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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band.

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gekommen ist, sieht als einen lichten Punkt derselben die Zeit an, die er bey
Ihnen zugebracht hat und hängt mit wahrer Neigung und Liebe an Ihnen.

Möchten wir doch nie wieder einander so nah seyn, ohne uns zu sehen.
Da Sie erst voriges Jahr in unsern Gegenden waren und ich in diesem Früh¬
ling, wenn es nur einigermaßen möglich ist, über die Alpen zu gehen gedenke,
so habe ich wenig Hoffnung dazu.

Nun eine Bitte: Ein Engländer, der bei uns durchreiste und Ihre Ho¬
merische Uebersetzung suchte, aber im Buchladen nicht fand, sprach mit so viel
Wärme und Freude von Ihrer Charte der alten Welt, daß ich mich nicht ent¬
halten konnte, sie aus meinem Exemplar herauszuheben und sie ihm auf den
Weg mitzugeben; könnten Sie mir wohl ein oder ein paar Exemplare dieser
Charte verschaffen? sowohl um Ihren Homer wieder zu completiren, als auch
sie immer vor Augen zu haben. Wäre es doch überhaupt nur möglich, daß
Sie uns mit der subjectiven alten Geographie und mit dem objectiven Wachs¬
thum derselben nach und nach bekannt machten. Leben Sie recht wohl und
erhalten mir ein liebevolles Andenken.

Weimar, am 6. Dec. 1796.,


Goethe.
2) Goethe an Knebel.')

Bitte UM die Silhouetten! Das Biskuit Köpfgen! Das Wachs-Profil,
den Degen, Hut und was sonst noch möcht bey Euch seyn Bruder Herz.
G. Grüßt den Prinzen freundlichst.


3) Goethe an Knebel.

Möchtest du wohl mein lieber eine durch die erneute Freyheit deines
Carls erheiterte Stunde dazu nutzen, das gezeichnete Ausonische Epigramm


In Lumpmam aclulteram

freundlich zu übersetzen; so würde dich der Gebrauch, den ich davon machen
G. werde, in Kurzem artig überraschen


4) Goethe an Noigt.

Weimar, am 19. Dec. 1798.

Die Kantische Andropologie <Ac!) folgt hier mit vielem Dank zurück der
doppelt ist, da sich Ihre Frau Gemahlin dieses Genusses um meinetwillen
bisher beraubt hat. Es ist ein Werk das besonders dem Pädagogen höchst
willkommen seyn muß, wir mögen nun die Rolle gegen uns selbst oder gegen
andere spielen; übrigens sollte man meo volo dasselbe nur im Frühjahr lesen,
wenn die Bäume blühen, um von außen ein Gleichgewicht gegen das un¬
tröstliche zu haben, das durch den größten Theil des Buches herrscht, ich habe
es gelesen, indem Kinder um mich spielten und da mag es auch noch hin-



") Gehört jedenfalls ins Jahr 1776.

gekommen ist, sieht als einen lichten Punkt derselben die Zeit an, die er bey
Ihnen zugebracht hat und hängt mit wahrer Neigung und Liebe an Ihnen.

Möchten wir doch nie wieder einander so nah seyn, ohne uns zu sehen.
Da Sie erst voriges Jahr in unsern Gegenden waren und ich in diesem Früh¬
ling, wenn es nur einigermaßen möglich ist, über die Alpen zu gehen gedenke,
so habe ich wenig Hoffnung dazu.

Nun eine Bitte: Ein Engländer, der bei uns durchreiste und Ihre Ho¬
merische Uebersetzung suchte, aber im Buchladen nicht fand, sprach mit so viel
Wärme und Freude von Ihrer Charte der alten Welt, daß ich mich nicht ent¬
halten konnte, sie aus meinem Exemplar herauszuheben und sie ihm auf den
Weg mitzugeben; könnten Sie mir wohl ein oder ein paar Exemplare dieser
Charte verschaffen? sowohl um Ihren Homer wieder zu completiren, als auch
sie immer vor Augen zu haben. Wäre es doch überhaupt nur möglich, daß
Sie uns mit der subjectiven alten Geographie und mit dem objectiven Wachs¬
thum derselben nach und nach bekannt machten. Leben Sie recht wohl und
erhalten mir ein liebevolles Andenken.

Weimar, am 6. Dec. 1796.,


Goethe.
2) Goethe an Knebel.')

Bitte UM die Silhouetten! Das Biskuit Köpfgen! Das Wachs-Profil,
den Degen, Hut und was sonst noch möcht bey Euch seyn Bruder Herz.
G. Grüßt den Prinzen freundlichst.


3) Goethe an Knebel.

Möchtest du wohl mein lieber eine durch die erneute Freyheit deines
Carls erheiterte Stunde dazu nutzen, das gezeichnete Ausonische Epigramm


In Lumpmam aclulteram

freundlich zu übersetzen; so würde dich der Gebrauch, den ich davon machen
G. werde, in Kurzem artig überraschen


4) Goethe an Noigt.

Weimar, am 19. Dec. 1798.

Die Kantische Andropologie <Ac!) folgt hier mit vielem Dank zurück der
doppelt ist, da sich Ihre Frau Gemahlin dieses Genusses um meinetwillen
bisher beraubt hat. Es ist ein Werk das besonders dem Pädagogen höchst
willkommen seyn muß, wir mögen nun die Rolle gegen uns selbst oder gegen
andere spielen; übrigens sollte man meo volo dasselbe nur im Frühjahr lesen,
wenn die Bäume blühen, um von außen ein Gleichgewicht gegen das un¬
tröstliche zu haben, das durch den größten Theil des Buches herrscht, ich habe
es gelesen, indem Kinder um mich spielten und da mag es auch noch hin-



") Gehört jedenfalls ins Jahr 1776.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059/100>, abgerufen am 19.05.2024.