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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Form oder die individuelle Genialität ihres Inhalts, ein für allemal gerade
so, wie sie einmal sind, zu eristiren sich ein Recht erworben haben. Auch
streng wissenschaftliche Arbeiten, bei denen der Stoff als solcher das eigentlich
maßgebende ist, weder die Form noch die Genialität ihrer Schöpfer, können
dazu gehören, aber ein Compendium niemals. Ebenso sehr wie nach relativer
Zuverlässigkeit und Vollständigkeit des Einzelnen hat es danach zu streben,
den augenblicklichen Querdurchschnitt des wissenschaftlichen Besitzes zur Er"
scheinung zu bringen. Man muß sich aus ihm im Ganzen und im Einzelnen
darüber aus einen Blick orientiren können, nur dann erst lohnt es sich über¬
haupt der Mühe, ein solches Buch aufzuschlagen, aber dann ist es auch in
gewissem Sinne für jeden unentbehrlich. --

Indem die 5. Ausgabe diese Grundschaden ihrer Vorgängerin völlig be¬
seitigt hat, ist sie das geworden, was jene so oft in Ermangelung anderer
Ersatzmittel sein mußte. Das Verdienst gebührt ohne Zweifel allein der
künstlichen und sachkundigen Hand des neuen Herausgebers, denn Koberstein
selbst, so fleißig er auch für die innere Weiterbildung seines eigentlichen
Lebenswerkes bis zu seinem Ende gearbeitet haben mag, würde doch, wenn
es an das Fertigstellen und Hinausgehen gegangen wäre, gerade so wie
früher immer sich aus zögernden Bedenken nicht haben herauswickeln können
und die 5. Auflage würde, wenn auch nicht den in seiner Art einzigen
Schneckengang der vierten, doch gewiß nicht das einzig sachgemäße Tempo
eingeschlagen haben. Wie förderlich auch sonst der Eintritt einer frischen und
gerade einer solchen Kraft dem Buche geworden ist, haben wir schon früher
in diesen Blättern ausgeführt. Der erste Band der ü. Auflage ist nicht
bloß im Vergleich mit seinem Vorgänger, sondern auch mit dem, was Kober¬
stein jemals daraus hätte gestalten können, eine um vieles gediegenere Leistung,
ohne Zweifel die beste, die unsere Wissenschaft in diesem Bereiche und von
diesem Standpunkt aus aufzuweisen hat. Daß im weiteren Vorrücken der
ursprüngliche Verfasser selbst sich auf immer sichereren Boden gefühlt und
ebendeshalb mit größerer Freude und größerem Erfolge gearbeitet hat, kam
dem neuen Herausgeber als eine bedeutende Erleichterung zu Statten, aber
auch hier hat er es nicht fehlen lassen, die gleichförmige Haltung des Ganzen,
auf die doch alles ankommt, mit der gründlichsten Einsicht in die praktischen
Bedürfnisse des wissenschaftlichen Publikums durchzuführen. Es ist ihm na¬
mentlich gelungen, durch eine außerordentlich geschickte Vertheilung des
Stoffes zwischen Text und Anmerkungen die Uebersichtlichkeit, welche nach dem
früheren System, alles eigentlich Thatsächliche in die Anmerkungen zu ver¬
weisen, völlig mangelte, auf eine Weise zu fördern, die den, der an die
frühere Gestalt des Buches gewöhnt ist, fortwährend aufs angenehmste über¬
rascht. Auch das neue System der Register, ein für diesen Fall geradezu als


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Form oder die individuelle Genialität ihres Inhalts, ein für allemal gerade
so, wie sie einmal sind, zu eristiren sich ein Recht erworben haben. Auch
streng wissenschaftliche Arbeiten, bei denen der Stoff als solcher das eigentlich
maßgebende ist, weder die Form noch die Genialität ihrer Schöpfer, können
dazu gehören, aber ein Compendium niemals. Ebenso sehr wie nach relativer
Zuverlässigkeit und Vollständigkeit des Einzelnen hat es danach zu streben,
den augenblicklichen Querdurchschnitt des wissenschaftlichen Besitzes zur Er«
scheinung zu bringen. Man muß sich aus ihm im Ganzen und im Einzelnen
darüber aus einen Blick orientiren können, nur dann erst lohnt es sich über¬
haupt der Mühe, ein solches Buch aufzuschlagen, aber dann ist es auch in
gewissem Sinne für jeden unentbehrlich. —

