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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Bande abgedruckten Selbstbiographie. Manches unnütze Zeug ist aufgenoni
men, wie z. B. eine Bearbeitung des englischen Werkes von Lauderdale durch
Schön, das Publicandum über die Behördenversassung vom 16. Dezembe
1808, eine Correspondenz über die Varnhagen'sche Biographie Bülow's, ein
Briefwechsel mit Gervinus, der uns weder den alten Schön noch den He!
delberger Historiker in erfreulicher Beleuchtung zeigt. Daneben stehen dann
einzelne wichtige und interessante Briefschaften und Aufzeichnungen aus der
Zeit von 1807--1809; freilich wird kein Mensch verstehen weßhalb das hier
im zweiten Bande Gedruckte aus dem Zusammenhange mit dem im ersten
Bande Gegebenen herausgerissen ist. Dort war z. B. von einem Tagebuch
Schön's aus dem Ende des Jahres 1808 Notiz gegeben; -- daß das Tage¬
buch selbst unpublicirt geblieben, glaubte ich früher rügen zu müssen. Nun
wird es im zweiten Bande gedruckt; es ist in der That ein sehr lehrreiches
zeitgenössisches Zeugniß, das ganz anderen Quellenwerth besitzt als die späteren
Auslassungen Schön's über eine Jahrzehnte zurückliegende Zeit.

Die preußische Geschichtsforschung hat allerdings allen Grund für die
Bereicherung und Vermehrung des ihr gebotenen Quellenstoffes dankbar zu
sein. Unter manchem überflüssigen und unwichtigen wird uns manches recht
wichtige und interessante zu Theil. Daß die Charakterskizze Stein's von
Uwarow S. 238--276 abgedruckt ist, billigen wir trotz des nur ganz äußer¬
lichen Zusammenhanges mit dem Schön'schen Nachlaß; der frühere Abdruck
in der Kreuzzeitung entging der historischen Beachtung jedenfalls leichter als
die Mittheilung an dieser Stelle. Besonderen Werth haben außer den schon
erwähnten Tagebuchnotizen die Briefe Altensiein's aus dem Sommer 1807,
die amtlichen Aktenstücke, die auf S. 104--129, 229--236 stehen, verschiedene
Briefe Stein's und Niebuhr's und Humboldt's.

Wer quellenmäßige Studien über die große Heidenzeit Preußens machen
will, wird diese Sammlung nicht unbenutzt lassen dürfen. schätzenswerthe
Beiträge zur geschichtlichen Kenntniß gewinnen wir in der That aus den
beiden vorliegenden Bänden. Aber es sind nur Beiträge, vereinzelt und der
Erläuterung sehr bedürftig. Nur im Zusammenhang mit allen den zahl¬
reichen Veröffentlichungen aus und über jene Jahre sind die hier gespendeten
Briefe und Documente von Bedeutung und Werth. Aber eben weil das in
diesen Bänden mitgetheilte Material zur Geschichte Schön's und seiner Wirk¬
samkeit sehr dringend der Ergänzung und Beleuchtung durch das, was wir
sonst kennen, bedarf, eben aus diesem Grunde ist es mit so scharfem Tadel
zu belegen, daß diese fragmentarischen und einseitigen Quellenzeug¬
nisse ohne jede kritische Bemerkung und ohne jede historische Erläuterung ver¬
öffentlicht werden.

Eine Andeutung mag genügen zu zeigen, was ich im Sinne habe. In


Bande abgedruckten Selbstbiographie. Manches unnütze Zeug ist aufgenoni
men, wie z. B. eine Bearbeitung des englischen Werkes von Lauderdale durch
Schön, das Publicandum über die Behördenversassung vom 16. Dezembe
1808, eine Correspondenz über die Varnhagen'sche Biographie Bülow's, ein
Briefwechsel mit Gervinus, der uns weder den alten Schön noch den He!
delberger Historiker in erfreulicher Beleuchtung zeigt. Daneben stehen dann
einzelne wichtige und interessante Briefschaften und Aufzeichnungen aus der
Zeit von 1807—1809; freilich wird kein Mensch verstehen weßhalb das hier
im zweiten Bande Gedruckte aus dem Zusammenhange mit dem im ersten
Bande Gegebenen herausgerissen ist. Dort war z. B. von einem Tagebuch
Schön's aus dem Ende des Jahres 1808 Notiz gegeben; — daß das Tage¬
buch selbst unpublicirt geblieben, glaubte ich früher rügen zu müssen. Nun
wird es im zweiten Bande gedruckt; es ist in der That ein sehr lehrreiches
zeitgenössisches Zeugniß, das ganz anderen Quellenwerth besitzt als die späteren
Auslassungen Schön's über eine Jahrzehnte zurückliegende Zeit.

