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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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thun und Kirche, redet gern dem Adelsprivilegiiun das Wort und tritt fiir
die gcilizische Delegation ein, wo sie es kann; sie thut jedoch dieses Alles
weder mit Geschick, noch mit Konsequenz, noch auch mit der Eleganz, welche
den Leser besticht und ihn geneigt macht die vertheidigte Fahne für die einzig
wahre zu halten. Wenn man bedenkt, daß während vieler Jahre die ,,(^?"ztii.
Mwclovg," Korrespondenzen einer alten Dame aus Posen, der uun verstor¬
benen Pauline Wilkonska, brachte, die weiter nichts als Salongeklatsch waren,
auf welchem dann die Redaktion das GeHänse ihrer politischen Schlüsse über
die Politik der preußischen und deutschen Regierung errichtete, wird man sich
einen Begriff vom Werthe der Leaders der "(raxetg. Mroäovg," machen können.
Sie ist ihrem Tone nach die Zeitung des weniger begüterten und weniger ge¬
bildeten Adels und Städters, der den Fortschritt fürchtet, weil er ihn nicht
kennt, aber doch dem Alten und Veralteten nicht mehr ganz traut. Der Leser¬
kreis der "(ZÄöötg. Mroclowa," soll nicht viel über Tausend betragen. Sie er¬
hält sich, als alte Zeitung, von Inseraten.

Den Gegensatz zum "v?ig,8" und den Gegner der "(^een, Mroclong,"
bildet der "v^iennilc ^olski" (Polnisches Tageblatt). Wir glauben von ihm
Alles gesagt zu haben, wenn wir sagen, er ist radikal! Wo es gilt, gegen
Rom und gegen die Hierarchie eine Lanze zu brechen, da findet man den
"vsiovnik ?o1sti" in erster Reihe, und man kann dreist behaupten, daß es
seinem Alarme zuzuschreiben sei, daß die österreichische Regierung dem Exerz-
bischof Ledochowski verbot seine Triumphreise durch Galizien zu machen und
dessen Bevölkerung zu fanatisiren. Ein Feind Rußlands und Deutschlands,
aus Zwang loyal gegen Oesterreich, ist er blind in der Behandlung der Politik,
und deshalb leitet er seine Leser durch beredte, feurige Artikel auf Jrrpfade
und reizt sie zu Illusionen an, die, eben weil sie Hirngespinnste sind, nie in
Erfüllung gehen können. Um ein Beispiel der Erfindungsgabe des "DsiermiK
?olski" anzuführen, wollen wir darauf hinweisen, daß die vor einigen Monaten
von der europäischen Presse gebrachte Nachricht über die traurige Lage der
russischen Armee in Kischenew, über die in der Verwaltung herrschende Un¬
ordnung und über die eingerissene Insubordination eine dem "vsienmlc?olski"
entnommene wilde Ende gewesen ist, die in seiner Phantasie ausgebrütet war.

Wenn Alles nach den phantastischen Illusionen des "vAMviK I>ol8ki"
ginge, wären Deutschland und Rußland längst getheilt, und Oesterreich an
Ungarn und Italien verschenkt.

Daß der "vöiemiil: ?olski" längst auf dem römischen Proskriptions-Jndex
steht, dürfte als bekannt vorausgesetzt werden. Die Klerisei und ihre blinden
Anhänger sind seine geschworenen Feinde; er ist jedoch gegen ihre Angriffe
gefeit, da ihn die radikalen polnischen Patrioten unterhalten und dafür sorgen,


thun und Kirche, redet gern dem Adelsprivilegiiun das Wort und tritt fiir
die gcilizische Delegation ein, wo sie es kann; sie thut jedoch dieses Alles
weder mit Geschick, noch mit Konsequenz, noch auch mit der Eleganz, welche
den Leser besticht und ihn geneigt macht die vertheidigte Fahne für die einzig
wahre zu halten. Wenn man bedenkt, daß während vieler Jahre die ,,(^?«ztii.
Mwclovg," Korrespondenzen einer alten Dame aus Posen, der uun verstor¬
benen Pauline Wilkonska, brachte, die weiter nichts als Salongeklatsch waren,
auf welchem dann die Redaktion das GeHänse ihrer politischen Schlüsse über
die Politik der preußischen und deutschen Regierung errichtete, wird man sich
einen Begriff vom Werthe der Leaders der „(raxetg. Mroäovg," machen können.
Sie ist ihrem Tone nach die Zeitung des weniger begüterten und weniger ge¬
bildeten Adels und Städters, der den Fortschritt fürchtet, weil er ihn nicht
kennt, aber doch dem Alten und Veralteten nicht mehr ganz traut. Der Leser¬
kreis der „(ZÄöötg. Mroclowa," soll nicht viel über Tausend betragen. Sie er¬
hält sich, als alte Zeitung, von Inseraten.

Den Gegensatz zum „v?ig,8" und den Gegner der „(^een, Mroclong,"
bildet der „v^iennilc ^olski" (Polnisches Tageblatt). Wir glauben von ihm
Alles gesagt zu haben, wenn wir sagen, er ist radikal! Wo es gilt, gegen
Rom und gegen die Hierarchie eine Lanze zu brechen, da findet man den
„vsiovnik ?o1sti" in erster Reihe, und man kann dreist behaupten, daß es
seinem Alarme zuzuschreiben sei, daß die österreichische Regierung dem Exerz-
bischof Ledochowski verbot seine Triumphreise durch Galizien zu machen und
dessen Bevölkerung zu fanatisiren. Ein Feind Rußlands und Deutschlands,
aus Zwang loyal gegen Oesterreich, ist er blind in der Behandlung der Politik,
und deshalb leitet er seine Leser durch beredte, feurige Artikel auf Jrrpfade
und reizt sie zu Illusionen an, die, eben weil sie Hirngespinnste sind, nie in
Erfüllung gehen können. Um ein Beispiel der Erfindungsgabe des „DsiermiK
?olski" anzuführen, wollen wir darauf hinweisen, daß die vor einigen Monaten
von der europäischen Presse gebrachte Nachricht über die traurige Lage der
russischen Armee in Kischenew, über die in der Verwaltung herrschende Un¬
ordnung und über die eingerissene Insubordination eine dem „vsienmlc?olski"
entnommene wilde Ende gewesen ist, die in seiner Phantasie ausgebrütet war.

Wenn Alles nach den phantastischen Illusionen des „vAMviK I>ol8ki"
ginge, wären Deutschland und Rußland längst getheilt, und Oesterreich an
Ungarn und Italien verschenkt.

Daß der „vöiemiil: ?olski" längst auf dem römischen Proskriptions-Jndex
steht, dürfte als bekannt vorausgesetzt werden. Die Klerisei und ihre blinden
Anhänger sind seine geschworenen Feinde; er ist jedoch gegen ihre Angriffe
gefeit, da ihn die radikalen polnischen Patrioten unterhalten und dafür sorgen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/69>, abgerufen am 12.06.2024.