Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorschlügen vorbehalten -- nach keiner Seite hin unbillig betastenden Weise
ergänzt und fortbildet.

Es wurde der Einwand erhoben, die Zeit, seit welcher das Reichsgesetz
über den Unterstützungswohnsitz in Wirksamkeit ist, sei zu kurz, als daß jetzt
schou ein sicherer Schluß auf die Wirkungen desselben gezogen werden konnte,
es sei rathsam abzuwarten, bis bezüglich der durch abnorme Verhältnisse
veranlaßten Fluktuation der arbeitenden Bevölkerung (im engeren Sinn des
Wortes) sich wieder mehr eine ausgleichende Wirkung vollzogen habe. Auch
hat mal: das Beibringen genauen, statistischen Materials über die Bewegung
der Bevölkerung, über die von der öffentlichen Armenpflege aufgewendeten
Summen, über die Vertheilnng des Aufwands nach den einzelnen Kategorien
der Unterstützten u. s. w. vermißt. Endlich hat man gemeint, es sollte, "auch
innerhalb des Reichs" mehr der Grundsatz festgehalten werden, "ein einmal
erlassenes Gesetz zunächst in seinen Wirkungen sich ruhig entwickeln zu lassen,
statt sofort, wenn ein Maugel sich zeigen sollte, mit einer Gesetzesabänderung
oder mit einem neuen Gesetze zur Hand zu sein." Was den letzteren Punkt
dieser Ausführungen der "Karlsr. Ztg." anlangt, so trifft diese Warnung in
vorliegendem Falle uicht zu, denn von einem neuen Gesetze ist nirgends die
Rede. Die sämmtlichen übrigen Bedenken aber möchten sich einfach dnrch den
Hinweis darauf erledigen, daß keine einzige Aenderung bezw. Ergänzung in
Aussicht genommen ist, als nur solche, welche mit den Grundprinzipien des
Unterstützungswohnsitzgesetzes im Einklang stehen und dieselben gesetzgeberisch
weiter bilden, so daß also nicht das Geringste, was prinzipiell nen wäre, in's
Leben treten soll und daß sich keine Wirkungen ergeben können, welche nicht
mit annähernder Deutlichkeit voraus erkennbar wären. Wollte man prinzipiell
Neues einführen, so würden auch wir der Politik des Stillstandes das Wort
reden. So aber glauben wir uns für die Inangriffnahme der Gesetzänderung
aussprechen zu können, ohne befürchten zu müssen, daß man uns als Ver¬
theidiger einer "Gesetzesfabrikativu" verdächtigen werde.




Line neue Schrift über den Prozeß Arnim.

Nachdem der frühere Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, Graf
Harry von Arnim, rechtskräftig zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt ist, alle
Zeitungen wochenlang von dem Sensationsstoff, den sein Prozeß bot, gelebt
haben, und zudem die stenographischen Berichte über den nämlichen Prozeß


Vorschlügen vorbehalten — nach keiner Seite hin unbillig betastenden Weise
ergänzt und fortbildet.

