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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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In diesen Tagen ging uns eine kleine hübsch ausgestattete Schrift mit dem Titel:
"Wie das Volk über die Pfaffen spricht" zu. Der Herausgeber ist Ernst
Leistner, der Verleger M. Schcnunbnrg in Lahr. Der Inhalt, den wir ans
verschiedenen Gründen allgemeiner Beachtung werthhalten, und dem wir zu
diesem Zwecke eine Anzahl von Auszügen entnehmen, besteht in der Hauptsache
aus einer mit Anmerkungen begleiteten Sammlung von Sprichwörtern über
Rom und den Papst, Klöster, Geistliche, Orden, Mönche, Nonnen und Welt¬
geistliche, in denen die Volksanffassung von deren Charakter und Leben aus¬
geprägt ist, und die mit verschiedenen geschichtlichen Aussprüchen einen Spiegel
bilden, in welchem das Pfaffenthnm mit seinen Sünden und Schwächen sich
getreu, wie es war und in manchen Beziehungen noch jetzt ist, humoristisch
und satirisch reflektirt. Das Ganze zerfällt in zwanzig Abschnitte, von denen
die ersten vier sich über den Papst und die päpstliche Kirche, deren Anmaßung
und Herrschaft, deren Mißbräuche und über die Art und Weise, wie Heilige
gemacht werden, ergötzlich spottend auslassen. Wir ersuchen die Leser, sich mit
den hier zu findenden zum Theil recht kräftigen, bisweilen anch sehr komischen
Volksurtheilen über den Charakter und die dreisten Ansprüche des Papstthums
und der Römlinge selbst bekannt zu machen, und versetzen uns ohne Aufent¬
halt in das fünfte Kapitel, welches die Ueberschrift hat: "Mönche, Pfaffen und
Pietisten sind nur Zerrbilder wahrer Christen", und in welchem wir u. A.
folgende" humoristisch gefärbten Volksmeinungen begegnen: Der die Mönche
und die Nonne" erfand, hat dem Herrgott das fünfte Rad an den Wagen ge¬
macht. -- Mönche citiren die Bibel wie der Teufel. -- Ehe ich auf den
Scheiterhaufen ginge, sagte der Mönch, würde ich nicht nur die Dreieinigkeit,
sondern auch die Viereinigkeit Gottes glauben. -- Die Romanisten machen aus
einer Kuh eine Windmühle und aus einem Esel eine Sackpfeife (womit ihre
Auslegung der Bibel gemeint ist, deren Worte und Sätze stets ihrem Interesse
günstig sein müssen). -- Papisten, sagt Luther, wissen so wenig vom Glauben,
als die Gaus vom Psalter. -- Gottes Wort durch ^die Kirchenväter auslegen
wollen, heißt Milch durch einen Kohlensack seien. -- Hinters Krenz versteckt
sich der Teufel, und hat er nicht Platz, so geht er hinters Kloster. -- Die den
Rosenkranz tragen in der Hand, sind nicht die besten Leute im Land. -- Der
Teufel magh wohl leiden, daß Christus über die Zunge geht, wenn er dar¬
unter liegt. -- Maulfreunde (Christi) gehen wohl in der Prozession, aber der
Teufel trägt das Kreuz dabei. -- Der Teufel flieht vor dem Kreuz der Pfaffen
wie der Hund vor dem Brodkorb.

Im nächsten Abschnitt sind Sprichwörter und Redensarten zusammenge¬
stellt, welche die Nichtsnutzigkeit der Mönche und Pfaffen im Allgemeinen be¬
haupten. Wir wählen auch hier wie vorher und dann im Folge"den vorziig-


In diesen Tagen ging uns eine kleine hübsch ausgestattete Schrift mit dem Titel:
„Wie das Volk über die Pfaffen spricht" zu. Der Herausgeber ist Ernst
Leistner, der Verleger M. Schcnunbnrg in Lahr. Der Inhalt, den wir ans
verschiedenen Gründen allgemeiner Beachtung werthhalten, und dem wir zu
diesem Zwecke eine Anzahl von Auszügen entnehmen, besteht in der Hauptsache
aus einer mit Anmerkungen begleiteten Sammlung von Sprichwörtern über
Rom und den Papst, Klöster, Geistliche, Orden, Mönche, Nonnen und Welt¬
geistliche, in denen die Volksanffassung von deren Charakter und Leben aus¬
geprägt ist, und die mit verschiedenen geschichtlichen Aussprüchen einen Spiegel
bilden, in welchem das Pfaffenthnm mit seinen Sünden und Schwächen sich
getreu, wie es war und in manchen Beziehungen noch jetzt ist, humoristisch
und satirisch reflektirt. Das Ganze zerfällt in zwanzig Abschnitte, von denen
die ersten vier sich über den Papst und die päpstliche Kirche, deren Anmaßung
und Herrschaft, deren Mißbräuche und über die Art und Weise, wie Heilige
gemacht werden, ergötzlich spottend auslassen. Wir ersuchen die Leser, sich mit
den hier zu findenden zum Theil recht kräftigen, bisweilen anch sehr komischen
Volksurtheilen über den Charakter und die dreisten Ansprüche des Papstthums
und der Römlinge selbst bekannt zu machen, und versetzen uns ohne Aufent¬
halt in das fünfte Kapitel, welches die Ueberschrift hat: „Mönche, Pfaffen und
Pietisten sind nur Zerrbilder wahrer Christen", und in welchem wir u. A.
folgende» humoristisch gefärbten Volksmeinungen begegnen: Der die Mönche
und die Nonne» erfand, hat dem Herrgott das fünfte Rad an den Wagen ge¬
macht. — Mönche citiren die Bibel wie der Teufel. — Ehe ich auf den
Scheiterhaufen ginge, sagte der Mönch, würde ich nicht nur die Dreieinigkeit,
sondern auch die Viereinigkeit Gottes glauben. — Die Romanisten machen aus
einer Kuh eine Windmühle und aus einem Esel eine Sackpfeife (womit ihre
Auslegung der Bibel gemeint ist, deren Worte und Sätze stets ihrem Interesse
günstig sein müssen). — Papisten, sagt Luther, wissen so wenig vom Glauben,
als die Gaus vom Psalter. — Gottes Wort durch ^die Kirchenväter auslegen
wollen, heißt Milch durch einen Kohlensack seien. — Hinters Krenz versteckt
sich der Teufel, und hat er nicht Platz, so geht er hinters Kloster. — Die den
Rosenkranz tragen in der Hand, sind nicht die besten Leute im Land. — Der
Teufel magh wohl leiden, daß Christus über die Zunge geht, wenn er dar¬
unter liegt. — Maulfreunde (Christi) gehen wohl in der Prozession, aber der
Teufel trägt das Kreuz dabei. — Der Teufel flieht vor dem Kreuz der Pfaffen
wie der Hund vor dem Brodkorb.

