Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.Unbestreitbar richtig ist die Behauptung, daß die körperliche, geistige und Die Mittel, welche die öffentliche Gesundheitspflege anwendet, um die Wer auf der Wiener Weltausstellung die gegenwärtige Entwickelungsstufe Die Anordnung bei der Wiener Weltausstellung war, mit wenigen Aus¬ Unbestreitbar richtig ist die Behauptung, daß die körperliche, geistige und Die Mittel, welche die öffentliche Gesundheitspflege anwendet, um die Wer auf der Wiener Weltausstellung die gegenwärtige Entwickelungsstufe Die Anordnung bei der Wiener Weltausstellung war, mit wenigen Aus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0370" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131546"/> <p xml:id="ID_1127"> Unbestreitbar richtig ist die Behauptung, daß die körperliche, geistige und<lb/> sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild<lb/> der Kultur des Staates ist. Aber ebenso richtig ist auch die Behauptung,<lb/> daß die Gesundheitspflege der Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild<lb/> der Kultur des Staates ist. Denn darin besteht die Aufgabe der öffentlichen<lb/> Gesundheitspflege, und darin liegt ihre Bedeutung, daß durch sie die körper-<lb/> liche, geistige und sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung gehoben wird.<lb/> Die Erhaltung der Gesundheit ist zugleich die Erhaltung der Arbeitskraft;<lb/> die Erwägung gesundheitsdienlicher und gesundheitsschädlicher Verhältnisse ist<lb/> der Ausbildung der praktischen Vernunft förderlich; die Gewöhnung auf die<lb/> Gesundheit der Nebenmenschen Rücksicht zu nehmen erhöht den sittlichen Ge¬<lb/> halt des Thuns und Lassens der Menschen. In diesem Sinne und aus diesem<lb/> Grunde wird durch die öffentliche Gesundheitspflege die körperliche, geistige und<lb/> sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung gehoben. In diesem Sinne und<lb/> aus diesem Grunde ist die Behauptung richtig, daß die Gesundheitspflege der<lb/> Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild der Kultur des Staates ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1128"> Die Mittel, welche die öffentliche Gesundheitspflege anwendet, um die<lb/> Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten, sind ebenso mannigfaltig und zahl¬<lb/> reich, wie die Quellen der Gesundheitsschädigung. Es ist sehr lehrreich zu<lb/> sehen, wie verschieden jene Mittel in den verschiedenen Staaten sind. Jeder<lb/> Staat kann von dem andern lernen, welche von jenen Mitteln sich zur An¬<lb/> wendung empfehlen, und welche nicht; mustergiltig insgesammt sind die¬<lb/> selben noch in keinem Staate. Dies zeigt sich nirgends übersichtlicher als auf<lb/> einer Weltausstellung, — vorausgesetzt: daß auf ihr die von der öffentlichen<lb/> Gesundheitspflege angewendeten Mittel genügend vertreten sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1129"> Wer auf der Wiener Weltausstellung die gegenwärtige Entwickelungsstufe<lb/> der von der öffentlichen Gesundheitspflege in den verschiedenen Ländern ange¬<lb/> wendeten Mittel studiren wollte, fand ein reichliches Material vor. Das<lb/> Aufsuchen desselben war allerdings sehr erschwert, denn ein Verzeichnis welches<lb/> dabei hätte anleiten können, gab es ebenso wenig als eine sachliche Zusammen¬<lb/> stellung. Nur für einen einzigen Zweig der öffentlichen Gesundheitspflege bot<lb/> sich eine sachliche Zusammenstellung dar, nämlich für die Militär-Gesund¬<lb/> heitspflege; die auf dieselbe sich beziehenden Vorrichtungen wären in dem<lb/> „Sarnath-Pavillon" zusammengestellt. Diese Zusammenstellung war indeß<lb/> unvollständig; wichtige Vorrichtungen für die Militärgesundheitspflege habe<lb/> ich nicht in dem Sanitätspavillon, sondern in verschiedenen anderen Aus¬<lb/> stellungsräumen gefunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1130" next="#ID_1131"> Die Anordnung bei der Wiener Weltausstellung war, mit wenigen Aus¬<lb/> nahmen, so getroffen, daß die Ausstellungsgegenstände jedes einzelnen Landes<lb/> beisammen waren. Wer Spezialstudien machen wollte, mußte deshalb in allen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0370]
Unbestreitbar richtig ist die Behauptung, daß die körperliche, geistige und
sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild
der Kultur des Staates ist. Aber ebenso richtig ist auch die Behauptung,
daß die Gesundheitspflege der Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild
der Kultur des Staates ist. Denn darin besteht die Aufgabe der öffentlichen
Gesundheitspflege, und darin liegt ihre Bedeutung, daß durch sie die körper-
liche, geistige und sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung gehoben wird.
Die Erhaltung der Gesundheit ist zugleich die Erhaltung der Arbeitskraft;
die Erwägung gesundheitsdienlicher und gesundheitsschädlicher Verhältnisse ist
der Ausbildung der praktischen Vernunft förderlich; die Gewöhnung auf die
Gesundheit der Nebenmenschen Rücksicht zu nehmen erhöht den sittlichen Ge¬
halt des Thuns und Lassens der Menschen. In diesem Sinne und aus diesem
Grunde wird durch die öffentliche Gesundheitspflege die körperliche, geistige und
sittliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung gehoben. In diesem Sinne und
aus diesem Grunde ist die Behauptung richtig, daß die Gesundheitspflege der
Bevölkerung ein treues und scharfes Spiegelbild der Kultur des Staates ist.
Die Mittel, welche die öffentliche Gesundheitspflege anwendet, um die
Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten, sind ebenso mannigfaltig und zahl¬
reich, wie die Quellen der Gesundheitsschädigung. Es ist sehr lehrreich zu
sehen, wie verschieden jene Mittel in den verschiedenen Staaten sind. Jeder
Staat kann von dem andern lernen, welche von jenen Mitteln sich zur An¬
wendung empfehlen, und welche nicht; mustergiltig insgesammt sind die¬
selben noch in keinem Staate. Dies zeigt sich nirgends übersichtlicher als auf
einer Weltausstellung, — vorausgesetzt: daß auf ihr die von der öffentlichen
Gesundheitspflege angewendeten Mittel genügend vertreten sind.
Wer auf der Wiener Weltausstellung die gegenwärtige Entwickelungsstufe
der von der öffentlichen Gesundheitspflege in den verschiedenen Ländern ange¬
wendeten Mittel studiren wollte, fand ein reichliches Material vor. Das
Aufsuchen desselben war allerdings sehr erschwert, denn ein Verzeichnis welches
dabei hätte anleiten können, gab es ebenso wenig als eine sachliche Zusammen¬
stellung. Nur für einen einzigen Zweig der öffentlichen Gesundheitspflege bot
sich eine sachliche Zusammenstellung dar, nämlich für die Militär-Gesund¬
heitspflege; die auf dieselbe sich beziehenden Vorrichtungen wären in dem
„Sarnath-Pavillon" zusammengestellt. Diese Zusammenstellung war indeß
unvollständig; wichtige Vorrichtungen für die Militärgesundheitspflege habe
ich nicht in dem Sanitätspavillon, sondern in verschiedenen anderen Aus¬
stellungsräumen gefunden.
Die Anordnung bei der Wiener Weltausstellung war, mit wenigen Aus¬
nahmen, so getroffen, daß die Ausstellungsgegenstände jedes einzelnen Landes
beisammen waren. Wer Spezialstudien machen wollte, mußte deshalb in allen
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