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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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von Wahrheit. Eine Bank, einerlei ob Ntichsbcmk oder Privatbank, muß
womöglich immer auf Privatmittel gegründet werden. Der Grund ist der.
daß der Bankcredit niemals richtig verwaltet werden kann vom Standpunkt
des direkten öffentlichen Wohls allein. Die Sicherheit und die Verzinsung
des angelegten Capitals müssen unter allen Umständen ebenso gut als das
öffentliche Wohl in Betracht kommen. Vor einem Staatsmitteln entnomme¬
nen Bankcapital werden irrige und schädliche Forderungen nie Halt machen.
Man wird es natürlich finden, daß der Staat sein aufgehäuftes Kapital nö¬
tigenfalls preisgiebt, der sich ja immer wieder an die Steuerzahler halten
kann. Das ist der Irrthum des Socialismus oder Communismus, der dem
Staat die Arbeit der Gesellschaft direkt übertragen will, und der Irrthum
wird dadurch nicht unschädlicher. daß der Staat nur eintreten soll, wenn die
Gesellschaft oder ein Theil derselben zu Ende gewirthschaftet hat. Es giebt
Gebiete, die jetzt der Thätigkeit der Gesellschaft überlassen sind, wo wir die
Vorzüge des alleinigen Staatsbetriebes immer mehr einsehen werden. So
beim Eisenbahnbetrieb. Aber das Bankwesen ist seiner unveränderlichen Natur
nach ein Geschäft Einzelner für den Einzelnen, und wenn alle Nationen zu
großen Staatsbanken kommen, so ist jene Grundeigenschaft nicht im mindesten
ausgehoben. Die Staatsbank ist nur insofern Staatsbank, als der Staat
den Privatbetrieb bis in die Geschäftsbesorgung überwacht' oder dieselbe so¬
gar durch seine Organe versehen läßt, um die Gefahr des Mißbrauchs un¬
möglich zu machen. Das Geschäft selbst bleibt seinem Wesen nach in den
Grenzen des Privatvortheils und bedingt durch die Bürgschaften desselben.

So haben wir denn ein seiner schwierigen Aufgabe so entsprechendes Ge¬
setz erhalten, wie es bei dem vor kurzem noch herrschenden Chaos der Mei-
nungen sobald unerreichbar schien. Eine einzige Bestimmung ist hineinge¬
kommen gleichsam als Denkmal, wie hart auch die bestgefundenen Entschlie¬
ßungen an der Grenze des Unverstandes vorbeisegeln müssen. Das ist die
Bestimmung, welche die Zweiganstalten der Reichsbank dem Besteuerungsrecht
der Gemeinden unterwirft. Vergebens suchte der Abgeordnete Oppenheim mit
treffenden Gründen diesen Mißgriff abzuwehren. Hoffen wir, daß er zum
Guten dient, indem er die Nothwendigkeit, den Gemeinden alle Steuern bis
auf die ihnen allein zu überlassende Grundsteuer zu überbieten, immer deut¬
licher zum Bewußtsein bringt. -- Einen Punkt hat das Bankgesetz unerledigt
gelassen, indem es keinen Weg angiebt, uns von dem Reichspapiergeld, das
an die Stelle des Papiergeldes der Einzelstaaten treten soll, durch die Banken
zu befreien. Doch war dies keine ganz leichte Frage, nachdem wir einmal
das Gesetz zur Einführung des Reichspapiergeldes bekommen haben, und diese
Frage mochte, um die jetzige Aufgabe nicht noch mehr zu erschweren, einer
späteren Erledigung vorbehalten bleiben.


von Wahrheit. Eine Bank, einerlei ob Ntichsbcmk oder Privatbank, muß
womöglich immer auf Privatmittel gegründet werden. Der Grund ist der.
daß der Bankcredit niemals richtig verwaltet werden kann vom Standpunkt
des direkten öffentlichen Wohls allein. Die Sicherheit und die Verzinsung
des angelegten Capitals müssen unter allen Umständen ebenso gut als das
öffentliche Wohl in Betracht kommen. Vor einem Staatsmitteln entnomme¬
nen Bankcapital werden irrige und schädliche Forderungen nie Halt machen.
Man wird es natürlich finden, daß der Staat sein aufgehäuftes Kapital nö¬
tigenfalls preisgiebt, der sich ja immer wieder an die Steuerzahler halten
kann. Das ist der Irrthum des Socialismus oder Communismus, der dem
Staat die Arbeit der Gesellschaft direkt übertragen will, und der Irrthum
wird dadurch nicht unschädlicher. daß der Staat nur eintreten soll, wenn die
Gesellschaft oder ein Theil derselben zu Ende gewirthschaftet hat. Es giebt
Gebiete, die jetzt der Thätigkeit der Gesellschaft überlassen sind, wo wir die
Vorzüge des alleinigen Staatsbetriebes immer mehr einsehen werden. So
beim Eisenbahnbetrieb. Aber das Bankwesen ist seiner unveränderlichen Natur
nach ein Geschäft Einzelner für den Einzelnen, und wenn alle Nationen zu
großen Staatsbanken kommen, so ist jene Grundeigenschaft nicht im mindesten
ausgehoben. Die Staatsbank ist nur insofern Staatsbank, als der Staat
den Privatbetrieb bis in die Geschäftsbesorgung überwacht' oder dieselbe so¬
gar durch seine Organe versehen läßt, um die Gefahr des Mißbrauchs un¬
möglich zu machen. Das Geschäft selbst bleibt seinem Wesen nach in den
Grenzen des Privatvortheils und bedingt durch die Bürgschaften desselben.

So haben wir denn ein seiner schwierigen Aufgabe so entsprechendes Ge¬
setz erhalten, wie es bei dem vor kurzem noch herrschenden Chaos der Mei-
nungen sobald unerreichbar schien. Eine einzige Bestimmung ist hineinge¬
kommen gleichsam als Denkmal, wie hart auch die bestgefundenen Entschlie¬
ßungen an der Grenze des Unverstandes vorbeisegeln müssen. Das ist die
Bestimmung, welche die Zweiganstalten der Reichsbank dem Besteuerungsrecht
der Gemeinden unterwirft. Vergebens suchte der Abgeordnete Oppenheim mit
treffenden Gründen diesen Mißgriff abzuwehren. Hoffen wir, daß er zum
Guten dient, indem er die Nothwendigkeit, den Gemeinden alle Steuern bis
auf die ihnen allein zu überlassende Grundsteuer zu überbieten, immer deut¬
licher zum Bewußtsein bringt. — Einen Punkt hat das Bankgesetz unerledigt
gelassen, indem es keinen Weg angiebt, uns von dem Reichspapiergeld, das
an die Stelle des Papiergeldes der Einzelstaaten treten soll, durch die Banken
zu befreien. Doch war dies keine ganz leichte Frage, nachdem wir einmal
das Gesetz zur Einführung des Reichspapiergeldes bekommen haben, und diese
Frage mochte, um die jetzige Aufgabe nicht noch mehr zu erschweren, einer
späteren Erledigung vorbehalten bleiben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/240>, abgerufen am 19.05.2024.