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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band.

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größter Leichtigkeit sofort finden und mit den ihm verwandten Gegenständen
vergleichen kann, wie man z. B, in einem systematisch angelegten Lehrbuche
oder in einem Lexicon einen gesuchten Gegenstand mit Allem, was sich auf
denselben bezieht, sofort finden kann.

Nach beiden Richtungen, der Vollständigkeit aller zur Darlegung des
gegenwärtigen Standes der Culturentwickelung eines Volkes nothwendigen
Gegenstände sowohl, als in der Anordnung der zufällig gegenwärtigen Gegen¬
stände läßt die Wiener Weltausstellung sehr viel zu wünschen übrig.

Viele der besten Künstler und Fabrikanten sind gar nicht vertreten. Diese
Ausstellung giebt demnach oft genug ein verzerrtes oder gar ganz unwahres
Bild von den Leistungen eines Landes. Manche Gruppen wie "Geschichte
der Arbeit", "Wirksamkeit der Museen", "Pavillon des Windes" sind höchst
unvollständig und nachlässig behandelt. Die Gesammt-Anordnung der Aus¬
stellung aber ist, wie Julius Lessing in der National-Zeitung (Ur. 265, 267
und 277) klar dargelegt hat, vollständig verfehlt. Wegen der mangeln¬
den Uebersicht ist das vergleichende Studium unmöglich gemacht, ja jedes
Studium überhaupt unendlich erschwert. Wer bestimmte Gegenstände sucht,
findet dieselben, wenn überhaupt, nur sehr schwer nach vielem Suchen und
großem Zeitverlust. Wer verwandte Gegenstände, z. B. die Teppiche oder
Möbel aller Länder mit einander vergleichen oder den heutigen Stand der
Entwickelung des gesammten Eisenbahnwesens studiren will, wird kaum je¬
mals alles Zusammengehörende ausfindig machen und wenn er es gefunden,
nur sehr schwer mit einander vergleichen können.

Ein genauer, vollkommen richtiger Plan der Ausstellung eristirt nicht.
Ein einigermaßen vollständiger allgemeiner Katalog ist als ein sehr starker
Octavband von os Bogen erst vor wenigen Wochen erschienen, nützt aber
wenig oder gar nichts, da er nur die Namen der Aussteller enthält. Die
special-Kataloge der verschiedenen Länder sind bis jetzt erst zum Theil er¬
schienen und bilden doch schon eine kleine Bibliothek. Sie auf einem Rund¬
gänge durch die Ausstellung mitzunehmen, ist absolut unmöglich, wenn man
sich dieselben nicht auf einem Karren nachfahren lassen will- Außerdem hel¬
fen sie in der Ausstellung selbst doch nichts, da ihre Benutzung sehr viel
Zeit erfordern würde und das Auffinden der im Katalog bezeichneten Gegen¬
stände doch nur dem Zufall überlassen bleibt.

Irgend ein Führer oder ein anderes Hilfsmittel zur Orientirung im
ganzen oder auf einzelnen Gebieten giebt es nicht. Deshalb gebraucht man
zur Besichtigung der Ausstellung unverhältnismäßig viel Zeit und lernt sie
doch nie näher kennen.

Ohne entsprechende Vorkenntnisse aber ist der Besuch fast geradezu nutz¬
los. Deßhalb halte ich auch die Hersendung von Arbeitern, Lehrern niederer


größter Leichtigkeit sofort finden und mit den ihm verwandten Gegenständen
vergleichen kann, wie man z. B, in einem systematisch angelegten Lehrbuche
oder in einem Lexicon einen gesuchten Gegenstand mit Allem, was sich auf
denselben bezieht, sofort finden kann.

Nach beiden Richtungen, der Vollständigkeit aller zur Darlegung des
gegenwärtigen Standes der Culturentwickelung eines Volkes nothwendigen
Gegenstände sowohl, als in der Anordnung der zufällig gegenwärtigen Gegen¬
stände läßt die Wiener Weltausstellung sehr viel zu wünschen übrig.

Viele der besten Künstler und Fabrikanten sind gar nicht vertreten. Diese
Ausstellung giebt demnach oft genug ein verzerrtes oder gar ganz unwahres
Bild von den Leistungen eines Landes. Manche Gruppen wie „Geschichte
der Arbeit", „Wirksamkeit der Museen", „Pavillon des Windes" sind höchst
unvollständig und nachlässig behandelt. Die Gesammt-Anordnung der Aus¬
stellung aber ist, wie Julius Lessing in der National-Zeitung (Ur. 265, 267
und 277) klar dargelegt hat, vollständig verfehlt. Wegen der mangeln¬
den Uebersicht ist das vergleichende Studium unmöglich gemacht, ja jedes
Studium überhaupt unendlich erschwert. Wer bestimmte Gegenstände sucht,
findet dieselben, wenn überhaupt, nur sehr schwer nach vielem Suchen und
großem Zeitverlust. Wer verwandte Gegenstände, z. B. die Teppiche oder
Möbel aller Länder mit einander vergleichen oder den heutigen Stand der
Entwickelung des gesammten Eisenbahnwesens studiren will, wird kaum je¬
mals alles Zusammengehörende ausfindig machen und wenn er es gefunden,
nur sehr schwer mit einander vergleichen können.

Ein genauer, vollkommen richtiger Plan der Ausstellung eristirt nicht.
Ein einigermaßen vollständiger allgemeiner Katalog ist als ein sehr starker
Octavband von os Bogen erst vor wenigen Wochen erschienen, nützt aber
wenig oder gar nichts, da er nur die Namen der Aussteller enthält. Die
special-Kataloge der verschiedenen Länder sind bis jetzt erst zum Theil er¬
schienen und bilden doch schon eine kleine Bibliothek. Sie auf einem Rund¬
gänge durch die Ausstellung mitzunehmen, ist absolut unmöglich, wenn man
sich dieselben nicht auf einem Karren nachfahren lassen will- Außerdem hel¬
fen sie in der Ausstellung selbst doch nichts, da ihre Benutzung sehr viel
Zeit erfordern würde und das Auffinden der im Katalog bezeichneten Gegen¬
stände doch nur dem Zufall überlassen bleibt.

Irgend ein Führer oder ein anderes Hilfsmittel zur Orientirung im
ganzen oder auf einzelnen Gebieten giebt es nicht. Deshalb gebraucht man
zur Besichtigung der Ausstellung unverhältnismäßig viel Zeit und lernt sie
doch nie näher kennen.

Ohne entsprechende Vorkenntnisse aber ist der Besuch fast geradezu nutz¬
los. Deßhalb halte ich auch die Hersendung von Arbeitern, Lehrern niederer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059/35>, abgerufen am 18.05.2024.