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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Fenster in der Stadtmauer herabgelassen werden; 3) Simson überwältigt den
Löwen; 4) Simson hebt die Thore von Gaza aus; 3) der schlafende Simson
im Schoße der Delila; 6) demselben werden von den Philistern die Augen
ausgestochen; 7) Simson erfaßt die Säulen des Saales, so daß derselbe zu¬
sammenstürzt; 8) die Salbung Davids; 9) David- überwindet den Löwen, der
ein Schaf seiner Heerde hinwegträgt; 10) David schleudert einen Stein gegen
Goliaths Stirn; 11) David tödtet den Goliath mit dessen Schwert; 12) König
David auf dem Throne.

Im Jahre 1868 war die Aufnahme und Zusammenstellung der Pausen
beendigt, und der Baumeister Wiethase entwarf einen fein durchdachten Plan
für die nunmehr zu beginnende Neulegung des Mosaiks. Da die Ausfüh¬
rung dieses Entwurfs hauptsächlich des Kostenpunktes wegen auf Schwierig¬
keiten stieß, so beauftragte der Kirchenvorstand von Gereon den Maler
Avenarius mit der Anfertigung eines neuen Planes nebst Kostenanschlag, auf
Grund dessen der Künstler mit der Ausführung der Restauration begann, die
er im Jahre 1871 glücklich zu Ende führte. Die nothwendigen Ergänzungen
der mehr oder weniger fragmentirten Darstellungen erfolgten in vollkommen
stilgerechter Weise. Die beträchtlichen Kosten trug der Kirchenvorstand von
Gereon; auf Veranlassung des Vereins von Alterthumsfreunden in Bonn
geruhte Se. Königl. Hoheit der Kronprinz das Unternehmen durch einen
Geldbeitrag zu fördern; das Kultus-Ministerium bewilligte eine weitere
Summe. -- Wer früher das wüste Chaos gesehen und jetzt den hergestellten
Mosaikboden betrachtet, ein Werk musivischer Künste des Mittelalters, wie
Deutschland kein zweites besitzt, der muß sagen: dies ist eine der großartigsten
Leistungen auf dem Gebiete der Restauration alter Kunstdenkmäler, welche
in der neuesten Zeit deutscher Energie gelungen sind, eine Leistung, die
den Namen Avenarius in die Geschichte der mittelalterlichen Künste ein¬
gebürgert hat.

Der "Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande" erfreute im letzten
Vereinsjahre seine Mitglieder durch eine Festschrift zu Ehren des Geburtstages
Winckelmann's, welche eine prachtvolle Publication der besagten Mosaiken
enthält: "Der Mosaikboden in Se. Gereon zu Köln, restaurirt und gezeichnet
von Toni Avenarius. Nebst den damit verwandten Mosaikboden Italiens
herausgegeben von Ernst aus'in Weerth. Mit 2 Farbentafeln, 10 Lithogra¬
phien und 16 Holzschnitten. Bonn 1873." Der gelehrte Herausgeber setzt
den Boden, bei dessen erstem Anblick man nicht weiß, ob man es mit einem
letzten Ausläufer der untergegangenen antiken Kunstpraxis, oder aber mit
den ersten unbeholfenen und derben Versuchen einer neu auflebenden Kunst¬
epoche zu thun habe, in das 11. Jahrhundert. Auf diese Zeit weist das
Kostüm und der Charakter der erhaltenen Buchstabenreste. Wie sich sonst


Fenster in der Stadtmauer herabgelassen werden; 3) Simson überwältigt den
Löwen; 4) Simson hebt die Thore von Gaza aus; 3) der schlafende Simson
im Schoße der Delila; 6) demselben werden von den Philistern die Augen
ausgestochen; 7) Simson erfaßt die Säulen des Saales, so daß derselbe zu¬
sammenstürzt; 8) die Salbung Davids; 9) David- überwindet den Löwen, der
ein Schaf seiner Heerde hinwegträgt; 10) David schleudert einen Stein gegen
Goliaths Stirn; 11) David tödtet den Goliath mit dessen Schwert; 12) König
David auf dem Throne.

Im Jahre 1868 war die Aufnahme und Zusammenstellung der Pausen
beendigt, und der Baumeister Wiethase entwarf einen fein durchdachten Plan
für die nunmehr zu beginnende Neulegung des Mosaiks. Da die Ausfüh¬
rung dieses Entwurfs hauptsächlich des Kostenpunktes wegen auf Schwierig¬
keiten stieß, so beauftragte der Kirchenvorstand von Gereon den Maler
Avenarius mit der Anfertigung eines neuen Planes nebst Kostenanschlag, auf
Grund dessen der Künstler mit der Ausführung der Restauration begann, die
er im Jahre 1871 glücklich zu Ende führte. Die nothwendigen Ergänzungen
der mehr oder weniger fragmentirten Darstellungen erfolgten in vollkommen
stilgerechter Weise. Die beträchtlichen Kosten trug der Kirchenvorstand von
Gereon; auf Veranlassung des Vereins von Alterthumsfreunden in Bonn
geruhte Se. Königl. Hoheit der Kronprinz das Unternehmen durch einen
Geldbeitrag zu fördern; das Kultus-Ministerium bewilligte eine weitere
Summe. — Wer früher das wüste Chaos gesehen und jetzt den hergestellten
Mosaikboden betrachtet, ein Werk musivischer Künste des Mittelalters, wie
Deutschland kein zweites besitzt, der muß sagen: dies ist eine der großartigsten
Leistungen auf dem Gebiete der Restauration alter Kunstdenkmäler, welche
in der neuesten Zeit deutscher Energie gelungen sind, eine Leistung, die
den Namen Avenarius in die Geschichte der mittelalterlichen Künste ein¬
gebürgert hat.

