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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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von Bengalen gemacht, indem sie von der Regierung verlangte, daß die
Gesetze suspendirt werden sollen, nach welchen die indische Münze verpflichtet
ist, Silber zur Ausprägung anzunehmen und das Emissions" Amt. Noten
gegen eingereichte Silberbarren zu verabfolgen, und daß die Einfuhr von
Silberrupien verboten werden soll. Durch diese Maßregel, wenn sie von Er¬
folg, würde allerdings der Werth der Silberrupien gehalten und gesteigert
werden, indem sie eine Art Zwangssilbergeld darstellen würden, aber für die
englischen Gläubiger wäre damit nichts gewonnen. Wahrscheinlich aber würde
die Maßregel zum größten Theil unwirksam sein, indem namentlich die
californischen Silberproducenten den richtigen Weg finden würden, um voll-
gehaltige Rupien nach Indien zu schmuggeln. Wie die kürzliche Debatte im
englischen Parlament gezeigt hat, sind die maßgebenden englischen Staats¬
männer von der Unwirksamkeit aller dieser Maßregeln überzeugt. Sie erwarten
die Besserung vielmehr von dem natürlichen Gang des Handels. Da man
die Beobachtung gemacht hat, daß es in den Ländern mit verschlechterter
Papier - Valuta Jahre erfordert, bis die Detailpreise und Löhne entsprechend
steigen, so es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß in dem ungeheueren Indien,
dessen Bevölkerung nur langsam mit den Aenderungen des Welthandels be¬
kannt wird, die Preise der Silberbaisse noch viel langsamer nachfolgen werden.
Unter solchen Umständen muß sich also der Export aus Indien noch lange
ungewöhnlich lohnen, die verstärkte Ausfuhr wird aber wieder die Einfuhr
von Silber vermehren, welche ja auch während des amerikanischen Bürger¬
krieges eine unvergleichlich höhere war als in den letzten Jahren. Die eng¬
lischen Staatsmänner verhehlen sich selbst nicht, daß dieser Weg, dessen
schließliche Wirksamkeit wir durchaus nicht bezweifeln wollen, doch ein sehr
langwieriger ist und für die Gegenwart doch auch keine Besserung verspricht.
Sie nehmen daher als Palliativ den Vorschlag einer Anleihe der indischen
Negierung zum Zwecke der Herstellung neuer Eisenbahnen in Indien zu Hilfe,
wodurch die Übertragung der Forderungen britischer Gläubiger aus Indien
an England allerdings vertagt werden würde. Indessen ist dieses Mittel
nur erst Project.

Unter solchen Umständen können wir die gegenwärtige Besserung des
Silberpreises nur für eine vorübergehende halten und nur die Ansicht
wiederholen, daß die Regierung den jetzigen Curs zu Silberverkäufen be¬
nutzen sollte.




von Bengalen gemacht, indem sie von der Regierung verlangte, daß die
Gesetze suspendirt werden sollen, nach welchen die indische Münze verpflichtet
ist, Silber zur Ausprägung anzunehmen und das Emissions« Amt. Noten
gegen eingereichte Silberbarren zu verabfolgen, und daß die Einfuhr von
Silberrupien verboten werden soll. Durch diese Maßregel, wenn sie von Er¬
folg, würde allerdings der Werth der Silberrupien gehalten und gesteigert
werden, indem sie eine Art Zwangssilbergeld darstellen würden, aber für die
englischen Gläubiger wäre damit nichts gewonnen. Wahrscheinlich aber würde
die Maßregel zum größten Theil unwirksam sein, indem namentlich die
californischen Silberproducenten den richtigen Weg finden würden, um voll-
gehaltige Rupien nach Indien zu schmuggeln. Wie die kürzliche Debatte im
englischen Parlament gezeigt hat, sind die maßgebenden englischen Staats¬
männer von der Unwirksamkeit aller dieser Maßregeln überzeugt. Sie erwarten
die Besserung vielmehr von dem natürlichen Gang des Handels. Da man
die Beobachtung gemacht hat, daß es in den Ländern mit verschlechterter
Papier - Valuta Jahre erfordert, bis die Detailpreise und Löhne entsprechend
steigen, so es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß in dem ungeheueren Indien,
dessen Bevölkerung nur langsam mit den Aenderungen des Welthandels be¬
kannt wird, die Preise der Silberbaisse noch viel langsamer nachfolgen werden.
Unter solchen Umständen muß sich also der Export aus Indien noch lange
ungewöhnlich lohnen, die verstärkte Ausfuhr wird aber wieder die Einfuhr
von Silber vermehren, welche ja auch während des amerikanischen Bürger¬
krieges eine unvergleichlich höhere war als in den letzten Jahren. Die eng¬
lischen Staatsmänner verhehlen sich selbst nicht, daß dieser Weg, dessen
schließliche Wirksamkeit wir durchaus nicht bezweifeln wollen, doch ein sehr
langwieriger ist und für die Gegenwart doch auch keine Besserung verspricht.
Sie nehmen daher als Palliativ den Vorschlag einer Anleihe der indischen
Negierung zum Zwecke der Herstellung neuer Eisenbahnen in Indien zu Hilfe,
wodurch die Übertragung der Forderungen britischer Gläubiger aus Indien
an England allerdings vertagt werden würde. Indessen ist dieses Mittel
nur erst Project.

