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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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auch kein Raum zu einer suchen vorhanden, da die Häuser bis an die
Mauer herangebaut waren. Diese selbst war allenthalben schadhaft und der
Graben an vielen Stellen ausgefüllt, überall aber durch Gartenanlagen be¬
deckt. Von den Hügeln der Umgebung, die jetzt durch die vielgenann¬
ten großartigen Forts gekrönt sind, wurde die Stadt mehrfach eingesehn, und
das die Festung zunächst umgebende Terrain wurde von den schon erwähnten
7 Vorstädten mit 19 Kirchen, S Klöstern und vielen Landhäusern und Gärten
erfüllt, die dem Belagerer gedeckte Annäherung gestatten mußten. -- Man
sieht, die Verhältnisse waren für den Vertheidiger nicht günstig,
und es gehörte die ganze Energie und Rücksichtslosigkeit des Herzogs von
Guise dazu, um sie binnen der drei Monate, welche zwischen seiner Ernen¬
nung und dem Beginn der Belagerung liegen, überhaupt vertheidigungsfähig
zu machen. Die Maßregeln des Herzogs sind ebenso zweckmäßig als fürch¬
terlich zu nennen: Bezeichnungen, welche ja fast auf alle Handlungen dieser
von dämonischer Herrschsucht erfüllten Familie Guise passen. Franz begann
damit, die 7 Vorstädte, welche die Hälfte von Metz ausmachten, mit den 5
reichen Abteien und den 19 Kirchen gLnzlich zu rasiren;*) demnächst
wurden aus einem breiten Strich längs der Stadtmauer die Häuser niederge¬
rissen und die Mauer durch Anschüttung von Boden und Schutt mit einem
breiten Wallgang versehen; einige Thore wurden mit Terassen geschlossen; von
mehreren innerhalb der Stadt gelegenen Kirchen wurden die Dächer abgenom¬
men und auf den Gewölben derselben Platformen für Artillerie eingerichtet,
welche durch Sandsackbrustwehren geschützt wurden. Die beiden Brücken am
Einfluß und Abfluß der Mosel wurden durch Pallisadirung und Schleusen¬
wälle verstärkt; man traf Vorbereitungen zur Jnundation und zu Gegenminen;
endlich aber wurde ein ganzer Stadttheil, "1s. giÄnds Acts", der im Innern
der Ringmauer, der Porte Se. Barbe gegenüber gelegen war, total demolirt
und in eine Citadelle verwandelt, um welche man die senke leitete. Von
den Kirchen dieses Stadttheils ließ man nur drei stehen, um auf deren Ge¬
wölben Geschütze aufstellen zu können. Dieser Theil der Stadt -- lo <iun,r-
tior as 1'ÄrLöUü.I, Appelle I"z retranekem ent Ac OuisL -- erstand nie wie¬
der. So war denn nach 3 Monaten in der That ein starker Platz aus
Metz gemacht. Die Franzosen hatten dazu nur ihre Arme, die Einwohner
aber ihre Häuser und ihr Eigenthum hergeben müssen. -- Dreißig und einige
Kirchen (von denen mehrere Gräber die carolingischer Könige enthielten) und
die halbe Stadt waren darüber zu Grunde gegangen.



") Die Gebeine der heiligen Hildegard und Ludwig's des Frommen, welche in einer der
Abteien bestattet gewesen, wurden in feierlicher Prozession, der der Herzog von Guise selbst
barhäuptig und kerzcntragend voranschritt, nach der Kirche der ^i'si'v" prövlreui^ gebracht.

auch kein Raum zu einer suchen vorhanden, da die Häuser bis an die
Mauer herangebaut waren. Diese selbst war allenthalben schadhaft und der
Graben an vielen Stellen ausgefüllt, überall aber durch Gartenanlagen be¬
deckt. Von den Hügeln der Umgebung, die jetzt durch die vielgenann¬
ten großartigen Forts gekrönt sind, wurde die Stadt mehrfach eingesehn, und
das die Festung zunächst umgebende Terrain wurde von den schon erwähnten
7 Vorstädten mit 19 Kirchen, S Klöstern und vielen Landhäusern und Gärten
erfüllt, die dem Belagerer gedeckte Annäherung gestatten mußten. — Man
sieht, die Verhältnisse waren für den Vertheidiger nicht günstig,
und es gehörte die ganze Energie und Rücksichtslosigkeit des Herzogs von
Guise dazu, um sie binnen der drei Monate, welche zwischen seiner Ernen¬
nung und dem Beginn der Belagerung liegen, überhaupt vertheidigungsfähig
zu machen. Die Maßregeln des Herzogs sind ebenso zweckmäßig als fürch¬
terlich zu nennen: Bezeichnungen, welche ja fast auf alle Handlungen dieser
von dämonischer Herrschsucht erfüllten Familie Guise passen. Franz begann
damit, die 7 Vorstädte, welche die Hälfte von Metz ausmachten, mit den 5
reichen Abteien und den 19 Kirchen gLnzlich zu rasiren;*) demnächst
wurden aus einem breiten Strich längs der Stadtmauer die Häuser niederge¬
rissen und die Mauer durch Anschüttung von Boden und Schutt mit einem
breiten Wallgang versehen; einige Thore wurden mit Terassen geschlossen; von
mehreren innerhalb der Stadt gelegenen Kirchen wurden die Dächer abgenom¬
men und auf den Gewölben derselben Platformen für Artillerie eingerichtet,
welche durch Sandsackbrustwehren geschützt wurden. Die beiden Brücken am
Einfluß und Abfluß der Mosel wurden durch Pallisadirung und Schleusen¬
wälle verstärkt; man traf Vorbereitungen zur Jnundation und zu Gegenminen;
endlich aber wurde ein ganzer Stadttheil, „1s. giÄnds Acts", der im Innern
der Ringmauer, der Porte Se. Barbe gegenüber gelegen war, total demolirt
und in eine Citadelle verwandelt, um welche man die senke leitete. Von
den Kirchen dieses Stadttheils ließ man nur drei stehen, um auf deren Ge¬
wölben Geschütze aufstellen zu können. Dieser Theil der Stadt — lo <iun,r-
tior as 1'ÄrLöUü.I, Appelle I«z retranekem ent Ac OuisL — erstand nie wie¬
der. So war denn nach 3 Monaten in der That ein starker Platz aus
Metz gemacht. Die Franzosen hatten dazu nur ihre Arme, die Einwohner
aber ihre Häuser und ihr Eigenthum hergeben müssen. — Dreißig und einige
Kirchen (von denen mehrere Gräber die carolingischer Könige enthielten) und
die halbe Stadt waren darüber zu Grunde gegangen.



") Die Gebeine der heiligen Hildegard und Ludwig's des Frommen, welche in einer der
Abteien bestattet gewesen, wurden in feierlicher Prozession, der der Herzog von Guise selbst
barhäuptig und kerzcntragend voranschritt, nach der Kirche der ^i'si'v» prövlreui^ gebracht.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/51>, abgerufen am 27.05.2024.