
Schiff nach Vier und kehrten im weißen Löwen am Wasser ein. Wir ver¬
zehreten da unsere Entvogels bei einem Gläschen Muskatellerwein mit gutem
Appetit, setzten uns darauf zu Wagen, und fuhren erstlich auf Holtrap
nach Aurich. Hier war den Tag eben Pferdemarkt gewesen. Als von
da eben die Post nach Bremen abgehen sollte, schrieb ich in der Eile noch
einen Brief an Mama. Wir waren bei der Frau Postmeisterin abgestiegen,
welche sehr schöne Logements hat und recht gut tractirer.

Weil wir gehöret hatten, daß Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht von
Anhalt-Zerbst nach Aurich kommen würden, und gerne Gewißheit haben
wollten, gingen wir nach Hofe und besahen das Schloß, welches sehr nett und
zierlich gebauet ist. Der Herr Capitain Blücher, welcher auf dem Schloß
commandiret, führte uns in den Marstall. Wegen Jhro Hochfürstlichen Durch¬
laucht Ankunft konnte er uns aber keine Gewißheit geben.

Am andern Morgen um 4 Uhr reisten wir wieder ab, kamen gegen 11
Uhr zu Jever an und nahmen unser Quartier bei Mr. Curin vor dem
Thore.

Wir machten dem Herrn Canzler unsere Visite und darauf hatten wir
die Gnade Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht Johann Adolph aufzuwarten
und über die aufgetragenen Commissionen Rapport zu machen. Dann erhielten
wir auch Audienz bei Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht selbst, welche uns
sehr gnädig empfingen.

Wir ersuchten wiederum Jhro Hochfürstlichen Durchlaucht uns die
Gnade zu erweisen, und bei Ihrer Durchreise durch Bremen in unserem
Garten abzutreten und mit einer geringen Mahlzeit vorlieb zu nehmen. Darauf
machten wir auch unser unterthänigstes Compliment an Jhro Hochfürstlichen
Durchlaucht den Erbprinzen und thaten ebenfalls wegen der uns aufgetragenen
Commission Rapport. In Summa, wir wurden aller Orten so gnädig em¬
pfangen, mußten auch selben Abend noch zu Hofe speisen, nachdem wir vor¬
her einige schöne holländische Pfirsiche dahin gesandt und erzeigten uns alle die
Herren Räthe und Bedienten große Ehre und Liebe. Wir bestellten auch
noch am selben Abend einen Wagen und reiseten am andern Morgen, nach¬
dem wir bei Hofe und anderwärts Abschied genommen, wieder ab. Wir


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/265>, abgerufen am 22.05.2024.