Der „Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande" erfreute im letzten
Vereinsjahre seine Mitglieder durch eine Festschrift zu Ehren des Geburtstages
Winckelmann's, welche eine prachtvolle Publication der besagten Mosaiken
enthält: „Der Mosaikboden in Se. Gereon zu Köln, restaurirt und gezeichnet
von Toni Avenarius. Nebst den damit verwandten Mosaikboden Italiens
herausgegeben von Ernst aus'in Weerth. Mit 2 Farbentafeln, 10 Lithogra¬
phien und 16 Holzschnitten. Bonn 1873." Der gelehrte Herausgeber setzt
den Boden, bei dessen erstem Anblick man nicht weiß, ob man es mit einem
letzten Ausläufer der untergegangenen antiken Kunstpraxis, oder aber mit
den ersten unbeholfenen und derben Versuchen einer neu auflebenden Kunst¬
epoche zu thun habe, in das 11. Jahrhundert. Auf diese Zeit weist das
Kostüm und der Charakter der erhaltenen Buchstabenreste. Wie sich sonst


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[0266] Fenster in der Stadtmauer herabgelassen werden; 3) Simson überwältigt den Löwen; 4) Simson hebt die Thore von Gaza aus; 3) der schlafende Simson im Schoße der Delila; 6) demselben werden von den Philistern die Augen ausgestochen; 7) Simson erfaßt die Säulen des Saales, so daß derselbe zu¬ sammenstürzt; 8) die Salbung Davids; 9) David- überwindet den Löwen, der ein Schaf seiner Heerde hinwegträgt; 10) David schleudert einen Stein gegen Goliaths Stirn; 11) David tödtet den Goliath mit dessen Schwert; 12) König David auf dem Throne. Im Jahre 1868 war die Aufnahme und Zusammenstellung der Pausen beendigt, und der Baumeister Wiethase entwarf einen fein durchdachten Plan für die nunmehr zu beginnende Neulegung des Mosaiks. Da die Ausfüh¬ rung dieses Entwurfs hauptsächlich des Kostenpunktes wegen auf Schwierig¬ keiten stieß, so beauftragte der Kirchenvorstand von Gereon den Maler Avenarius mit der Anfertigung eines neuen Planes nebst Kostenanschlag, auf Grund dessen der Künstler mit der Ausführung der Restauration begann, die er im Jahre 1871 glücklich zu Ende führte. Die nothwendigen Ergänzungen der mehr oder weniger fragmentirten Darstellungen erfolgten in vollkommen stilgerechter Weise. Die beträchtlichen Kosten trug der Kirchenvorstand von Gereon; auf Veranlassung des Vereins von Alterthumsfreunden in Bonn geruhte Se. Königl. Hoheit der Kronprinz das Unternehmen durch einen Geldbeitrag zu fördern; das Kultus-Ministerium bewilligte eine weitere Summe. — Wer früher das wüste Chaos gesehen und jetzt den hergestellten Mosaikboden betrachtet, ein Werk musivischer Künste des Mittelalters, wie Deutschland kein zweites besitzt, der muß sagen: dies ist eine der großartigsten Leistungen auf dem Gebiete der Restauration alter Kunstdenkmäler, welche in der neuesten Zeit deutscher Energie gelungen sind, eine Leistung, die den Namen Avenarius in die Geschichte der mittelalterlichen Künste ein¬ gebürgert hat. Der „Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande" erfreute im letzten Vereinsjahre seine Mitglieder durch eine Festschrift zu Ehren des Geburtstages Winckelmann's, welche eine prachtvolle Publication der besagten Mosaiken enthält: „Der Mosaikboden in Se. Gereon zu Köln, restaurirt und gezeichnet von Toni Avenarius. Nebst den damit verwandten Mosaikboden Italiens herausgegeben von Ernst aus'in Weerth. Mit 2 Farbentafeln, 10 Lithogra¬ phien und 16 Holzschnitten. Bonn 1873." Der gelehrte Herausgeber setzt den Boden, bei dessen erstem Anblick man nicht weiß, ob man es mit einem letzten Ausläufer der untergegangenen antiken Kunstpraxis, oder aber mit den ersten unbeholfenen und derben Versuchen einer neu auflebenden Kunst¬ epoche zu thun habe, in das 11. Jahrhundert. Auf diese Zeit weist das Kostüm und der Charakter der erhaltenen Buchstabenreste. Wie sich sonst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/266>, abgerufen am 12.05.2024.