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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Verblendung des Zornes verletzten Selbstgefühls mißversteht uns der Ver¬
fasser, in hastiger Hitze übersieht er wesentliche Dinge, legt er uns Aeußerungen
in den Mund, die wir nicht nur nicht gethan, sondern ausdrücklich, wenn
auch nicht gerade in dem ehrfurchtsvollen Tone, welchen Herr M. im Be¬
wußtsein seiner Bedeutung und seines Einflusses erwarten mochte, abgelehnt
haben, vergißt er bisweilen die gewohnte und ihn so schön kleidende Würde,
um sich in Schimpfreden zu ergehen.

Ein Mißverständniß irritirten Verstandes z. B. ist es, wenn Herr M.
in den Schlußworten unseres Aufsatzes über die Promotionen uns die Be¬
hauptung aufstellen läßt, er "habe mit seinem Auftreten gegen gewisse Formen
der Doctorpromotion seinen persönlichen Vortheil im Auge." Das würde
in der That nicht blos "lächerlich", sondern nahezu unbegreiflich von uns ge¬
wesen sein. Aber wir haben daran nicht entfernt gedacht. Wir fragten:
"Sollte bei den Unwahrheiten, welche der Artikel der Pr. Jahrb. über die
Jenenser brachte, außer der moralischen Entrüstung und dem Reformato¬
reneifer über gewisse Ungehörigkeiten etwa auch noch -- etwas xro äomo mit
untergelaufen sein?" Was wir damit in Wirklichkeit vermutheten, ist uns
auch jetzt noch nicht erlaubt zu sagen. Einige Leser werden gerathen haben,
daß uns bei dem pro äomo u. A. eine vorzüglich durch Herrschaft einer ge¬
wissen Clique heruntergebrachte Universität vorgeschwebt habe. Wir schweigen
dazu, aber die Zeit zum Reden wird kommen, und dann wird man unsre Aus¬
führung durchaus nicht "lächerlich" und noch weniger "gleichgültig" finden.
Sie wird die Form der Vermuthung dann nicht beibehalten.

Zu den wesentlichen Dingen, welche Herr M. in seiner Ueberreiztheit
übersieht, gehören namentlich unsere Anführungszeichen, die für ihn gar nicht
zu existiren scheinen. Infolge dessen meint er wiederholt, uns in die Schuhe
schieben zu dürfen, was andrer Leute Leistung ist. Ja die Verblendung und
Verwirrung geht so weit, daß sie nicht blos uns. sondern auch diesen Andern
die Worte im Munde verdreht, wo es dann freilich erklärlich wird, wenn der
Abwehrende Pfui ruft, von Jnvectiven und Injurien irre redet, "Gift" und
"Schmutz" erblickt und Herrn Bergl's Angriffe geschmackvoll und "getrost dem
eignen Verwesungsprocesse überlassen zu können" wähnt. Es widersteht uns,
von diesen Unsauberkeiten zu sprechen, doch mag das Aergste, was Herrn M.
hier passirt ist, kurz erwähnt werden. S. 415 wirft er uns entrüstet vor,
von einem Kammerdiener Mommsen gesprochen zu haben, während weder
dieses Blatt noch überhaupt jemand dieses Wort gebraucht und Herr Bergl
nur auf einen Kammerjunker Mommsen angespielt hat, wir aber auch
diesen weit milderen Ausdruck sofort in einer Einschaltung als nicht recht passend
bezeichnet haben. "Wie soll man also jenen Vorwurf charaeteristren?" Wirklich
blos als Hallucination der äußersten fiebernden Aufgebrachtheit? Oder wäre


Verblendung des Zornes verletzten Selbstgefühls mißversteht uns der Ver¬
fasser, in hastiger Hitze übersieht er wesentliche Dinge, legt er uns Aeußerungen
in den Mund, die wir nicht nur nicht gethan, sondern ausdrücklich, wenn
auch nicht gerade in dem ehrfurchtsvollen Tone, welchen Herr M. im Be¬
wußtsein seiner Bedeutung und seines Einflusses erwarten mochte, abgelehnt
haben, vergißt er bisweilen die gewohnte und ihn so schön kleidende Würde,
um sich in Schimpfreden zu ergehen.

Ein Mißverständniß irritirten Verstandes z. B. ist es, wenn Herr M.
in den Schlußworten unseres Aufsatzes über die Promotionen uns die Be¬
hauptung aufstellen läßt, er „habe mit seinem Auftreten gegen gewisse Formen
der Doctorpromotion seinen persönlichen Vortheil im Auge." Das würde
in der That nicht blos „lächerlich", sondern nahezu unbegreiflich von uns ge¬
wesen sein. Aber wir haben daran nicht entfernt gedacht. Wir fragten:
„Sollte bei den Unwahrheiten, welche der Artikel der Pr. Jahrb. über die
Jenenser brachte, außer der moralischen Entrüstung und dem Reformato¬
reneifer über gewisse Ungehörigkeiten etwa auch noch — etwas xro äomo mit
untergelaufen sein?" Was wir damit in Wirklichkeit vermutheten, ist uns
auch jetzt noch nicht erlaubt zu sagen. Einige Leser werden gerathen haben,
daß uns bei dem pro äomo u. A. eine vorzüglich durch Herrschaft einer ge¬
wissen Clique heruntergebrachte Universität vorgeschwebt habe. Wir schweigen
dazu, aber die Zeit zum Reden wird kommen, und dann wird man unsre Aus¬
führung durchaus nicht „lächerlich" und noch weniger „gleichgültig" finden.
Sie wird die Form der Vermuthung dann nicht beibehalten.

Zu den wesentlichen Dingen, welche Herr M. in seiner Ueberreiztheit
übersieht, gehören namentlich unsere Anführungszeichen, die für ihn gar nicht
zu existiren scheinen. Infolge dessen meint er wiederholt, uns in die Schuhe
schieben zu dürfen, was andrer Leute Leistung ist. Ja die Verblendung und
Verwirrung geht so weit, daß sie nicht blos uns. sondern auch diesen Andern
die Worte im Munde verdreht, wo es dann freilich erklärlich wird, wenn der
Abwehrende Pfui ruft, von Jnvectiven und Injurien irre redet, „Gift" und
„Schmutz" erblickt und Herrn Bergl's Angriffe geschmackvoll und „getrost dem
eignen Verwesungsprocesse überlassen zu können" wähnt. Es widersteht uns,
von diesen Unsauberkeiten zu sprechen, doch mag das Aergste, was Herrn M.
hier passirt ist, kurz erwähnt werden. S. 415 wirft er uns entrüstet vor,
von einem Kammerdiener Mommsen gesprochen zu haben, während weder
dieses Blatt noch überhaupt jemand dieses Wort gebraucht und Herr Bergl
nur auf einen Kammerjunker Mommsen angespielt hat, wir aber auch
diesen weit milderen Ausdruck sofort in einer Einschaltung als nicht recht passend
bezeichnet haben. „Wie soll man also jenen Vorwurf charaeteristren?" Wirklich
blos als Hallucination der äußersten fiebernden Aufgebrachtheit? Oder wäre


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/42>, abgerufen am 15.05.2024.