Unter solchen Umständen können wir die gegenwärtige Besserung des
Silberpreises nur für eine vorübergehende halten und nur die Ansicht
wiederholen, daß die Regierung den jetzigen Curs zu Silberverkäufen be¬
nutzen sollte.




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[0446] von Bengalen gemacht, indem sie von der Regierung verlangte, daß die Gesetze suspendirt werden sollen, nach welchen die indische Münze verpflichtet ist, Silber zur Ausprägung anzunehmen und das Emissions« Amt. Noten gegen eingereichte Silberbarren zu verabfolgen, und daß die Einfuhr von Silberrupien verboten werden soll. Durch diese Maßregel, wenn sie von Er¬ folg, würde allerdings der Werth der Silberrupien gehalten und gesteigert werden, indem sie eine Art Zwangssilbergeld darstellen würden, aber für die englischen Gläubiger wäre damit nichts gewonnen. Wahrscheinlich aber würde die Maßregel zum größten Theil unwirksam sein, indem namentlich die californischen Silberproducenten den richtigen Weg finden würden, um voll- gehaltige Rupien nach Indien zu schmuggeln. Wie die kürzliche Debatte im englischen Parlament gezeigt hat, sind die maßgebenden englischen Staats¬ männer von der Unwirksamkeit aller dieser Maßregeln überzeugt. Sie erwarten die Besserung vielmehr von dem natürlichen Gang des Handels. Da man die Beobachtung gemacht hat, daß es in den Ländern mit verschlechterter Papier - Valuta Jahre erfordert, bis die Detailpreise und Löhne entsprechend steigen, so es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß in dem ungeheueren Indien, dessen Bevölkerung nur langsam mit den Aenderungen des Welthandels be¬ kannt wird, die Preise der Silberbaisse noch viel langsamer nachfolgen werden. Unter solchen Umständen muß sich also der Export aus Indien noch lange ungewöhnlich lohnen, die verstärkte Ausfuhr wird aber wieder die Einfuhr von Silber vermehren, welche ja auch während des amerikanischen Bürger¬ krieges eine unvergleichlich höhere war als in den letzten Jahren. Die eng¬ lischen Staatsmänner verhehlen sich selbst nicht, daß dieser Weg, dessen schließliche Wirksamkeit wir durchaus nicht bezweifeln wollen, doch ein sehr langwieriger ist und für die Gegenwart doch auch keine Besserung verspricht. Sie nehmen daher als Palliativ den Vorschlag einer Anleihe der indischen Negierung zum Zwecke der Herstellung neuer Eisenbahnen in Indien zu Hilfe, wodurch die Übertragung der Forderungen britischer Gläubiger aus Indien an England allerdings vertagt werden würde. Indessen ist dieses Mittel nur erst Project. Unter solchen Umständen können wir die gegenwärtige Besserung des Silberpreises nur für eine vorübergehende halten und nur die Ansicht wiederholen, daß die Regierung den jetzigen Curs zu Silberverkäufen be¬ nutzen sollte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/446>, abgerufen am 28.04.2024.