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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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in größtem Folio -- begleitet von einem erläuternden Texte von C. An¬
dreas --wohl zunächst bestimmt ist, eine Reiseerinnerung für die kunstsinnige
Fürstin zu bilden, daneben aber auch, wie schon die berechnete Ergänzung der
Publication durch die Kunstdenkmäler der nicht mehr dem Erzgebirge ange-
hörigen Städte Rochlitz und Wechselburg beweist, mit dem entschiedenen An¬
spruch einer kunstwissenschaftlicher Leistung hervortritt. Prüfen wir, ob es
ein Recht auf diesen letzteren Anspruch hat.

Was die Abbildungen betrifft, so stehen dieselben technisch auffälliger
Weise etwas hinter dem zurück, was man sonst von der Lichtdruckpresse von
Römmler und Jonas zu sehen gewöhnt ist: die photographische Aufnahme
hat, in vielen Fällen ein etwas mattes, umschleiertes Bild gegeben. Doch
muß man billig sein und bei der Beurtheilung die mannigfachen Schwierig¬
keiten in Anschlag bringen, die namentlich der Aufnahme von Innenräumen
die spärliche Beleuchtung gar oft entgegengesetzt haben mag, und die nur
ausnahmsweise bei Objecten von mäßigem Umfang, z. B. bei der "Schönen
Pforte" im Innern der Kirche von Annaberg, durch künstliche Beleuchtung
überwunden worden zu sein scheinen. Man wird bereitwillig über diese tech¬
nischen Mängel hinwegsehen, wenn man berücksichtigt, was hier geboten wird.
Von dem Sculvturenschmuck der "Goldner Pforte" am Dom zu Freiberg
und der Kirche in Wechselburg sehen wir hier zum ersten Male getreue und
zuverlässige Darstellungen, auf die bei kunstgeschichtlichen Studien, namentlich
bei der Beantwortung der subtilen stilistischen Fragen, die es hier noch
lösen giebt, sich endlich mit einiger Sicherheit fußen läßt. Gypsabgüsse sind
von diesen Bildwerken bisher nicht genommen worden. Das Tympanon der
"Goldner Pforte" ist vor einiger Zeit zwar abgeformt, der Abguß aber bis
zur Stunde aus irgend welchen geheimnißvollen Gründen noch nicht verbreitet
worden. Von der berühmten "Kreuzgruppe" in Wechselburg sind ganz
neuerdings gelegentlich einer Restauration derselben die ersten Gypsabgüsse
für Museen hergegeben worden. Im Uebrigen war man für das Studium
dieser wichtigen Denkmäler noch immer auf die sehr wenig stilgetreuen Zeich'
nungen angewiesen, die Puttrich vor nunmehr vierzig Jahren in seinen "Denb
Malern der Baukunst des Mtttelalters in Sachsen" veröffentlicht hatte. D'e
messingenen Grabplatten im Dom zu Freiberg wurden 1866 sämmtlich ^
Selbstabdrücken in Originalgröße herausgegeben; nach diesen wurden an"h
verkleinerte Photographieen gefertigt, und ebenso scheinen die beiden im vor'
liegenden Werke gegebenen Proben auf jene Originaldrucke zurückzugehen'


Auf Anregung und unter dem Protectorate Ihrer Majestät der Königin Carola von Sa^'
herausgegeben. Unter artistischer Leitung von Carl Andreae. Dresden, G. Gilbers, ^

in größtem Folio — begleitet von einem erläuternden Texte von C. An¬
dreas —wohl zunächst bestimmt ist, eine Reiseerinnerung für die kunstsinnige
Fürstin zu bilden, daneben aber auch, wie schon die berechnete Ergänzung der
Publication durch die Kunstdenkmäler der nicht mehr dem Erzgebirge ange-
hörigen Städte Rochlitz und Wechselburg beweist, mit dem entschiedenen An¬
spruch einer kunstwissenschaftlicher Leistung hervortritt. Prüfen wir, ob es
ein Recht auf diesen letzteren Anspruch hat.

