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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Staaten vergleichen, weil beide ausgezeichnet organisirt, aber auch äußerst
gewissenlos seien. Allerdings besteht eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den
genannten Parteien, ebenso wie zwischen den Demokraten in Amerika und
den Ultra-Conservativen und Orthodoxen in Deutschland. Die Republikaner
sind die entschiedensten und treuesten Freunde der Union, sie bekämpfen alle
secessionistischen Gelüste, welche die Einheit der Union gefährden; die Demo¬
kraten aber zählen nicht nur alle Secessionisten, alle Feinde der Union zu
ihren Freunden und Anhängern, sondern auch die Ultramontanen. Es ist
deshalb einfach lächerlich, die Demokraten weniger gewissenlos zu nennen,
als die Republikaner. Wohl aber erklärt sich die Sympathie unserer Con-
servativen für die amerikanischen Demokraten. Beide begünstigen den Par¬
tikularismus, beide hassen den Kulturkampf und verbünden sich im Nothfall
Wit den Ultramontanen, die ebenso wenig die Union lieben, wie ein einiges
Und freies Deutschland.

Kürzlich wies die einflußreiche und vielgelesene "New-LorK Iridune"
auf die Thatsache hin, daß die demokratische Partei seit den Zeiten der süd¬
lichen Rebellion die Deutschen gründlich hasse, denn die ,,"Zg.an<za Outeli"
kämpften in ihrer überwiegenden Mehrheit für die Erhaltung der Union
Und gegen die demokratischen Secessionisten. Die "?ribuuk" erinnerte ferner
daran, daß während des Secessionskrieges die Sympathien der deutschen
Nation in Europa für den republikanischen Norden und für die Erhaltung
der Union gewesen seien, während Frankreich und England die demokratische
Rebellion begünstigte; ebenso gedenkt sie des Umstands, daß die republikanische
wartet in ihrer großen Mehrheit während des deutsch-französischen Krieges
auf Seiten Deutschlands stand und die Wiedererstehung des deutschen
Reiches mit Jubel begrüßte, während die demokratische Partei Frankreich den
^>eg wünschte.

In jüngster Zeit müssen übrigens die Zustände in manchen Südstaaten
Union wirklich sehr beklagenswerth gewesen sein. Nicht genug, daß der
Parteifanatismus der südlichen Demokraten das Gesetz mit Füßen trat und
^n Mobregiment, wie im Jahre 1860. in's Leben rief, noch ein schrecklicherer
Umstand trat hinzu -- das gelbe Fieber ist mit einer furchtbaren Wuth
Un Süden ausgebrochen und, wie amerikanische Blätter von Ende September
"Ad Anfangs Oktober melden, nahm diese Seuche um jene Zeit in verheeren-
Weise zu. In Savannah z. B. waren mehr als 2000 Menschen davon
^faßt. in Brunswick im Staate Georgia nicht weniger als 600. Die meiste
Hoffnung auf Rettung setzte man auf das baldige Eintreten der kühleren
Jahreszeit. Ein schöner Zug aber zeigte sich bei dieser Gelegenheit,
^e republikanischen Blätter, welche mit Erbitterung die demokratischen
Südländer bekämpften, appellirten einstimmig an das Humanitätsgefühl des


Grenzboten IV. 1876. 40

Staaten vergleichen, weil beide ausgezeichnet organisirt, aber auch äußerst
gewissenlos seien. Allerdings besteht eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den
genannten Parteien, ebenso wie zwischen den Demokraten in Amerika und
den Ultra-Conservativen und Orthodoxen in Deutschland. Die Republikaner
sind die entschiedensten und treuesten Freunde der Union, sie bekämpfen alle
secessionistischen Gelüste, welche die Einheit der Union gefährden; die Demo¬
kraten aber zählen nicht nur alle Secessionisten, alle Feinde der Union zu
ihren Freunden und Anhängern, sondern auch die Ultramontanen. Es ist
deshalb einfach lächerlich, die Demokraten weniger gewissenlos zu nennen,
als die Republikaner. Wohl aber erklärt sich die Sympathie unserer Con-
servativen für die amerikanischen Demokraten. Beide begünstigen den Par¬
tikularismus, beide hassen den Kulturkampf und verbünden sich im Nothfall
Wit den Ultramontanen, die ebenso wenig die Union lieben, wie ein einiges
Und freies Deutschland.

Kürzlich wies die einflußreiche und vielgelesene „New-LorK Iridune"
auf die Thatsache hin, daß die demokratische Partei seit den Zeiten der süd¬
lichen Rebellion die Deutschen gründlich hasse, denn die ,,«Zg.an<za Outeli"
kämpften in ihrer überwiegenden Mehrheit für die Erhaltung der Union
Und gegen die demokratischen Secessionisten. Die „?ribuuk" erinnerte ferner
daran, daß während des Secessionskrieges die Sympathien der deutschen
Nation in Europa für den republikanischen Norden und für die Erhaltung
der Union gewesen seien, während Frankreich und England die demokratische
Rebellion begünstigte; ebenso gedenkt sie des Umstands, daß die republikanische
wartet in ihrer großen Mehrheit während des deutsch-französischen Krieges
auf Seiten Deutschlands stand und die Wiedererstehung des deutschen
Reiches mit Jubel begrüßte, während die demokratische Partei Frankreich den
^>eg wünschte.