Im nächsten Abschnitt sind Sprichwörter und Redensarten zusammenge¬
stellt, welche die Nichtsnutzigkeit der Mönche und Pfaffen im Allgemeinen be¬
haupten. Wir wählen auch hier wie vorher und dann im Folge»den vorziig-


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[0027] In diesen Tagen ging uns eine kleine hübsch ausgestattete Schrift mit dem Titel: „Wie das Volk über die Pfaffen spricht" zu. Der Herausgeber ist Ernst Leistner, der Verleger M. Schcnunbnrg in Lahr. Der Inhalt, den wir ans verschiedenen Gründen allgemeiner Beachtung werthhalten, und dem wir zu diesem Zwecke eine Anzahl von Auszügen entnehmen, besteht in der Hauptsache aus einer mit Anmerkungen begleiteten Sammlung von Sprichwörtern über Rom und den Papst, Klöster, Geistliche, Orden, Mönche, Nonnen und Welt¬ geistliche, in denen die Volksanffassung von deren Charakter und Leben aus¬ geprägt ist, und die mit verschiedenen geschichtlichen Aussprüchen einen Spiegel bilden, in welchem das Pfaffenthnm mit seinen Sünden und Schwächen sich getreu, wie es war und in manchen Beziehungen noch jetzt ist, humoristisch und satirisch reflektirt. Das Ganze zerfällt in zwanzig Abschnitte, von denen die ersten vier sich über den Papst und die päpstliche Kirche, deren Anmaßung und Herrschaft, deren Mißbräuche und über die Art und Weise, wie Heilige gemacht werden, ergötzlich spottend auslassen. Wir ersuchen die Leser, sich mit den hier zu findenden zum Theil recht kräftigen, bisweilen anch sehr komischen Volksurtheilen über den Charakter und die dreisten Ansprüche des Papstthums und der Römlinge selbst bekannt zu machen, und versetzen uns ohne Aufent¬ halt in das fünfte Kapitel, welches die Ueberschrift hat: „Mönche, Pfaffen und Pietisten sind nur Zerrbilder wahrer Christen", und in welchem wir u. A. folgende» humoristisch gefärbten Volksmeinungen begegnen: Der die Mönche und die Nonne» erfand, hat dem Herrgott das fünfte Rad an den Wagen ge¬ macht. — Mönche citiren die Bibel wie der Teufel. — Ehe ich auf den Scheiterhaufen ginge, sagte der Mönch, würde ich nicht nur die Dreieinigkeit, sondern auch die Viereinigkeit Gottes glauben. — Die Romanisten machen aus einer Kuh eine Windmühle und aus einem Esel eine Sackpfeife (womit ihre Auslegung der Bibel gemeint ist, deren Worte und Sätze stets ihrem Interesse günstig sein müssen). — Papisten, sagt Luther, wissen so wenig vom Glauben, als die Gaus vom Psalter. — Gottes Wort durch ^die Kirchenväter auslegen wollen, heißt Milch durch einen Kohlensack seien. — Hinters Krenz versteckt sich der Teufel, und hat er nicht Platz, so geht er hinters Kloster. — Die den Rosenkranz tragen in der Hand, sind nicht die besten Leute im Land. — Der Teufel magh wohl leiden, daß Christus über die Zunge geht, wenn er dar¬ unter liegt. — Maulfreunde (Christi) gehen wohl in der Prozession, aber der Teufel trägt das Kreuz dabei. — Der Teufel flieht vor dem Kreuz der Pfaffen wie der Hund vor dem Brodkorb. Im nächsten Abschnitt sind Sprichwörter und Redensarten zusammenge¬ stellt, welche die Nichtsnutzigkeit der Mönche und Pfaffen im Allgemeinen be¬ haupten. Wir wählen auch hier wie vorher und dann im Folge»den vorziig-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/27>, abgerufen am 20.05.2024.