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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Worden, welche durch den Abgeordneten v. Vahl mündlichen Bericht erstattet
hat, so daß von Seiten dieser Commission nur die Abänderungsbeschlüsse zur
Coneursordnung vorliegen.

Der Reichstag wäre demnach in der Lage gewesen, auf Grund der vor¬
liegenden Commissionsarbeiten sofort in die zweite Berathung der Justiz¬
gesetze einzutreten. Der Präsident des Reichstages erklärte indeß als noth¬
wendig, für die laufende Session wiederum eine Justizcommission zu bilden
Zur vorbereitenden Ausgleichung der Differenzen zwischen den Beschlüssen der
bisherigen Commission einerseits und den Wünschen des Bundesraths andrer¬
seits. Es hatte nämlich die Commission das Ergebniß ihrer Arbeiten dem
Bundesrat!) bereits Mitte des vergangenen Sommers vorgelegt. Der
Bundesrath hatte die Commissionsarbeiten seinem Justizausschuß überwiesen,
und zu den Anträgen dieses letzteren kamen die Anträge einzelner Bundes¬
regierungen, aus welchen beiden Reihen von Anträgen der Bundesrath nun¬
wehr ein Ganzes zu machen hatte, um dasselbe vor dem Reichstag gegenüber
der Commission zu behaupten. Es war vielfach der Erwartung Ausdruck
gegeben worden, es möge dem Bundesrath gelingen, vor dem Eintritt des
Reichstags in die zweite Lesung der Justizgesetze ein völliges Einvernehmen
wie der Commission herbeizuführen, dessen Ergebniß der Reichstag alsdann
Wohl unverändert gut geheißen haben würde. Allein um diesen Punkt zu
^reichen, hatte die Zeit bis zum Zusammentritt des Reichstags nicht aus¬
gereicht. Als nun am 3. November der Präsident des Reichstags die
Bildung einer Justizcommission für die laufende Session vorschlug, wurde
aus dem Reichstag sogleich der Wunsch laut, einerseits das Mandat der
bisherigen Commission zu erneuern, andrerseits eine Zusammenstellung der
bon Bundesrath gegenüber den Commissionsbeschlüssen behaupteten Ab¬
weichungen zu erhalten. Diese Zusammenstellung sollte dann der Commission
Basis eines Ausgleichungsversuches dienen, welchen sie zwischen ihren
^gelten Beschlüssen und denen des Bundesrathes dem Reichstag vor dem
Eintritt in die zweite Berathung vorzulegen hätte. Dieses Verfahren konnte
^deß nicht eingeschlagen werden ohne die Zustimmung der Bundesregierungen.
Denn die letzteren waren nicht verpflichtet, ihre Abweichungen von den Com-
Wissionsbeschlüssen anders darzulegen, als im Laufe der paragraphenweisen
Durchberathung der einzelnen Gesetze. Der Bundesbevollmächtigte und
preußische Justizminister Dr. Leonhardt sagte indeß die vorläufige Mittheilung
gesammten Abweichungen des Bundesrathes zu, wobei er bemerkte, daß
^"sichtlich der Coneursordnung die Regierungen sich im völligen Einver¬
nehmen mit den Beschlüssen der betreffenden Commission befänden. Hinsichtlich
ber übrigen Gesetze bemerkte der Bundesbevollmächtigte, daß die Regierungen
zwar bereit seien, den Wünschen des Reichstags durch die vorläufige Mit-


Worden, welche durch den Abgeordneten v. Vahl mündlichen Bericht erstattet
hat, so daß von Seiten dieser Commission nur die Abänderungsbeschlüsse zur
Coneursordnung vorliegen.

