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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Quellen, und deren war ein großer Reichthum vorhanden, sind und bleiben
unrettbar verloren."

Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, daß diese Behauptung
nur zum Theil richtig ist. Allerdings hat das Archiv bei der Erstürmung
der Pfalz Einbuße erlitten, aber es ist noch ungemein viel und, wie es scheint,
mit das Werthvollste erhalten. Es ist ferner richtig, daß die Stadt-Bibliothek
mit ihren werthvollen Werken und kostbaren Handschriften vollständig ver¬
brannt ist; aber das städtische Archiv ist vorhanden und verdient Seitens der
Deutschen Gelehrten jetzt um so größere Beachtung. Der Ober-Archivar
Brucker sagt deshalb im Eingange seiner Schrift sehr richtig:


"Wenn einer unserer Freunde einen großen Verlust erlitten hat, so
pflegen wir seine Blicke gern auf Dasjenige zu lenken, was er noch besitzt
und wir suchen dann im Hinweise auf das noch Verblichene Tröstung zu
bringen für das Entrissene. Sollte es mir deshalb nicht auch erlaubt sein,
die Aufmerksamkeit meiner Mitbürger, welche die unersetzlichen Verluste, die
unsere gute Stadt erfahren, beklagen, auf einen Schatz hinzulenken, der uns
erhalten ist und dessen Wichtigkeit einigen vielleicht noch nicht bekannt ist?
Ich will v^n dem Archiv sprechen, dessen Obhut mir seit Jahren anvertraut
ist und dessen historische Reichthümer mehr als einmal meine Bewunderung
hervorgerufen haben."

Es verdient dabei der besonderen Erwähnung, daß der gedachte Ober-
Archivar, mit Gefahr seines Lebens, diese Denkmäler aus früherer Zeit
während der Belagerung Straßburgs sicher untergebracht hatte, so daß sie
nicht demselben Schicksal verfielen, wie die Schätze der Stadt-Bibliothek.

Das städtische Archiv in Straßburg ist bereits im Jahre 1399 angelegt
worden. Lange Zeit hindurch wurde dasselbe von den Stadtschreibern mit
verwaltet und erst, als es größeren Umfang angenommen hatte, wurden be¬
sondere Beamte dafür angestellt. Unter den Verwaltern des Archivs sind
als besonders beachtenswert!) zu nennen: Sebastian Braut, der Verfasser des
Narren-Schiffs, Bernegger, Wencker, Schneegans, welche sämmtlich sich durch
Herausgabe werthvoller Schriften einen Namen gemacht haben. Dem zuletzt
Genannten hat der elsässische Schriftsteller und Dichter G. Musk einen ehren¬
den Nachruf in der "Alsatia" gewidmet.

Das städtische Archiv befindet sich in 6 Räumen des Stadthauses und
ist jedem Forscher zugänglich, der darum nachsucht. Wie das Werk des
Ober-Archivars angiebt, sind die Schriften nur bis zum Jahre 1790 geord¬
net; die übrigen sollen sich noch ungeordnet in anderen Räumen befinden.
Um in kurzen Worten einen kleinen Ueberblick von dem vorhandenen Reich¬
thum an Schriften aller Art zu geben, erwähne ich, daß in dem einen Raume
allein beruhen: 133 Bände Protokolle der Kammer der XIII aus der Zeit


Quellen, und deren war ein großer Reichthum vorhanden, sind und bleiben
unrettbar verloren."

Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, daß diese Behauptung
nur zum Theil richtig ist. Allerdings hat das Archiv bei der Erstürmung
der Pfalz Einbuße erlitten, aber es ist noch ungemein viel und, wie es scheint,
mit das Werthvollste erhalten. Es ist ferner richtig, daß die Stadt-Bibliothek
mit ihren werthvollen Werken und kostbaren Handschriften vollständig ver¬
brannt ist; aber das städtische Archiv ist vorhanden und verdient Seitens der
Deutschen Gelehrten jetzt um so größere Beachtung. Der Ober-Archivar
Brucker sagt deshalb im Eingange seiner Schrift sehr richtig:


„Wenn einer unserer Freunde einen großen Verlust erlitten hat, so
pflegen wir seine Blicke gern auf Dasjenige zu lenken, was er noch besitzt
und wir suchen dann im Hinweise auf das noch Verblichene Tröstung zu
bringen für das Entrissene. Sollte es mir deshalb nicht auch erlaubt sein,
die Aufmerksamkeit meiner Mitbürger, welche die unersetzlichen Verluste, die
unsere gute Stadt erfahren, beklagen, auf einen Schatz hinzulenken, der uns
erhalten ist und dessen Wichtigkeit einigen vielleicht noch nicht bekannt ist?
Ich will v^n dem Archiv sprechen, dessen Obhut mir seit Jahren anvertraut
ist und dessen historische Reichthümer mehr als einmal meine Bewunderung
hervorgerufen haben."

