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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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allmählig in Erstarrung gerathen und in neuerer Zeit wieder zu frischem
Leben erweckt worden sind. Dr. A. Salviati in Venedig hat durch seine gro߬
artige Thätigkeit die musivische Kunst zu neuer Geltung gebracht. Die
"Venetianische Mosaik-Anstalt von Salviati" ist eins der großartigsten Kunst,
instituee der Neuzeit geworden, dessen Erzeugnisse den alten Mosaiken in den
meisten Eigenschaften gleich kommen, ja dieselben in manchen Beziehungen
übertreffen. Salviati hat für England sehr bedeutende Arbeiten ausgeführt,
namentlich auch Mosaik-Portraits, welche eigenthümliche Vorzüge haben
vor Gemälden, da sie weder durch Feuchtigkeit, Regen und Sonnenschein,
noch durch sonstige Witterungseinflüsse beschädigt oder verdorben werden
können. Prof. aus'in Weerth macht die erfreuliche Mittheilung, daß die
preußische Staatsregierung die Wiedereinführung mosaicirtec Fußböden beab¬
sichtigt; desgleichen lasen wir vor Kurzem, daß an der Siegessäule in Berlin
Scenen aus dem deutsch-französischen Kriege in Mosaiken ausgeführt werden
sollen, "der einzigen Malerei für die Ewigkeit."




Aus Schwaben.

Statt eines Rückblickes auf die schwäbische Politik des abgelaufenen
Jahres erhalten Sie einen Bericht über das Ergebniß unserer Reichstags¬
wahlen, welches wohl überzeugender als jedes einseitige Raisonnement die
Lage der Dinge in Württemberg am Jahresschlusse, die Früchte unserer
neuesten Regierungspolitik zu kennzeichnen geeignet sein dürfte.

Von 234,000 abgegebenen Stimmen (in 17 Wahlbezirken) fielen im
Ganzen 140.000 auf nationale, 50.000 auf klerikale und 44.000 auf social-
demokratische und volksparteiliche Candidaten. Rechnet man aber, wie man
aus den nachher anzugebenden Gründen muß, die beiden letzteren Kategorien
zusammen, so werden von 94.000 reichsfeindlichen Stimmen eben 76,000 auf
die klerikale. 12.000 auf die Volkspartei und 7000 auf die socialdemokratische
Partei nach einer ziemlich genauen Berechnung zu vertheilen sein. Das Re¬
sultat ist nun. daß die Volkspartei so viel wie abgewirthschaftet hat. denn
der einzige Demokrat, welcher durchgesetzt wurde, wird wohl eher der Fort¬
schrittspartei beitreten als mit Herrn Sonnemann und den Socialdemokraten
gemeinschaftliche Sache machen. Dagegen wird Württemberg statt bisher
durch 2 Centrumsmänner künftighin durch deren 3 in Berlin vertreten sein.
Alle übrigen (13) Abgeordneten gehören den verschiedenen Schattirungen der


allmählig in Erstarrung gerathen und in neuerer Zeit wieder zu frischem
Leben erweckt worden sind. Dr. A. Salviati in Venedig hat durch seine gro߬
artige Thätigkeit die musivische Kunst zu neuer Geltung gebracht. Die
„Venetianische Mosaik-Anstalt von Salviati" ist eins der großartigsten Kunst,
instituee der Neuzeit geworden, dessen Erzeugnisse den alten Mosaiken in den
meisten Eigenschaften gleich kommen, ja dieselben in manchen Beziehungen
übertreffen. Salviati hat für England sehr bedeutende Arbeiten ausgeführt,
namentlich auch Mosaik-Portraits, welche eigenthümliche Vorzüge haben
vor Gemälden, da sie weder durch Feuchtigkeit, Regen und Sonnenschein,
noch durch sonstige Witterungseinflüsse beschädigt oder verdorben werden
können. Prof. aus'in Weerth macht die erfreuliche Mittheilung, daß die
preußische Staatsregierung die Wiedereinführung mosaicirtec Fußböden beab¬
sichtigt; desgleichen lasen wir vor Kurzem, daß an der Siegessäule in Berlin
Scenen aus dem deutsch-französischen Kriege in Mosaiken ausgeführt werden
sollen, „der einzigen Malerei für die Ewigkeit."




Aus Schwaben.

Statt eines Rückblickes auf die schwäbische Politik des abgelaufenen
Jahres erhalten Sie einen Bericht über das Ergebniß unserer Reichstags¬
wahlen, welches wohl überzeugender als jedes einseitige Raisonnement die
Lage der Dinge in Württemberg am Jahresschlusse, die Früchte unserer
neuesten Regierungspolitik zu kennzeichnen geeignet sein dürfte.

Von 234,000 abgegebenen Stimmen (in 17 Wahlbezirken) fielen im
Ganzen 140.000 auf nationale, 50.000 auf klerikale und 44.000 auf social-
demokratische und volksparteiliche Candidaten. Rechnet man aber, wie man
aus den nachher anzugebenden Gründen muß, die beiden letzteren Kategorien
zusammen, so werden von 94.000 reichsfeindlichen Stimmen eben 76,000 auf
die klerikale. 12.000 auf die Volkspartei und 7000 auf die socialdemokratische
Partei nach einer ziemlich genauen Berechnung zu vertheilen sein. Das Re¬
sultat ist nun. daß die Volkspartei so viel wie abgewirthschaftet hat. denn
der einzige Demokrat, welcher durchgesetzt wurde, wird wohl eher der Fort¬
schrittspartei beitreten als mit Herrn Sonnemann und den Socialdemokraten
gemeinschaftliche Sache machen. Dagegen wird Württemberg statt bisher
durch 2 Centrumsmänner künftighin durch deren 3 in Berlin vertreten sein.
Alle übrigen (13) Abgeordneten gehören den verschiedenen Schattirungen der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/268>, abgerufen am 16.06.2024.