Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

seinem Buche hat der Verfasser durchgehends,bewährten Forschern, u. A. Hum¬
boldt, Dove, Mühry. Griesebach. Arago, Mohn, Kabsch und Reclus entnommen,
wobei er das streng Wissenschaftliche ausscheidend nur die Hauptbeweise und
die wichtigsten Resultate zusammengetragen hat, die jeder Gebildete wissen sollte.
Sehr zu loben ist die Vorsicht, mit welcher er dabei verfährt, und mit der
er allenthalben das, was als erwiesene Thatsache zu gelten hat, und das,
was nur Vermuthung und Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit ist, in dieser
seiner Eigenschaft bezeichnet. In den gewöhnlichen Handbüchern wird nicht
Weniges, namentlich in der Pflanzen- und Thiergeographie und in der Lehre
von den Menschenrassen als Thatsache angesehen und mitgetheilt, was in
Wirklichkeit noch Gegenstand sich widerstreitender Behauptungen ist. Das
Ganze zerfällt in eine Einleitung, die sich über den Zusammenhang von Luft
und Leben verbreitet, und fünf Hauptabschnitte, von denen der erste sich in
Beantwortung der Frage: "Was ist die Luft?" mit der Charakterisirung von
Luft, Licht und Wärme, mit der Bestimmung der Größe des Luftraums und
mit Luftschifffahrten beschäftigt. Das zweite Kapitel behandelt die Winde,
deren Entstehung, die Passatwtnde und Windstillen, die Stürme und
Orkane, die Wasser- und Windhosen und Dove's Gesetz der Stürme.
Das dritte geht zur Betrachtung der Luft als Regenverbreiterin über, wo
dann Wolkenbildungen, Regenzeiten, Schnee und Hagel, das Wetter und
das Barometer und Aehnliches ins Auge gefaßt werden. Der vierte Haupt¬
abschnitt hat es mit der Wärme und Elektricität der Luft, mit dem Einfluß
der Temperatur auf die Gesundheit, mit den Gewittern, den Nord- und Süd¬
lichtern, dem Erdmagnetismus und den Ursachen und Wirkungen des Magne¬
tismus zu thun. Der fünfte und letzte endlich belehrt uns in einer Gruppi-
rung der wichtigsten Entdeckungen der modernen Wissenschaft von den be¬
treffenden Naturdingen über das Klima und seinen Einfluß auf das Leben
der Pflanzen, Thiere und Menschen, wo namentlich die Abschnitte über die
Zonen und Wanderungen der Pflanzen, über das Thierleben im Meere, über
die Verbreitung der Menschenrassen und die psychologische Begründung der
Rassenkennzeichen viel Lehrreiches enthalten. Erfreulich ist, daß der Verfasser
hier nicht in die Modethorheit der Häckelei einstimmt. Ein kleiner Irrthum
ist es, wenn S. 218 blos die Inder durch fortweisei'de Bewegung heran¬
winken sollen, auch die Westasiaten bis nach Aegypten hin thun dieß. Als
ein stärkerer Irrthum ist die Stelle zu bezeichnen, wo es S. 222 heißt:
"Unsere ältesten geschichtlichen Erinnerungen verdunkelten sich nach und nach
zu deutungsschweren Götter- und Heldensagen." Die Menschheit hat ge¬
schichtliche Erinnerungen erst von der Zeit an, wo sie die Schrift erfand.
Wo diese nicht existirt, sind die Sagen und Mythen zunächst nur Bilder
aus dem Leben der Naturmächie. die bei höherer Ausbildung des betreffenden


seinem Buche hat der Verfasser durchgehends,bewährten Forschern, u. A. Hum¬
boldt, Dove, Mühry. Griesebach. Arago, Mohn, Kabsch und Reclus entnommen,
wobei er das streng Wissenschaftliche ausscheidend nur die Hauptbeweise und
die wichtigsten Resultate zusammengetragen hat, die jeder Gebildete wissen sollte.
Sehr zu loben ist die Vorsicht, mit welcher er dabei verfährt, und mit der
er allenthalben das, was als erwiesene Thatsache zu gelten hat, und das,
was nur Vermuthung und Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit ist, in dieser
seiner Eigenschaft bezeichnet. In den gewöhnlichen Handbüchern wird nicht
Weniges, namentlich in der Pflanzen- und Thiergeographie und in der Lehre
von den Menschenrassen als Thatsache angesehen und mitgetheilt, was in
Wirklichkeit noch Gegenstand sich widerstreitender Behauptungen ist. Das
Ganze zerfällt in eine Einleitung, die sich über den Zusammenhang von Luft
und Leben verbreitet, und fünf Hauptabschnitte, von denen der erste sich in
Beantwortung der Frage: „Was ist die Luft?" mit der Charakterisirung von
Luft, Licht und Wärme, mit der Bestimmung der Größe des Luftraums und
mit Luftschifffahrten beschäftigt. Das zweite Kapitel behandelt die Winde,
deren Entstehung, die Passatwtnde und Windstillen, die Stürme und
Orkane, die Wasser- und Windhosen und Dove's Gesetz der Stürme.
