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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Ein Auszug aus den von Buttmann herrührenden "Pragmatischen
Statuten" möge den Schluß dieser Mittheilungen bilden.

"Die Gesellschaft setzte sich am 4. November 1809 vierzehn Personen stark.

Sie beschäftigte sich hierauf mit ihrer Vervollständigung und fuhr damit
fort so lange und so oft innere Regungen ihr kund thaten, daß in der großen
Welt außer ihr geborne Mitglieder der Gesellschaft seien, die nur noch nicht
anerkannt wären. Der Operation, wodurch diese Anerkennungen jedesmal
zum Durchbruch kamen, gab man die äußeren Formen von dem, was man
gemeinhin Vorschlag und Wahl heißt. Um auch möglichst vor Irrthümern
zu sichern, war festgesetzt, daß derjenige, den unter zwölf Mitgliedern Eines nicht
anerkenne, auch kein Mitglied sei. -- Gesetzloser Gesellschaften können nicht
nur unendlich viele neben einander bestehen, sondern man kann auch unend¬
lich vieler solcher Gesellschaften Mitglied zugleich sein, aus dem einfachen
Grunde, weil kein Gesetz vorhanden ist, wodurch ein Mitglied verbunden
wäre, in irgend einer derselben zu erscheinen. Eben dieser Grund zerstört
daher auch jeden Einwand, warum irgend Jemand nicht Mitglied irgend
einer solchen Gesellschaft sein oder werden könne. Ja selbst das Nichtwollen
findet nicht statt und jedes Mitglied ist Mitglied, so wie die Uebrigen sich
überzeugt haben, daß er es ist.

So oft also die Mittheilung einer solchen Anerkennung an ein bis dahin
Noch unbekanntes Mitglied ergeht, so verbittet man sich von jedem die etwaige
Verweigerung, als eine baare Absurdität. Jeder hat von dem Augenblicke
an das Recht, alle vierzehn Tage an dem jedesmal von der Gesellschaft ge¬
wählten Ort mit so viel Gästen als er will zum Mittagsessen sich einzufinden.
kann dies jedesmal thun, er kann es immer unterlassen. --

Jede Anstalt, sie sei so gesetzlos als nur irgend denkbar, muß ein Ana-
^gon einer Gesetzgebung haben. nämlich ein Regulativ, bestehend aus einer
Anzahl von Angesehen, mit deren Haltung es Jeder halten kann wie er will.
muß ein Ort sein, wo man sich zum Mittagsmahle versammele. Dieser
ändert sich nach Belieben und durch' eine unsichtbare Lenkung. Es muß
°me Zeit sein, zu der man sich versäumte. Bis jetzt ist es immer derjenige
Sonnabend gewesen, der zwischen je zwei Sonnabenden liegt, an welchen sie
l^es nicht versammelte. Es geht ein Bote in der Woche jedes so bestimmten
Sonnabends herum mit einem Zettel, auf dem Zeit und Ort genannt sind,
^"f demselben sind zwei Kolummnen angelegt. Unter die Ueberschrift
^6rund (aäsruvtes) schreiben sich die. welche gemeint sind zu kommen, unter
^iäerullt (viäeruutLL) die, bei welchen sich diese Meinung noch nicht aus¬
bildet hat. -

Der Speisesatz ist zu 1 Rthlr. die Person. Alles Uebrige wird mit dem
Wirthe und der eignen Börse verabredet. --


Grenzboten IV. 1L7S. 35

Ein Auszug aus den von Buttmann herrührenden „Pragmatischen
Statuten" möge den Schluß dieser Mittheilungen bilden.

„Die Gesellschaft setzte sich am 4. November 1809 vierzehn Personen stark.

Sie beschäftigte sich hierauf mit ihrer Vervollständigung und fuhr damit
fort so lange und so oft innere Regungen ihr kund thaten, daß in der großen
Welt außer ihr geborne Mitglieder der Gesellschaft seien, die nur noch nicht
anerkannt wären. Der Operation, wodurch diese Anerkennungen jedesmal
zum Durchbruch kamen, gab man die äußeren Formen von dem, was man
gemeinhin Vorschlag und Wahl heißt. Um auch möglichst vor Irrthümern
zu sichern, war festgesetzt, daß derjenige, den unter zwölf Mitgliedern Eines nicht
anerkenne, auch kein Mitglied sei. — Gesetzloser Gesellschaften können nicht
nur unendlich viele neben einander bestehen, sondern man kann auch unend¬
lich vieler solcher Gesellschaften Mitglied zugleich sein, aus dem einfachen
Grunde, weil kein Gesetz vorhanden ist, wodurch ein Mitglied verbunden
wäre, in irgend einer derselben zu erscheinen. Eben dieser Grund zerstört
daher auch jeden Einwand, warum irgend Jemand nicht Mitglied irgend
einer solchen Gesellschaft sein oder werden könne. Ja selbst das Nichtwollen
findet nicht statt und jedes Mitglied ist Mitglied, so wie die Uebrigen sich
überzeugt haben, daß er es ist.