Der Reichstag wäre demnach in der Lage gewesen, auf Grund der vor¬
liegenden Commissionsarbeiten sofort in die zweite Berathung der Justiz¬
gesetze einzutreten. Der Präsident des Reichstages erklärte indeß als noth¬
wendig, für die laufende Session wiederum eine Justizcommission zu bilden
Zur vorbereitenden Ausgleichung der Differenzen zwischen den Beschlüssen der
bisherigen Commission einerseits und den Wünschen des Bundesraths andrer¬
seits. Es hatte nämlich die Commission das Ergebniß ihrer Arbeiten dem
Bundesrat!) bereits Mitte des vergangenen Sommers vorgelegt. Der
Bundesrath hatte die Commissionsarbeiten seinem Justizausschuß überwiesen,
und zu den Anträgen dieses letzteren kamen die Anträge einzelner Bundes¬
regierungen, aus welchen beiden Reihen von Anträgen der Bundesrath nun¬
wehr ein Ganzes zu machen hatte, um dasselbe vor dem Reichstag gegenüber
der Commission zu behaupten. Es war vielfach der Erwartung Ausdruck
gegeben worden, es möge dem Bundesrath gelingen, vor dem Eintritt des
Reichstags in die zweite Lesung der Justizgesetze ein völliges Einvernehmen
wie der Commission herbeizuführen, dessen Ergebniß der Reichstag alsdann
Wohl unverändert gut geheißen haben würde. Allein um diesen Punkt zu
^reichen, hatte die Zeit bis zum Zusammentritt des Reichstags nicht aus¬
gereicht. Als nun am 3. November der Präsident des Reichstags die
Bildung einer Justizcommission für die laufende Session vorschlug, wurde
aus dem Reichstag sogleich der Wunsch laut, einerseits das Mandat der
bisherigen Commission zu erneuern, andrerseits eine Zusammenstellung der
bon Bundesrath gegenüber den Commissionsbeschlüssen behaupteten Ab¬
weichungen zu erhalten. Diese Zusammenstellung sollte dann der Commission
Basis eines Ausgleichungsversuches dienen, welchen sie zwischen ihren
^gelten Beschlüssen und denen des Bundesrathes dem Reichstag vor dem
Eintritt in die zweite Berathung vorzulegen hätte. Dieses Verfahren konnte
^deß nicht eingeschlagen werden ohne die Zustimmung der Bundesregierungen.
Denn die letzteren waren nicht verpflichtet, ihre Abweichungen von den Com-
Wissionsbeschlüssen anders darzulegen, als im Laufe der paragraphenweisen
Durchberathung der einzelnen Gesetze. Der Bundesbevollmächtigte und
preußische Justizminister Dr. Leonhardt sagte indeß die vorläufige Mittheilung
gesammten Abweichungen des Bundesrathes zu, wobei er bemerkte, daß
^«sichtlich der Coneursordnung die Regierungen sich im völligen Einver¬
nehmen mit den Beschlüssen der betreffenden Commission befänden. Hinsichtlich
ber übrigen Gesetze bemerkte der Bundesbevollmächtigte, daß die Regierungen
zwar bereit seien, den Wünschen des Reichstags durch die vorläufige Mit-


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[0319] Worden, welche durch den Abgeordneten v. Vahl mündlichen Bericht erstattet hat, so daß von Seiten dieser Commission nur die Abänderungsbeschlüsse zur Coneursordnung vorliegen. Der Reichstag wäre demnach in der Lage gewesen, auf Grund der vor¬ liegenden Commissionsarbeiten sofort in die zweite Berathung der Justiz¬ gesetze einzutreten. Der Präsident des Reichstages erklärte indeß als noth¬ wendig, für die laufende Session wiederum eine Justizcommission zu bilden Zur vorbereitenden Ausgleichung der Differenzen zwischen den Beschlüssen der bisherigen Commission einerseits und den Wünschen des Bundesraths andrer¬ seits. Es hatte nämlich die Commission das Ergebniß ihrer Arbeiten dem Bundesrat!) bereits Mitte des vergangenen Sommers vorgelegt. Der Bundesrath hatte die Commissionsarbeiten seinem Justizausschuß überwiesen, und zu den Anträgen dieses letzteren kamen die Anträge einzelner Bundes¬ regierungen, aus welchen beiden Reihen von Anträgen der Bundesrath nun¬ wehr ein Ganzes zu machen hatte, um dasselbe vor dem Reichstag gegenüber der Commission zu behaupten. Es war vielfach der Erwartung Ausdruck gegeben worden, es möge dem Bundesrath gelingen, vor dem Eintritt des Reichstags in die zweite Lesung der Justizgesetze ein völliges Einvernehmen wie der Commission herbeizuführen, dessen Ergebniß der Reichstag alsdann Wohl unverändert gut geheißen haben würde. Allein um diesen Punkt zu ^reichen, hatte die Zeit bis zum Zusammentritt des Reichstags nicht aus¬ gereicht. Als nun am 3. November der Präsident des Reichstags die Bildung einer Justizcommission für die laufende Session vorschlug, wurde aus dem Reichstag sogleich der Wunsch laut, einerseits das Mandat der bisherigen Commission zu erneuern, andrerseits eine Zusammenstellung der bon Bundesrath gegenüber den Commissionsbeschlüssen behaupteten Ab¬ weichungen zu erhalten. Diese Zusammenstellung sollte dann der Commission Basis eines Ausgleichungsversuches dienen, welchen sie zwischen ihren ^gelten Beschlüssen und denen des Bundesrathes dem Reichstag vor dem Eintritt in die zweite Berathung vorzulegen hätte. Dieses Verfahren konnte ^deß nicht eingeschlagen werden ohne die Zustimmung der Bundesregierungen. Denn die letzteren waren nicht verpflichtet, ihre Abweichungen von den Com- Wissionsbeschlüssen anders darzulegen, als im Laufe der paragraphenweisen Durchberathung der einzelnen Gesetze. Der Bundesbevollmächtigte und preußische Justizminister Dr. Leonhardt sagte indeß die vorläufige Mittheilung gesammten Abweichungen des Bundesrathes zu, wobei er bemerkte, daß ^«sichtlich der Coneursordnung die Regierungen sich im völligen Einver¬ nehmen mit den Beschlüssen der betreffenden Commission befänden. Hinsichtlich ber übrigen Gesetze bemerkte der Bundesbevollmächtigte, daß die Regierungen zwar bereit seien, den Wünschen des Reichstags durch die vorläufige Mit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/319>, abgerufen am 15.05.2024.