Es verdient dabei der besonderen Erwähnung, daß der gedachte Ober-
Archivar, mit Gefahr seines Lebens, diese Denkmäler aus früherer Zeit
während der Belagerung Straßburgs sicher untergebracht hatte, so daß sie
nicht demselben Schicksal verfielen, wie die Schätze der Stadt-Bibliothek.

Das städtische Archiv in Straßburg ist bereits im Jahre 1399 angelegt
worden. Lange Zeit hindurch wurde dasselbe von den Stadtschreibern mit
verwaltet und erst, als es größeren Umfang angenommen hatte, wurden be¬
sondere Beamte dafür angestellt. Unter den Verwaltern des Archivs sind
als besonders beachtenswert!) zu nennen: Sebastian Braut, der Verfasser des
Narren-Schiffs, Bernegger, Wencker, Schneegans, welche sämmtlich sich durch
Herausgabe werthvoller Schriften einen Namen gemacht haben. Dem zuletzt
Genannten hat der elsässische Schriftsteller und Dichter G. Musk einen ehren¬
den Nachruf in der „Alsatia" gewidmet.

Das städtische Archiv befindet sich in 6 Räumen des Stadthauses und
ist jedem Forscher zugänglich, der darum nachsucht. Wie das Werk des
Ober-Archivars angiebt, sind die Schriften nur bis zum Jahre 1790 geord¬
net; die übrigen sollen sich noch ungeordnet in anderen Räumen befinden.
Um in kurzen Worten einen kleinen Ueberblick von dem vorhandenen Reich¬
thum an Schriften aller Art zu geben, erwähne ich, daß in dem einen Raume
allein beruhen: 133 Bände Protokolle der Kammer der XIII aus der Zeit


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[0042] Quellen, und deren war ein großer Reichthum vorhanden, sind und bleiben unrettbar verloren." Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, daß diese Behauptung nur zum Theil richtig ist. Allerdings hat das Archiv bei der Erstürmung der Pfalz Einbuße erlitten, aber es ist noch ungemein viel und, wie es scheint, mit das Werthvollste erhalten. Es ist ferner richtig, daß die Stadt-Bibliothek mit ihren werthvollen Werken und kostbaren Handschriften vollständig ver¬ brannt ist; aber das städtische Archiv ist vorhanden und verdient Seitens der Deutschen Gelehrten jetzt um so größere Beachtung. Der Ober-Archivar Brucker sagt deshalb im Eingange seiner Schrift sehr richtig: „Wenn einer unserer Freunde einen großen Verlust erlitten hat, so pflegen wir seine Blicke gern auf Dasjenige zu lenken, was er noch besitzt und wir suchen dann im Hinweise auf das noch Verblichene Tröstung zu bringen für das Entrissene. Sollte es mir deshalb nicht auch erlaubt sein, die Aufmerksamkeit meiner Mitbürger, welche die unersetzlichen Verluste, die unsere gute Stadt erfahren, beklagen, auf einen Schatz hinzulenken, der uns erhalten ist und dessen Wichtigkeit einigen vielleicht noch nicht bekannt ist? Ich will v^n dem Archiv sprechen, dessen Obhut mir seit Jahren anvertraut ist und dessen historische Reichthümer mehr als einmal meine Bewunderung hervorgerufen haben." Es verdient dabei der besonderen Erwähnung, daß der gedachte Ober- Archivar, mit Gefahr seines Lebens, diese Denkmäler aus früherer Zeit während der Belagerung Straßburgs sicher untergebracht hatte, so daß sie nicht demselben Schicksal verfielen, wie die Schätze der Stadt-Bibliothek. Das städtische Archiv in Straßburg ist bereits im Jahre 1399 angelegt worden. Lange Zeit hindurch wurde dasselbe von den Stadtschreibern mit verwaltet und erst, als es größeren Umfang angenommen hatte, wurden be¬ sondere Beamte dafür angestellt. Unter den Verwaltern des Archivs sind als besonders beachtenswert!) zu nennen: Sebastian Braut, der Verfasser des Narren-Schiffs, Bernegger, Wencker, Schneegans, welche sämmtlich sich durch Herausgabe werthvoller Schriften einen Namen gemacht haben. Dem zuletzt Genannten hat der elsässische Schriftsteller und Dichter G. Musk einen ehren¬ den Nachruf in der „Alsatia" gewidmet. Das städtische Archiv befindet sich in 6 Räumen des Stadthauses und ist jedem Forscher zugänglich, der darum nachsucht. Wie das Werk des Ober-Archivars angiebt, sind die Schriften nur bis zum Jahre 1790 geord¬ net; die übrigen sollen sich noch ungeordnet in anderen Räumen befinden. Um in kurzen Worten einen kleinen Ueberblick von dem vorhandenen Reich¬ thum an Schriften aller Art zu geben, erwähne ich, daß in dem einen Raume allein beruhen: 133 Bände Protokolle der Kammer der XIII aus der Zeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/42>, abgerufen am 13.05.2024.