Es wurde der Einwand erhoben, die Zeit, seit welcher das Reichsgesetz
über den Unterstützungswohnsitz in Wirksamkeit ist, sei zu kurz, als daß jetzt
schou ein sicherer Schluß auf die Wirkungen desselben gezogen werden konnte,
es sei rathsam abzuwarten, bis bezüglich der durch abnorme Verhältnisse
veranlaßten Fluktuation der arbeitenden Bevölkerung (im engeren Sinn des
Wortes) sich wieder mehr eine ausgleichende Wirkung vollzogen habe. Auch
hat mal: das Beibringen genauen, statistischen Materials über die Bewegung
der Bevölkerung, über die von der öffentlichen Armenpflege aufgewendeten
Summen, über die Vertheilnng des Aufwands nach den einzelnen Kategorien
der Unterstützten u. s. w. vermißt. Endlich hat man gemeint, es sollte, „auch
innerhalb des Reichs" mehr der Grundsatz festgehalten werden, „ein einmal
erlassenes Gesetz zunächst in seinen Wirkungen sich ruhig entwickeln zu lassen,
statt sofort, wenn ein Maugel sich zeigen sollte, mit einer Gesetzesabänderung
oder mit einem neuen Gesetze zur Hand zu sein." Was den letzteren Punkt
dieser Ausführungen der „Karlsr. Ztg." anlangt, so trifft diese Warnung in
vorliegendem Falle uicht zu, denn von einem neuen Gesetze ist nirgends die
Rede. Die sämmtlichen übrigen Bedenken aber möchten sich einfach dnrch den
Hinweis darauf erledigen, daß keine einzige Aenderung bezw. Ergänzung in
Aussicht genommen ist, als nur solche, welche mit den Grundprinzipien des
Unterstützungswohnsitzgesetzes im Einklang stehen und dieselben gesetzgeberisch
weiter bilden, so daß also nicht das Geringste, was prinzipiell nen wäre, in's
Leben treten soll und daß sich keine Wirkungen ergeben können, welche nicht
mit annähernder Deutlichkeit voraus erkennbar wären. Wollte man prinzipiell
Neues einführen, so würden auch wir der Politik des Stillstandes das Wort
reden. So aber glauben wir uns für die Inangriffnahme der Gesetzänderung
aussprechen zu können, ohne befürchten zu müssen, daß man uns als Ver¬
theidiger einer „Gesetzesfabrikativu" verdächtigen werde.




Line neue Schrift über den Prozeß Arnim.