In jüngster Zeit müssen übrigens die Zustände in manchen Südstaaten
Union wirklich sehr beklagenswerth gewesen sein. Nicht genug, daß der
Parteifanatismus der südlichen Demokraten das Gesetz mit Füßen trat und
^n Mobregiment, wie im Jahre 1860. in's Leben rief, noch ein schrecklicherer
Umstand trat hinzu — das gelbe Fieber ist mit einer furchtbaren Wuth
Un Süden ausgebrochen und, wie amerikanische Blätter von Ende September
"Ad Anfangs Oktober melden, nahm diese Seuche um jene Zeit in verheeren-
Weise zu. In Savannah z. B. waren mehr als 2000 Menschen davon
^faßt. in Brunswick im Staate Georgia nicht weniger als 600. Die meiste
Hoffnung auf Rettung setzte man auf das baldige Eintreten der kühleren
Jahreszeit. Ein schöner Zug aber zeigte sich bei dieser Gelegenheit,
^e republikanischen Blätter, welche mit Erbitterung die demokratischen
Südländer bekämpften, appellirten einstimmig an das Humanitätsgefühl des


Grenzboten IV. 1876. 40
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[0317] Staaten vergleichen, weil beide ausgezeichnet organisirt, aber auch äußerst gewissenlos seien. Allerdings besteht eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den genannten Parteien, ebenso wie zwischen den Demokraten in Amerika und den Ultra-Conservativen und Orthodoxen in Deutschland. Die Republikaner sind die entschiedensten und treuesten Freunde der Union, sie bekämpfen alle secessionistischen Gelüste, welche die Einheit der Union gefährden; die Demo¬ kraten aber zählen nicht nur alle Secessionisten, alle Feinde der Union zu ihren Freunden und Anhängern, sondern auch die Ultramontanen. Es ist deshalb einfach lächerlich, die Demokraten weniger gewissenlos zu nennen, als die Republikaner. Wohl aber erklärt sich die Sympathie unserer Con- servativen für die amerikanischen Demokraten. Beide begünstigen den Par¬ tikularismus, beide hassen den Kulturkampf und verbünden sich im Nothfall Wit den Ultramontanen, die ebenso wenig die Union lieben, wie ein einiges Und freies Deutschland. Kürzlich wies die einflußreiche und vielgelesene „New-LorK Iridune" auf die Thatsache hin, daß die demokratische Partei seit den Zeiten der süd¬ lichen Rebellion die Deutschen gründlich hasse, denn die ,,«Zg.an<za Outeli" kämpften in ihrer überwiegenden Mehrheit für die Erhaltung der Union Und gegen die demokratischen Secessionisten. Die „?ribuuk" erinnerte ferner daran, daß während des Secessionskrieges die Sympathien der deutschen Nation in Europa für den republikanischen Norden und für die Erhaltung der Union gewesen seien, während Frankreich und England die demokratische Rebellion begünstigte; ebenso gedenkt sie des Umstands, daß die republikanische wartet in ihrer großen Mehrheit während des deutsch-französischen Krieges auf Seiten Deutschlands stand und die Wiedererstehung des deutschen Reiches mit Jubel begrüßte, während die demokratische Partei Frankreich den ^>eg wünschte. In jüngster Zeit müssen übrigens die Zustände in manchen Südstaaten Union wirklich sehr beklagenswerth gewesen sein. Nicht genug, daß der Parteifanatismus der südlichen Demokraten das Gesetz mit Füßen trat und ^n Mobregiment, wie im Jahre 1860. in's Leben rief, noch ein schrecklicherer Umstand trat hinzu — das gelbe Fieber ist mit einer furchtbaren Wuth Un Süden ausgebrochen und, wie amerikanische Blätter von Ende September "Ad Anfangs Oktober melden, nahm diese Seuche um jene Zeit in verheeren- Weise zu. In Savannah z. B. waren mehr als 2000 Menschen davon ^faßt. in Brunswick im Staate Georgia nicht weniger als 600. Die meiste Hoffnung auf Rettung setzte man auf das baldige Eintreten der kühleren Jahreszeit. Ein schöner Zug aber zeigte sich bei dieser Gelegenheit, ^e republikanischen Blätter, welche mit Erbitterung die demokratischen Südländer bekämpften, appellirten einstimmig an das Humanitätsgefühl des Grenzboten IV. 1876. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/317>, abgerufen am 15.05.2024.