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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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faulenden Stoffe erzeugt oder begünstigt gefährliche Krankheiten, welche vor¬
züglich durch epidemische Verbreitung sich auszeichnen. Deshalb legt die
öffentliche Gesundheitspflege ein so großes Gewicht auf die Trockenlegung des
Bodens und auf die Verhütung seiner Verunreinigung durch fäulnißfähige
Stoffe. Während durch die Drainirung nur jene Trockenlegung bewirkt
wird, kann die Kanalisirung den Boden trocken und zugleich rein erhalten.
Die auf der Ausstellung vorhanden gewesenen Modelle und Zeichnungen,
welche sich auf Bodenentwässerung und Kanalisation bezogen, ließen einen
erfreulichen Fortschritt in dem Systeme und der Technik erkennen und zeigten
Anwendbarkett nicht nur bei großartigen Anlagen, sondern auch auf kleineren
Gebieten.

In der ungarischen Abtheilung stand ein mit Wasser gefülltes Gefäß,
in welchem mehrere Terrakotta-Ziegel übereinandergestellt waren. Der oberste
Ziegel ragte mit einem Theile aus dem Wasser empor, diesen Theil hatte
man mit einer wasserdichten Masse überzogen; er war trocken, obwohl der
übrige Theil des Ziegels im Wasser sich befand. Die Composition jenes
Ueberzuges ist das Geheimniß des Ausstellers. Für Neubauten sollen, wie
er empfiehlt, Ziegel angewendet werden, welche an der Stirn- oder Längen-
Seite, je nachdem, mit jener Masse belegt sind. Bereits vorhandene Wände
welche feucht sind, sollen an der dem Wohnraume zugewendeten Seite eine
1 Centimeter starke Verkleidung erhalten, angefertigt aus Platten von jener
wasserdichten Masse, welche unter einander und mit der Wand durch Cement
verbunden werden. Auf diese Weise soll man in dem Wohnraume Nichts
von der Feuchtigkeit der Wand wahrnehmen können. -- Aus Gesundheits¬
rücksichten muß ich vor der Anwendung jenes Geheimmittels warnen, obwohl
es sehr gerühmt worden ist. Ist dasselbe wirklich im Stande die Zimmer¬
wand wasserdicht zu machen, so muß es ihre Poren verstopfen. Die Porosität
der Wand ist aber ein sehr wirksames Mittel der Lufterneuerung des Zimmers.
Ununterbrochen, wenn auch für die gewöhnliche Sinneswahrnehmung un"
bemerkbar, lassen die Poren der Wand unreine Luft aus dem Zimmer aus¬
treten und reine Lust in das Zimmer eintreten. Verstopft man dieselben, so
häuft man die unreine Luft in dem Zimmer an und schneidet ihm eine
wichtige Zufuhr von reiner Luft ab. Die eine von den Ursachen, aus denen
die Feuchtigkeit der Wände gesundheitsschädlich ist, besteht eben darin, daß
die Poren der Wand verstopft sind, und zwar durch Wasser. Die Feuchtigkeit
der Wand muß beseitigt, aber nicht verdeckt werden. Wenn man die
Feuchtigkeit beseitigen will, muß man die Verdunstung des Wassers be¬
günstigen. Die Verdunstung muß allseitig erfolgen und darf nicht dadurch
verringert werden, daß man die Wandfläche mit einer undurchlässigen Masse
überzieht.


faulenden Stoffe erzeugt oder begünstigt gefährliche Krankheiten, welche vor¬
züglich durch epidemische Verbreitung sich auszeichnen. Deshalb legt die
öffentliche Gesundheitspflege ein so großes Gewicht auf die Trockenlegung des
Bodens und auf die Verhütung seiner Verunreinigung durch fäulnißfähige
Stoffe. Während durch die Drainirung nur jene Trockenlegung bewirkt
wird, kann die Kanalisirung den Boden trocken und zugleich rein erhalten.
Die auf der Ausstellung vorhanden gewesenen Modelle und Zeichnungen,
welche sich auf Bodenentwässerung und Kanalisation bezogen, ließen einen
erfreulichen Fortschritt in dem Systeme und der Technik erkennen und zeigten
Anwendbarkett nicht nur bei großartigen Anlagen, sondern auch auf kleineren
Gebieten.