Nachdem der frühere Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, Graf
Harry von Arnim, rechtskräftig zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt ist, alle
Zeitungen wochenlang von dem Sensationsstoff, den sein Prozeß bot, gelebt
haben, und zudem die stenographischen Berichte über den nämlichen Prozeß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138872"/>
            <p xml:id="ID_295" prev="#ID_294"> Vorschlügen vorbehalten &#x2014; nach keiner Seite hin unbillig betastenden Weise<lb/>
ergänzt und fortbildet.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_296"> Es wurde der Einwand erhoben, die Zeit, seit welcher das Reichsgesetz<lb/>
über den Unterstützungswohnsitz in Wirksamkeit ist, sei zu kurz, als daß jetzt<lb/>
schou ein sicherer Schluß auf die Wirkungen desselben gezogen werden konnte,<lb/>
es sei rathsam abzuwarten, bis bezüglich der durch abnorme Verhältnisse<lb/>
veranlaßten Fluktuation der arbeitenden Bevölkerung (im engeren Sinn des<lb/>
Wortes) sich wieder mehr eine ausgleichende Wirkung vollzogen habe. Auch<lb/>
hat mal: das Beibringen genauen, statistischen Materials über die Bewegung<lb/>
der Bevölkerung, über die von der öffentlichen Armenpflege aufgewendeten<lb/>
Summen, über die Vertheilnng des Aufwands nach den einzelnen Kategorien<lb/>
der Unterstützten u. s. w. vermißt. Endlich hat man gemeint, es sollte, &#x201E;auch<lb/>
innerhalb des Reichs" mehr der Grundsatz festgehalten werden, &#x201E;ein einmal<lb/>
erlassenes Gesetz zunächst in seinen Wirkungen sich ruhig entwickeln zu lassen,<lb/>
statt sofort, wenn ein Maugel sich zeigen sollte, mit einer Gesetzesabänderung<lb/>
oder mit einem neuen Gesetze zur Hand zu sein." Was den letzteren Punkt<lb/>
dieser Ausführungen der &#x201E;Karlsr. Ztg." anlangt, so trifft diese Warnung in<lb/>
vorliegendem Falle uicht zu, denn von einem neuen Gesetze ist nirgends die<lb/>
Rede. Die sämmtlichen übrigen Bedenken aber möchten sich einfach dnrch den<lb/>
Hinweis darauf erledigen, daß keine einzige Aenderung bezw. Ergänzung in<lb/>
Aussicht genommen ist, als nur solche, welche mit den Grundprinzipien des<lb/>
Unterstützungswohnsitzgesetzes im Einklang stehen und dieselben gesetzgeberisch<lb/>
weiter bilden, so daß also nicht das Geringste, was prinzipiell nen wäre, in's<lb/>
Leben treten soll und daß sich keine Wirkungen ergeben können, welche nicht<lb/>
mit annähernder Deutlichkeit voraus erkennbar wären. Wollte man prinzipiell<lb/>
Neues einführen, so würden auch wir der Politik des Stillstandes das Wort<lb/>
reden. So aber glauben wir uns für die Inangriffnahme der Gesetzänderung<lb/>
aussprechen zu können, ohne befürchten zu müssen, daß man uns als Ver¬<lb/>
theidiger einer &#x201E;Gesetzesfabrikativu" verdächtigen werde.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Line neue Schrift über den Prozeß Arnim.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_297" next="#ID_298"> Nachdem der frühere Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, Graf<lb/>
Harry von Arnim, rechtskräftig zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt ist, alle<lb/>
Zeitungen wochenlang von dem Sensationsstoff, den sein Prozeß bot, gelebt<lb/>
haben, und zudem die stenographischen Berichte über den nämlichen Prozeß</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0113] Vorschlügen vorbehalten — nach keiner Seite hin unbillig betastenden Weise ergänzt und fortbildet. Es wurde der Einwand erhoben, die Zeit, seit welcher das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz in Wirksamkeit ist, sei zu kurz, als daß jetzt schou ein sicherer Schluß auf die Wirkungen desselben gezogen werden konnte, es sei rathsam abzuwarten, bis bezüglich der durch abnorme Verhältnisse veranlaßten Fluktuation der arbeitenden Bevölkerung (im engeren Sinn des Wortes) sich wieder mehr eine ausgleichende Wirkung vollzogen habe. Auch hat mal: das Beibringen genauen, statistischen Materials über die Bewegung der Bevölkerung, über die von der öffentlichen Armenpflege aufgewendeten Summen, über die Vertheilnng des Aufwands nach den einzelnen Kategorien der Unterstützten u. s. w. vermißt. Endlich hat man gemeint, es sollte, „auch innerhalb des Reichs" mehr der Grundsatz festgehalten werden, „ein einmal erlassenes Gesetz zunächst in seinen Wirkungen sich ruhig entwickeln zu lassen, statt sofort, wenn ein Maugel sich zeigen sollte, mit einer Gesetzesabänderung oder mit einem neuen Gesetze zur Hand zu sein." Was den letzteren Punkt dieser Ausführungen der „Karlsr. Ztg." anlangt, so trifft diese Warnung in vorliegendem Falle uicht zu, denn von einem neuen Gesetze ist nirgends die Rede. Die sämmtlichen übrigen Bedenken aber möchten sich einfach dnrch den Hinweis darauf erledigen, daß keine einzige Aenderung bezw. Ergänzung in Aussicht genommen ist, als nur solche, welche mit den Grundprinzipien des Unterstützungswohnsitzgesetzes im Einklang stehen und dieselben gesetzgeberisch weiter bilden, so daß also nicht das Geringste, was prinzipiell nen wäre, in's Leben treten soll und daß sich keine Wirkungen ergeben können, welche nicht mit annähernder Deutlichkeit voraus erkennbar wären. Wollte man prinzipiell Neues einführen, so würden auch wir der Politik des Stillstandes das Wort reden. So aber glauben wir uns für die Inangriffnahme der Gesetzänderung aussprechen zu können, ohne befürchten zu müssen, daß man uns als Ver¬ theidiger einer „Gesetzesfabrikativu" verdächtigen werde. Line neue Schrift über den Prozeß Arnim. Nachdem der frühere Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, Graf Harry von Arnim, rechtskräftig zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt ist, alle Zeitungen wochenlang von dem Sensationsstoff, den sein Prozeß bot, gelebt haben, und zudem die stenographischen Berichte über den nämlichen Prozeß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/113
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/113>, abgerufen am 18.05.2024.