Das dritte geht zur Betrachtung der Luft als Regenverbreiterin über, wo
dann Wolkenbildungen, Regenzeiten, Schnee und Hagel, das Wetter und
das Barometer und Aehnliches ins Auge gefaßt werden. Der vierte Haupt¬
abschnitt hat es mit der Wärme und Elektricität der Luft, mit dem Einfluß
der Temperatur auf die Gesundheit, mit den Gewittern, den Nord- und Süd¬
lichtern, dem Erdmagnetismus und den Ursachen und Wirkungen des Magne¬
tismus zu thun. Der fünfte und letzte endlich belehrt uns in einer Gruppi-
rung der wichtigsten Entdeckungen der modernen Wissenschaft von den be¬
treffenden Naturdingen über das Klima und seinen Einfluß auf das Leben
der Pflanzen, Thiere und Menschen, wo namentlich die Abschnitte über die
Zonen und Wanderungen der Pflanzen, über das Thierleben im Meere, über
die Verbreitung der Menschenrassen und die psychologische Begründung der
Rassenkennzeichen viel Lehrreiches enthalten. Erfreulich ist, daß der Verfasser
hier nicht in die Modethorheit der Häckelei einstimmt. Ein kleiner Irrthum
ist es, wenn S. 218 blos die Inder durch fortweisei'de Bewegung heran¬
winken sollen, auch die Westasiaten bis nach Aegypten hin thun dieß. Als
ein stärkerer Irrthum ist die Stelle zu bezeichnen, wo es S. 222 heißt:
„Unsere ältesten geschichtlichen Erinnerungen verdunkelten sich nach und nach
zu deutungsschweren Götter- und Heldensagen." Die Menschheit hat ge¬
schichtliche Erinnerungen erst von der Zeit an, wo sie die Schrift erfand.
Wo diese nicht existirt, sind die Sagen und Mythen zunächst nur Bilder
aus dem Leben der Naturmächie. die bei höherer Ausbildung des betreffenden


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0201" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136840"/>
            <p xml:id="ID_549" prev="#ID_548" next="#ID_550"> seinem Buche hat der Verfasser durchgehends,bewährten Forschern, u. A. Hum¬<lb/>
boldt, Dove, Mühry. Griesebach. Arago, Mohn, Kabsch und Reclus entnommen,<lb/>
wobei er das streng Wissenschaftliche ausscheidend nur die Hauptbeweise und<lb/>
die wichtigsten Resultate zusammengetragen hat, die jeder Gebildete wissen sollte.<lb/>
Sehr zu loben ist die Vorsicht, mit welcher er dabei verfährt, und mit der<lb/>
er allenthalben das, was als erwiesene Thatsache zu gelten hat, und das,<lb/>
was nur Vermuthung und Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit ist, in dieser<lb/>
seiner Eigenschaft bezeichnet. In den gewöhnlichen Handbüchern wird nicht<lb/>
Weniges, namentlich in der Pflanzen- und Thiergeographie und in der Lehre<lb/>
von den Menschenrassen als Thatsache angesehen und mitgetheilt, was in<lb/>
Wirklichkeit noch Gegenstand sich widerstreitender Behauptungen ist. Das<lb/>
Ganze zerfällt in eine Einleitung, die sich über den Zusammenhang von Luft<lb/>
und Leben verbreitet, und fünf Hauptabschnitte, von denen der erste sich in<lb/>
Beantwortung der Frage: &#x201E;Was ist die Luft?" mit der Charakterisirung von<lb/>
Luft, Licht und Wärme, mit der Bestimmung der Größe des Luftraums und<lb/>
mit Luftschifffahrten beschäftigt. Das zweite Kapitel behandelt die Winde,<lb/>
deren Entstehung, die Passatwtnde und Windstillen, die Stürme und<lb/>
Orkane, die Wasser- und Windhosen und Dove's Gesetz der Stürme.<lb/>
Das dritte geht zur Betrachtung der Luft als Regenverbreiterin über, wo<lb/>
dann Wolkenbildungen, Regenzeiten, Schnee und Hagel, das Wetter und<lb/>
das Barometer und Aehnliches ins Auge gefaßt werden. Der vierte Haupt¬<lb/>
abschnitt hat es mit der Wärme und Elektricität der Luft, mit dem Einfluß<lb/>
der Temperatur auf die Gesundheit, mit den Gewittern, den Nord- und Süd¬<lb/>
lichtern, dem Erdmagnetismus und den Ursachen und Wirkungen des Magne¬<lb/>
tismus zu thun. Der fünfte und letzte endlich belehrt uns in einer Gruppi-<lb/>
rung der wichtigsten Entdeckungen der modernen Wissenschaft von den be¬<lb/>
treffenden Naturdingen über das Klima und seinen Einfluß auf das Leben<lb/>
der Pflanzen, Thiere und Menschen, wo namentlich die Abschnitte über die<lb/>
Zonen und Wanderungen der Pflanzen, über das Thierleben im Meere, über<lb/>