In der ungarischen Abtheilung stand ein mit Wasser gefülltes Gefäß,
in welchem mehrere Terrakotta-Ziegel übereinandergestellt waren. Der oberste
Ziegel ragte mit einem Theile aus dem Wasser empor, diesen Theil hatte
man mit einer wasserdichten Masse überzogen; er war trocken, obwohl der
übrige Theil des Ziegels im Wasser sich befand. Die Composition jenes
Ueberzuges ist das Geheimniß des Ausstellers. Für Neubauten sollen, wie
er empfiehlt, Ziegel angewendet werden, welche an der Stirn- oder Längen-
Seite, je nachdem, mit jener Masse belegt sind. Bereits vorhandene Wände
welche feucht sind, sollen an der dem Wohnraume zugewendeten Seite eine
1 Centimeter starke Verkleidung erhalten, angefertigt aus Platten von jener
wasserdichten Masse, welche unter einander und mit der Wand durch Cement
verbunden werden. Auf diese Weise soll man in dem Wohnraume Nichts
von der Feuchtigkeit der Wand wahrnehmen können. — Aus Gesundheits¬
rücksichten muß ich vor der Anwendung jenes Geheimmittels warnen, obwohl
es sehr gerühmt worden ist. Ist dasselbe wirklich im Stande die Zimmer¬
wand wasserdicht zu machen, so muß es ihre Poren verstopfen. Die Porosität
der Wand ist aber ein sehr wirksames Mittel der Lufterneuerung des Zimmers.
Ununterbrochen, wenn auch für die gewöhnliche Sinneswahrnehmung un«
bemerkbar, lassen die Poren der Wand unreine Luft aus dem Zimmer aus¬
treten und reine Lust in das Zimmer eintreten. Verstopft man dieselben, so
häuft man die unreine Luft in dem Zimmer an und schneidet ihm eine
wichtige Zufuhr von reiner Luft ab. Die eine von den Ursachen, aus denen
die Feuchtigkeit der Wände gesundheitsschädlich ist, besteht eben darin, daß
die Poren der Wand verstopft sind, und zwar durch Wasser. Die Feuchtigkeit
der Wand muß beseitigt, aber nicht verdeckt werden. Wenn man die
Feuchtigkeit beseitigen will, muß man die Verdunstung des Wassers be¬
günstigen. Die Verdunstung muß allseitig erfolgen und darf nicht dadurch
verringert werden, daß man die Wandfläche mit einer undurchlässigen Masse
überzieht.


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[0372] faulenden Stoffe erzeugt oder begünstigt gefährliche Krankheiten, welche vor¬ züglich durch epidemische Verbreitung sich auszeichnen. Deshalb legt die öffentliche Gesundheitspflege ein so großes Gewicht auf die Trockenlegung des Bodens und auf die Verhütung seiner Verunreinigung durch fäulnißfähige Stoffe. Während durch die Drainirung nur jene Trockenlegung bewirkt wird, kann die Kanalisirung den Boden trocken und zugleich rein erhalten. Die auf der Ausstellung vorhanden gewesenen Modelle und Zeichnungen, welche sich auf Bodenentwässerung und Kanalisation bezogen, ließen einen erfreulichen Fortschritt in dem Systeme und der Technik erkennen und zeigten Anwendbarkett nicht nur bei großartigen Anlagen, sondern auch auf kleineren Gebieten. In der ungarischen Abtheilung stand ein mit Wasser gefülltes Gefäß, in welchem mehrere Terrakotta-Ziegel übereinandergestellt waren. Der oberste Ziegel ragte mit einem Theile aus dem Wasser empor, diesen Theil hatte man mit einer wasserdichten Masse überzogen; er war trocken, obwohl der übrige Theil des Ziegels im Wasser sich befand. Die Composition jenes Ueberzuges ist das Geheimniß des Ausstellers. Für Neubauten sollen, wie er empfiehlt, Ziegel angewendet werden, welche an der Stirn- oder Längen- Seite, je nachdem, mit jener Masse belegt sind. Bereits vorhandene Wände welche feucht sind, sollen an der dem Wohnraume zugewendeten Seite eine 1 Centimeter starke Verkleidung erhalten, angefertigt aus Platten von jener wasserdichten Masse, welche unter einander und mit der Wand durch Cement verbunden werden. Auf diese Weise soll man in dem Wohnraume Nichts von der Feuchtigkeit der Wand wahrnehmen können. — Aus Gesundheits¬ rücksichten muß ich vor der Anwendung jenes Geheimmittels warnen, obwohl es sehr gerühmt worden ist. Ist dasselbe wirklich im Stande die Zimmer¬ wand wasserdicht zu machen, so muß es ihre Poren verstopfen. Die Porosität der Wand ist aber ein sehr wirksames Mittel der Lufterneuerung des Zimmers. Ununterbrochen, wenn auch für die gewöhnliche Sinneswahrnehmung un« bemerkbar, lassen die Poren der Wand unreine Luft aus dem Zimmer aus¬ treten und reine Lust in das Zimmer eintreten. Verstopft man dieselben, so häuft man die unreine Luft in dem Zimmer an und schneidet ihm eine wichtige Zufuhr von reiner Luft ab. Die eine von den Ursachen, aus denen die Feuchtigkeit der Wände gesundheitsschädlich ist, besteht eben darin, daß die Poren der Wand verstopft sind, und zwar durch Wasser. Die Feuchtigkeit der Wand muß beseitigt, aber nicht verdeckt werden. Wenn man die Feuchtigkeit beseitigen will, muß man die Verdunstung des Wassers be¬ günstigen. Die Verdunstung muß allseitig erfolgen und darf nicht dadurch verringert werden, daß man die Wandfläche mit einer undurchlässigen Masse überzieht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/372>, abgerufen am 28.05.2024.