Die preußische Geschichtsforschung hat allerdings allen Grund für die
Bereicherung und Vermehrung des ihr gebotenen Quellenstoffes dankbar zu
sein. Unter manchem überflüssigen und unwichtigen wird uns manches recht
wichtige und interessante zu Theil. Daß die Charakterskizze Stein's von
Uwarow S. 238—276 abgedruckt ist, billigen wir trotz des nur ganz äußer¬
lichen Zusammenhanges mit dem Schön'schen Nachlaß; der frühere Abdruck
in der Kreuzzeitung entging der historischen Beachtung jedenfalls leichter als
die Mittheilung an dieser Stelle. Besonderen Werth haben außer den schon
erwähnten Tagebuchnotizen die Briefe Altensiein's aus dem Sommer 1807,
die amtlichen Aktenstücke, die auf S. 104—129, 229—236 stehen, verschiedene
Briefe Stein's und Niebuhr's und Humboldt's.

Wer quellenmäßige Studien über die große Heidenzeit Preußens machen
will, wird diese Sammlung nicht unbenutzt lassen dürfen. schätzenswerthe
Beiträge zur geschichtlichen Kenntniß gewinnen wir in der That aus den
beiden vorliegenden Bänden. Aber es sind nur Beiträge, vereinzelt und der
Erläuterung sehr bedürftig. Nur im Zusammenhang mit allen den zahl¬
reichen Veröffentlichungen aus und über jene Jahre sind die hier gespendeten
Briefe und Documente von Bedeutung und Werth. Aber eben weil das in
diesen Bänden mitgetheilte Material zur Geschichte Schön's und seiner Wirk¬
samkeit sehr dringend der Ergänzung und Beleuchtung durch das, was wir
sonst kennen, bedarf, eben aus diesem Grunde ist es mit so scharfem Tadel
zu belegen, daß diese fragmentarischen und einseitigen Quellenzeug¬
nisse ohne jede kritische Bemerkung und ohne jede historische Erläuterung ver¬
öffentlicht werden.

Eine Andeutung mag genügen zu zeigen, was ich im Sinne habe. In


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[0246] Bande abgedruckten Selbstbiographie. Manches unnütze Zeug ist aufgenoni men, wie z. B. eine Bearbeitung des englischen Werkes von Lauderdale durch Schön, das Publicandum über die Behördenversassung vom 16. Dezembe 1808, eine Correspondenz über die Varnhagen'sche Biographie Bülow's, ein Briefwechsel mit Gervinus, der uns weder den alten Schön noch den He! delberger Historiker in erfreulicher Beleuchtung zeigt. Daneben stehen dann einzelne wichtige und interessante Briefschaften und Aufzeichnungen aus der Zeit von 1807—1809; freilich wird kein Mensch verstehen weßhalb das hier im zweiten Bande Gedruckte aus dem Zusammenhange mit dem im ersten Bande Gegebenen herausgerissen ist. Dort war z. B. von einem Tagebuch Schön's aus dem Ende des Jahres 1808 Notiz gegeben; — daß das Tage¬ buch selbst unpublicirt geblieben, glaubte ich früher rügen zu müssen. Nun wird es im zweiten Bande gedruckt; es ist in der That ein sehr lehrreiches zeitgenössisches Zeugniß, das ganz anderen Quellenwerth besitzt als die späteren Auslassungen Schön's über eine Jahrzehnte zurückliegende Zeit. Die preußische Geschichtsforschung hat allerdings allen Grund für die Bereicherung und Vermehrung des ihr gebotenen Quellenstoffes dankbar zu sein. Unter manchem überflüssigen und unwichtigen wird uns manches recht wichtige und interessante zu Theil. Daß die Charakterskizze Stein's von Uwarow S. 238—276 abgedruckt ist, billigen wir trotz des nur ganz äußer¬ lichen Zusammenhanges mit dem Schön'schen Nachlaß; der frühere Abdruck in der Kreuzzeitung entging der historischen Beachtung jedenfalls leichter als die Mittheilung an dieser Stelle. Besonderen Werth haben außer den schon erwähnten Tagebuchnotizen die Briefe Altensiein's aus dem Sommer 1807, die amtlichen Aktenstücke, die auf S. 104—129, 229—236 stehen, verschiedene Briefe Stein's und Niebuhr's und Humboldt's. Wer quellenmäßige Studien über die große Heidenzeit Preußens machen will, wird diese Sammlung nicht unbenutzt lassen dürfen. schätzenswerthe Beiträge zur geschichtlichen Kenntniß gewinnen wir in der That aus den beiden vorliegenden Bänden. Aber es sind nur Beiträge, vereinzelt und der Erläuterung sehr bedürftig. Nur im Zusammenhang mit allen den zahl¬ reichen Veröffentlichungen aus und über jene Jahre sind die hier gespendeten Briefe und Documente von Bedeutung und Werth. Aber eben weil das in diesen Bänden mitgetheilte Material zur Geschichte Schön's und seiner Wirk¬ samkeit sehr dringend der Ergänzung und Beleuchtung durch das, was wir sonst kennen, bedarf, eben aus diesem Grunde ist es mit so scharfem Tadel zu belegen, daß diese fragmentarischen und einseitigen Quellenzeug¬ nisse ohne jede kritische Bemerkung und ohne jede historische Erläuterung ver¬ öffentlicht werden. Eine Andeutung mag genügen zu zeigen, was ich im Sinne habe. In

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/246>, abgerufen am 19.05.2024.