die Verbreitung der Menschenrassen und die psychologische Begründung der<lb/>
Rassenkennzeichen viel Lehrreiches enthalten. Erfreulich ist, daß der Verfasser<lb/>
hier nicht in die Modethorheit der Häckelei einstimmt. Ein kleiner Irrthum<lb/>
ist es, wenn S. 218 blos die Inder durch fortweisei'de Bewegung heran¬<lb/>
winken sollen, auch die Westasiaten bis nach Aegypten hin thun dieß. Als<lb/>
ein stärkerer Irrthum ist die Stelle zu bezeichnen, wo es S. 222 heißt:<lb/>
&#x201E;Unsere ältesten geschichtlichen Erinnerungen verdunkelten sich nach und nach<lb/>
zu deutungsschweren Götter- und Heldensagen." Die Menschheit hat ge¬<lb/>
schichtliche Erinnerungen erst von der Zeit an, wo sie die Schrift erfand.<lb/>
Wo diese nicht existirt, sind die Sagen und Mythen zunächst nur Bilder<lb/>
aus dem Leben der Naturmächie. die bei höherer Ausbildung des betreffenden</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0201] seinem Buche hat der Verfasser durchgehends,bewährten Forschern, u. A. Hum¬ boldt, Dove, Mühry. Griesebach. Arago, Mohn, Kabsch und Reclus entnommen, wobei er das streng Wissenschaftliche ausscheidend nur die Hauptbeweise und die wichtigsten Resultate zusammengetragen hat, die jeder Gebildete wissen sollte. Sehr zu loben ist die Vorsicht, mit welcher er dabei verfährt, und mit der er allenthalben das, was als erwiesene Thatsache zu gelten hat, und das, was nur Vermuthung und Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit ist, in dieser seiner Eigenschaft bezeichnet. In den gewöhnlichen Handbüchern wird nicht Weniges, namentlich in der Pflanzen- und Thiergeographie und in der Lehre von den Menschenrassen als Thatsache angesehen und mitgetheilt, was in Wirklichkeit noch Gegenstand sich widerstreitender Behauptungen ist. Das Ganze zerfällt in eine Einleitung, die sich über den Zusammenhang von Luft und Leben verbreitet, und fünf Hauptabschnitte, von denen der erste sich in Beantwortung der Frage: „Was ist die Luft?" mit der Charakterisirung von Luft, Licht und Wärme, mit der Bestimmung der Größe des Luftraums und mit Luftschifffahrten beschäftigt. Das zweite Kapitel behandelt die Winde, deren Entstehung, die Passatwtnde und Windstillen, die Stürme und Orkane, die Wasser- und Windhosen und Dove's Gesetz der Stürme. Das dritte geht zur Betrachtung der Luft als Regenverbreiterin über, wo dann Wolkenbildungen, Regenzeiten, Schnee und Hagel, das Wetter und das Barometer und Aehnliches ins Auge gefaßt werden. Der vierte Haupt¬ abschnitt hat es mit der Wärme und Elektricität der Luft, mit dem Einfluß der Temperatur auf die Gesundheit, mit den Gewittern, den Nord- und Süd¬ lichtern, dem Erdmagnetismus und den Ursachen und Wirkungen des Magne¬ tismus zu thun. Der fünfte und letzte endlich belehrt uns in einer Gruppi- rung der wichtigsten Entdeckungen der modernen Wissenschaft von den be¬ treffenden Naturdingen über das Klima und seinen Einfluß auf das Leben der Pflanzen, Thiere und Menschen, wo namentlich die Abschnitte über die Zonen und Wanderungen der Pflanzen, über das Thierleben im Meere, über die Verbreitung der Menschenrassen und die psychologische Begründung der Rassenkennzeichen viel Lehrreiches enthalten. Erfreulich ist, daß der Verfasser hier nicht in die Modethorheit der Häckelei einstimmt. Ein kleiner Irrthum ist es, wenn S. 218 blos die Inder durch fortweisei'de Bewegung heran¬ winken sollen, auch die Westasiaten bis nach Aegypten hin thun dieß. Als ein stärkerer Irrthum ist die Stelle zu bezeichnen, wo es S. 222 heißt: „Unsere ältesten geschichtlichen Erinnerungen verdunkelten sich nach und nach zu deutungsschweren Götter- und Heldensagen." Die Menschheit hat ge¬ schichtliche Erinnerungen erst von der Zeit an, wo sie die Schrift erfand. Wo diese nicht existirt, sind die Sagen und Mythen zunächst nur Bilder aus dem Leben der Naturmächie. die bei höherer Ausbildung des betreffenden

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/201
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/201>, abgerufen am 15.05.2024.