So oft also die Mittheilung einer solchen Anerkennung an ein bis dahin
Noch unbekanntes Mitglied ergeht, so verbittet man sich von jedem die etwaige
Verweigerung, als eine baare Absurdität. Jeder hat von dem Augenblicke
an das Recht, alle vierzehn Tage an dem jedesmal von der Gesellschaft ge¬
wählten Ort mit so viel Gästen als er will zum Mittagsessen sich einzufinden.
kann dies jedesmal thun, er kann es immer unterlassen. —

Jede Anstalt, sie sei so gesetzlos als nur irgend denkbar, muß ein Ana-
^gon einer Gesetzgebung haben. nämlich ein Regulativ, bestehend aus einer
Anzahl von Angesehen, mit deren Haltung es Jeder halten kann wie er will.
muß ein Ort sein, wo man sich zum Mittagsmahle versammele. Dieser
ändert sich nach Belieben und durch' eine unsichtbare Lenkung. Es muß
°me Zeit sein, zu der man sich versäumte. Bis jetzt ist es immer derjenige
Sonnabend gewesen, der zwischen je zwei Sonnabenden liegt, an welchen sie
l^es nicht versammelte. Es geht ein Bote in der Woche jedes so bestimmten
Sonnabends herum mit einem Zettel, auf dem Zeit und Ort genannt sind,
^"f demselben sind zwei Kolummnen angelegt. Unter die Ueberschrift
^6rund (aäsruvtes) schreiben sich die. welche gemeint sind zu kommen, unter
^iäerullt (viäeruutLL) die, bei welchen sich diese Meinung noch nicht aus¬
bildet hat. -

Der Speisesatz ist zu 1 Rthlr. die Person. Alles Uebrige wird mit dem
Wirthe und der eignen Börse verabredet. —


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[0277] Ein Auszug aus den von Buttmann herrührenden „Pragmatischen Statuten" möge den Schluß dieser Mittheilungen bilden. „Die Gesellschaft setzte sich am 4. November 1809 vierzehn Personen stark. Sie beschäftigte sich hierauf mit ihrer Vervollständigung und fuhr damit fort so lange und so oft innere Regungen ihr kund thaten, daß in der großen Welt außer ihr geborne Mitglieder der Gesellschaft seien, die nur noch nicht anerkannt wären. Der Operation, wodurch diese Anerkennungen jedesmal zum Durchbruch kamen, gab man die äußeren Formen von dem, was man gemeinhin Vorschlag und Wahl heißt. Um auch möglichst vor Irrthümern zu sichern, war festgesetzt, daß derjenige, den unter zwölf Mitgliedern Eines nicht anerkenne, auch kein Mitglied sei. — Gesetzloser Gesellschaften können nicht nur unendlich viele neben einander bestehen, sondern man kann auch unend¬ lich vieler solcher Gesellschaften Mitglied zugleich sein, aus dem einfachen Grunde, weil kein Gesetz vorhanden ist, wodurch ein Mitglied verbunden wäre, in irgend einer derselben zu erscheinen. Eben dieser Grund zerstört daher auch jeden Einwand, warum irgend Jemand nicht Mitglied irgend einer solchen Gesellschaft sein oder werden könne. Ja selbst das Nichtwollen findet nicht statt und jedes Mitglied ist Mitglied, so wie die Uebrigen sich überzeugt haben, daß er es ist. So oft also die Mittheilung einer solchen Anerkennung an ein bis dahin Noch unbekanntes Mitglied ergeht, so verbittet man sich von jedem die etwaige Verweigerung, als eine baare Absurdität. Jeder hat von dem Augenblicke an das Recht, alle vierzehn Tage an dem jedesmal von der Gesellschaft ge¬ wählten Ort mit so viel Gästen als er will zum Mittagsessen sich einzufinden. kann dies jedesmal thun, er kann es immer unterlassen. — Jede Anstalt, sie sei so gesetzlos als nur irgend denkbar, muß ein Ana- ^gon einer Gesetzgebung haben. nämlich ein Regulativ, bestehend aus einer Anzahl von Angesehen, mit deren Haltung es Jeder halten kann wie er will. muß ein Ort sein, wo man sich zum Mittagsmahle versammele. Dieser ändert sich nach Belieben und durch' eine unsichtbare Lenkung. Es muß °me Zeit sein, zu der man sich versäumte. Bis jetzt ist es immer derjenige Sonnabend gewesen, der zwischen je zwei Sonnabenden liegt, an welchen sie l^es nicht versammelte. Es geht ein Bote in der Woche jedes so bestimmten Sonnabends herum mit einem Zettel, auf dem Zeit und Ort genannt sind, ^"f demselben sind zwei Kolummnen angelegt. Unter die Ueberschrift ^6rund (aäsruvtes) schreiben sich die. welche gemeint sind zu kommen, unter ^iäerullt (viäeruutLL) die, bei welchen sich diese Meinung noch nicht aus¬ bildet hat. - Der Speisesatz ist zu 1 Rthlr. die Person. Alles Uebrige wird mit dem Wirthe und der eignen Börse verabredet. — Grenzboten IV. 1L7S. 35

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/277>, abgerufen am 15.05.2024.