Was die Abbildungen betrifft, so stehen dieselben technisch auffälliger
Weise etwas hinter dem zurück, was man sonst von der Lichtdruckpresse von
Römmler und Jonas zu sehen gewöhnt ist: die photographische Aufnahme
hat, in vielen Fällen ein etwas mattes, umschleiertes Bild gegeben. Doch
muß man billig sein und bei der Beurtheilung die mannigfachen Schwierig¬
keiten in Anschlag bringen, die namentlich der Aufnahme von Innenräumen
die spärliche Beleuchtung gar oft entgegengesetzt haben mag, und die nur
ausnahmsweise bei Objecten von mäßigem Umfang, z. B. bei der „Schönen
Pforte" im Innern der Kirche von Annaberg, durch künstliche Beleuchtung
überwunden worden zu sein scheinen. Man wird bereitwillig über diese tech¬
nischen Mängel hinwegsehen, wenn man berücksichtigt, was hier geboten wird.
Von dem Sculvturenschmuck der „Goldner Pforte" am Dom zu Freiberg
und der Kirche in Wechselburg sehen wir hier zum ersten Male getreue und
zuverlässige Darstellungen, auf die bei kunstgeschichtlichen Studien, namentlich
bei der Beantwortung der subtilen stilistischen Fragen, die es hier noch
lösen giebt, sich endlich mit einiger Sicherheit fußen läßt. Gypsabgüsse sind
von diesen Bildwerken bisher nicht genommen worden. Das Tympanon der
„Goldner Pforte" ist vor einiger Zeit zwar abgeformt, der Abguß aber bis
zur Stunde aus irgend welchen geheimnißvollen Gründen noch nicht verbreitet
worden. Von der berühmten „Kreuzgruppe" in Wechselburg sind ganz
neuerdings gelegentlich einer Restauration derselben die ersten Gypsabgüsse
für Museen hergegeben worden. Im Uebrigen war man für das Studium
dieser wichtigen Denkmäler noch immer auf die sehr wenig stilgetreuen Zeich'
nungen angewiesen, die Puttrich vor nunmehr vierzig Jahren in seinen „Denb
Malern der Baukunst des Mtttelalters in Sachsen" veröffentlicht hatte. D'e
messingenen Grabplatten im Dom zu Freiberg wurden 1866 sämmtlich ^
Selbstabdrücken in Originalgröße herausgegeben; nach diesen wurden an«h
verkleinerte Photographieen gefertigt, und ebenso scheinen die beiden im vor'
liegenden Werke gegebenen Proben auf jene Originaldrucke zurückzugehen'


Auf Anregung und unter dem Protectorate Ihrer Majestät der Königin Carola von Sa^'
herausgegeben. Unter artistischer Leitung von Carl Andreae. Dresden, G. Gilbers, ^
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[0464] in größtem Folio — begleitet von einem erläuternden Texte von C. An¬ dreas —wohl zunächst bestimmt ist, eine Reiseerinnerung für die kunstsinnige Fürstin zu bilden, daneben aber auch, wie schon die berechnete Ergänzung der Publication durch die Kunstdenkmäler der nicht mehr dem Erzgebirge ange- hörigen Städte Rochlitz und Wechselburg beweist, mit dem entschiedenen An¬ spruch einer kunstwissenschaftlicher Leistung hervortritt. Prüfen wir, ob es ein Recht auf diesen letzteren Anspruch hat. Was die Abbildungen betrifft, so stehen dieselben technisch auffälliger Weise etwas hinter dem zurück, was man sonst von der Lichtdruckpresse von Römmler und Jonas zu sehen gewöhnt ist: die photographische Aufnahme hat, in vielen Fällen ein etwas mattes, umschleiertes Bild gegeben. Doch muß man billig sein und bei der Beurtheilung die mannigfachen Schwierig¬ keiten in Anschlag bringen, die namentlich der Aufnahme von Innenräumen die spärliche Beleuchtung gar oft entgegengesetzt haben mag, und die nur ausnahmsweise bei Objecten von mäßigem Umfang, z. B. bei der „Schönen Pforte" im Innern der Kirche von Annaberg, durch künstliche Beleuchtung überwunden worden zu sein scheinen. Man wird bereitwillig über diese tech¬ nischen Mängel hinwegsehen, wenn man berücksichtigt, was hier geboten wird. Von dem Sculvturenschmuck der „Goldner Pforte" am Dom zu Freiberg und der Kirche in Wechselburg sehen wir hier zum ersten Male getreue und zuverlässige Darstellungen, auf die bei kunstgeschichtlichen Studien, namentlich bei der Beantwortung der subtilen stilistischen Fragen, die es hier noch lösen giebt, sich endlich mit einiger Sicherheit fußen läßt. Gypsabgüsse sind von diesen Bildwerken bisher nicht genommen worden. Das Tympanon der „Goldner Pforte" ist vor einiger Zeit zwar abgeformt, der Abguß aber bis zur Stunde aus irgend welchen geheimnißvollen Gründen noch nicht verbreitet worden. Von der berühmten „Kreuzgruppe" in Wechselburg sind ganz neuerdings gelegentlich einer Restauration derselben die ersten Gypsabgüsse für Museen hergegeben worden. Im Uebrigen war man für das Studium dieser wichtigen Denkmäler noch immer auf die sehr wenig stilgetreuen Zeich' nungen angewiesen, die Puttrich vor nunmehr vierzig Jahren in seinen „Denb Malern der Baukunst des Mtttelalters in Sachsen" veröffentlicht hatte. D'e messingenen Grabplatten im Dom zu Freiberg wurden 1866 sämmtlich ^ Selbstabdrücken in Originalgröße herausgegeben; nach diesen wurden an«h verkleinerte Photographieen gefertigt, und ebenso scheinen die beiden im vor' liegenden Werke gegebenen Proben auf jene Originaldrucke zurückzugehen' Auf Anregung und unter dem Protectorate Ihrer Majestät der Königin Carola von Sa^' herausgegeben. Unter artistischer Leitung von Carl Andreae. Dresden, G. Gilbers, ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/464>, abgerufen am 15.05.2024.