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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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im Zusammenhange stehen; nur der sehr wichtigen längs dem Indus fortlaufen¬
den Bahn fehlt noch ein Stück zur Herstellung des vollendeten Zusammen¬
hanges. Der Haupt-Knotenpunkt ist Bombay, der Hafen für die
von England kommenden Transporte. Die britischen Truppen sind in Kaserne-
ments untergebracht, die eingebornen haben kleine, lagerartig geordnete Bar¬
racken inne. Verschiedene Uebungslager sind für beide Kategorien der Truppen
errichtet. Für die britischen Truppen sind mit Rücksicht auf das unerträgliche
Klima verschiedene Gesnndheits-Stationen (IM sa,r>iturig,) an den Berghängen
in gesunder Luft angelegt, welche eine beträchtliche Zahl Reconvalescenten auf¬
zunehmen vermögen.

Für die Befestigung des Hafens von Bombay und die Einfahrt
nach Calcutta ist in letzter Zeit Verschiedenes geschehen, in Bombay sind
außerdem speziell sür den Zweck der Hafen-Vertheidigung 2 Monitors stationirt.

Ziehen wir nun zunächst einResum6, wie sich die englischen Macht¬
verhältnisse den indischen Unterthanen gegenüber gestalten.

Die Regierung ist sichtlich bemüht, die materielle und geistige Kultur des
Landes zu fördern und sieht ihre Bestrebungen mit Erfolg gekrönt. Der
Wohlstand des Landes ist im Steigen begriffen, gleichzeitig anch
die Einnahmen der Regierung, so daß das letzte Finanz-Jahr nur ein Deficit
von 3,794,000 L. aufweist, während dasselbe im Vorjahre 5,346,044 L. betrug.
Zu den Ausgaben trat noch ein ganz unvorhergesehener Posten, nämlich die auf
8,860,000 L. berechneten Kosten der Hungers noth. Den besten Beweis für
den guten Stand der indischen Finanzen giebt nach der Meinung des Unter-
Staats-Secretairs des indischen Amtes der Umstand, daß der Credit der in¬
dischen Regierung ein besserer sei, als derjenige des Mutterlandes. Eine Er¬
höhung des Budgets hat nicht stattgefunden, der Mehrbedarf wird theils durch
eine zum großen Theil in Indien selbst zu eontrahirende Anleihe, theils durch
die Contribution zweier Fürsten für die in ihrem Lande anzulegende Eisen¬
bahn gedeckt.

In gleicher Weise sucht die Regierung die Bildung des Volkes
wie die der indischen Vornehmen zu fordern und ihnen den
Weg zu allen Lebenszweigen und Aemtern zu eröffnen. So
werden die Jndier, lange geknechtet durch fremde und einheimische Herrscher,
allmählich zu einem Bewußtsein eignen Könnens geführt und zu einer gedeih¬
lichen Theilnahme an der Verwaltung des Landes herangebildet. Doch dies
Resultat kann ebenso gut eine Stütze, wie eine Gefahr für die englische Herr¬
schaft werden. Es fragt sich, ob es möglich sein wird, sich die Jndier so zu
assimiliren, daß sie sich nur noch als Mitglieder des großen britischen Reiches
fühlen, oder ob vielleicht anstatt dessen gerade mit der Bildung ihnen ein bis-


im Zusammenhange stehen; nur der sehr wichtigen längs dem Indus fortlaufen¬
den Bahn fehlt noch ein Stück zur Herstellung des vollendeten Zusammen¬
hanges. Der Haupt-Knotenpunkt ist Bombay, der Hafen für die
von England kommenden Transporte. Die britischen Truppen sind in Kaserne-
ments untergebracht, die eingebornen haben kleine, lagerartig geordnete Bar¬
racken inne. Verschiedene Uebungslager sind für beide Kategorien der Truppen
errichtet. Für die britischen Truppen sind mit Rücksicht auf das unerträgliche
Klima verschiedene Gesnndheits-Stationen (IM sa,r>iturig,) an den Berghängen
in gesunder Luft angelegt, welche eine beträchtliche Zahl Reconvalescenten auf¬
zunehmen vermögen.

Für die Befestigung des Hafens von Bombay und die Einfahrt
nach Calcutta ist in letzter Zeit Verschiedenes geschehen, in Bombay sind
außerdem speziell sür den Zweck der Hafen-Vertheidigung 2 Monitors stationirt.

Ziehen wir nun zunächst einResum6, wie sich die englischen Macht¬
verhältnisse den indischen Unterthanen gegenüber gestalten.

Die Regierung ist sichtlich bemüht, die materielle und geistige Kultur des
Landes zu fördern und sieht ihre Bestrebungen mit Erfolg gekrönt. Der
Wohlstand des Landes ist im Steigen begriffen, gleichzeitig anch
die Einnahmen der Regierung, so daß das letzte Finanz-Jahr nur ein Deficit
von 3,794,000 L. aufweist, während dasselbe im Vorjahre 5,346,044 L. betrug.
Zu den Ausgaben trat noch ein ganz unvorhergesehener Posten, nämlich die auf
8,860,000 L. berechneten Kosten der Hungers noth. Den besten Beweis für
den guten Stand der indischen Finanzen giebt nach der Meinung des Unter-
Staats-Secretairs des indischen Amtes der Umstand, daß der Credit der in¬
dischen Regierung ein besserer sei, als derjenige des Mutterlandes. Eine Er¬
höhung des Budgets hat nicht stattgefunden, der Mehrbedarf wird theils durch
eine zum großen Theil in Indien selbst zu eontrahirende Anleihe, theils durch
die Contribution zweier Fürsten für die in ihrem Lande anzulegende Eisen¬
bahn gedeckt.

In gleicher Weise sucht die Regierung die Bildung des Volkes
wie die der indischen Vornehmen zu fordern und ihnen den
Weg zu allen Lebenszweigen und Aemtern zu eröffnen. So
werden die Jndier, lange geknechtet durch fremde und einheimische Herrscher,
allmählich zu einem Bewußtsein eignen Könnens geführt und zu einer gedeih¬
lichen Theilnahme an der Verwaltung des Landes herangebildet. Doch dies
Resultat kann ebenso gut eine Stütze, wie eine Gefahr für die englische Herr¬
schaft werden. Es fragt sich, ob es möglich sein wird, sich die Jndier so zu
assimiliren, daß sie sich nur noch als Mitglieder des großen britischen Reiches
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/250>, abgerufen am 21.05.2024.