Indem die 5. Ausgabe diese Grundschaden ihrer Vorgängerin völlig be¬
seitigt hat, ist sie das geworden, was jene so oft in Ermangelung anderer
Ersatzmittel sein mußte. Das Verdienst gebührt ohne Zweifel allein der
künstlichen und sachkundigen Hand des neuen Herausgebers, denn Koberstein
selbst, so fleißig er auch für die innere Weiterbildung seines eigentlichen
Lebenswerkes bis zu seinem Ende gearbeitet haben mag, würde doch, wenn
es an das Fertigstellen und Hinausgehen gegangen wäre, gerade so wie
früher immer sich aus zögernden Bedenken nicht haben herauswickeln können
und die 5. Auflage würde, wenn auch nicht den in seiner Art einzigen
Schneckengang der vierten, doch gewiß nicht das einzig sachgemäße Tempo
eingeschlagen haben. Wie förderlich auch sonst der Eintritt einer frischen und
gerade einer solchen Kraft dem Buche geworden ist, haben wir schon früher
in diesen Blättern ausgeführt. Der erste Band der ü. Auflage ist nicht
bloß im Vergleich mit seinem Vorgänger, sondern auch mit dem, was Kober¬
stein jemals daraus hätte gestalten können, eine um vieles gediegenere Leistung,
ohne Zweifel die beste, die unsere Wissenschaft in diesem Bereiche und von
diesem Standpunkt aus aufzuweisen hat. Daß im weiteren Vorrücken der
ursprüngliche Verfasser selbst sich auf immer sichereren Boden gefühlt und
ebendeshalb mit größerer Freude und größerem Erfolge gearbeitet hat, kam
dem neuen Herausgeber als eine bedeutende Erleichterung zu Statten, aber
auch hier hat er es nicht fehlen lassen, die gleichförmige Haltung des Ganzen,
auf die doch alles ankommt, mit der gründlichsten Einsicht in die praktischen
Bedürfnisse des wissenschaftlichen Publikums durchzuführen. Es ist ihm na¬
mentlich gelungen, durch eine außerordentlich geschickte Vertheilung des
Stoffes zwischen Text und Anmerkungen die Uebersichtlichkeit, welche nach dem
früheren System, alles eigentlich Thatsächliche in die Anmerkungen zu ver¬
weisen, völlig mangelte, auf eine Weise zu fördern, die den, der an die
frühere Gestalt des Buches gewöhnt ist, fortwährend aufs angenehmste über¬
rascht. Auch das neue System der Register, ein für diesen Fall geradezu als


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[0063] Form oder die individuelle Genialität ihres Inhalts, ein für allemal gerade so, wie sie einmal sind, zu eristiren sich ein Recht erworben haben. Auch streng wissenschaftliche Arbeiten, bei denen der Stoff als solcher das eigentlich maßgebende ist, weder die Form noch die Genialität ihrer Schöpfer, können dazu gehören, aber ein Compendium niemals. Ebenso sehr wie nach relativer Zuverlässigkeit und Vollständigkeit des Einzelnen hat es danach zu streben, den augenblicklichen Querdurchschnitt des wissenschaftlichen Besitzes zur Er« scheinung zu bringen. Man muß sich aus ihm im Ganzen und im Einzelnen darüber aus einen Blick orientiren können, nur dann erst lohnt es sich über¬ haupt der Mühe, ein solches Buch aufzuschlagen, aber dann ist es auch in gewissem Sinne für jeden unentbehrlich. — Indem die 5. Ausgabe diese Grundschaden ihrer Vorgängerin völlig be¬ seitigt hat, ist sie das geworden, was jene so oft in Ermangelung anderer Ersatzmittel sein mußte. Das Verdienst gebührt ohne Zweifel allein der künstlichen und sachkundigen Hand des neuen Herausgebers, denn Koberstein selbst, so fleißig er auch für die innere Weiterbildung seines eigentlichen Lebenswerkes bis zu seinem Ende gearbeitet haben mag, würde doch, wenn es an das Fertigstellen und Hinausgehen gegangen wäre, gerade so wie früher immer sich aus zögernden Bedenken nicht haben herauswickeln können und die 5. Auflage würde, wenn auch nicht den in seiner Art einzigen Schneckengang der vierten, doch gewiß nicht das einzig sachgemäße Tempo eingeschlagen haben. Wie förderlich auch sonst der Eintritt einer frischen und gerade einer solchen Kraft dem Buche geworden ist, haben wir schon früher in diesen Blättern ausgeführt. Der erste Band der ü. Auflage ist nicht bloß im Vergleich mit seinem Vorgänger, sondern auch mit dem, was Kober¬ stein jemals daraus hätte gestalten können, eine um vieles gediegenere Leistung, ohne Zweifel die beste, die unsere Wissenschaft in diesem Bereiche und von diesem Standpunkt aus aufzuweisen hat. Daß im weiteren Vorrücken der ursprüngliche Verfasser selbst sich auf immer sichereren Boden gefühlt und ebendeshalb mit größerer Freude und größerem Erfolge gearbeitet hat, kam dem neuen Herausgeber als eine bedeutende Erleichterung zu Statten, aber auch hier hat er es nicht fehlen lassen, die gleichförmige Haltung des Ganzen, auf die doch alles ankommt, mit der gründlichsten Einsicht in die praktischen Bedürfnisse des wissenschaftlichen Publikums durchzuführen. Es ist ihm na¬ mentlich gelungen, durch eine außerordentlich geschickte Vertheilung des Stoffes zwischen Text und Anmerkungen die Uebersichtlichkeit, welche nach dem früheren System, alles eigentlich Thatsächliche in die Anmerkungen zu ver¬ weisen, völlig mangelte, auf eine Weise zu fördern, die den, der an die frühere Gestalt des Buches gewöhnt ist, fortwährend aufs angenehmste über¬ rascht. Auch das neue System der Register, ein für diesen Fall geradezu als Ämizlwle» I. 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/63>, abgerufen am 24.05.2024.