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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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nisirtes Geschäft gewesen sei und die dadurch hervorgerufene schnelle Entholznng
des Landes jeden denkenden Unionsbürger mit großer Besorgniß erfüllen müsse.
Es sei von kompetenter Seite ausgerechnet, daß schon in zwanzig Jahren
der Holzbedarf in den Vereinigten Staaten aus den eigenen Wäldern nicht
mehr befriedigt werden könne, wenn mau in der bisherigen Weise zu wirth¬
schaften fortfahre. Ueber die Privatwaldungen, heißt es in dem Schurz'schen
Berichte, habe die Regierung keine Macht, man könne nur hoffen, daß Privat¬
leute künftig mit ihren Wäldern schonungsvoller umgeben würden, die Regie¬
rung aber könne und müsse erstens dem Hvlzdiebstahle auf den öffentlichen
Ländereien ein Ende machen und zweitens die in ihrem Besitz befindlichen
Wälder gegen schlechte Ausholzung wcchreu, indem man eine weise, rationelle
Forstkultur einführe. Nach beiden Richtungen hin macht der Minister des
Innern detaillirte praktische Vorschläge, welche die vollste Billigung des Präsi¬
denten erhalten. Ebenso beachtenswert!) ist auch, was Schurz in Bezug auf
die Wüstenländereien und die Pacific-Eisenbahn in Vorschlag bringt.

Den Schluß der Jahresbotfchaft bilden eine Uebersicht über die land¬
wirtschaftlichen Hülfsquellen der Union, Gesetzesvorschläge für den
Distrikt Columbia (u. A. die Errichtung einer Universität in Washington City)
und eine dringende Darlegung der Nothwendigkeit, dem Erziehungswesen in
verschiedenen Landestheilen die nöthige Sorgfalt zuzuwenden. Es sei vergeblich,
auf das Gedeihen eines freien Gemeinwesens zu hoffen, wenn mau nicht die
größte Sorge trage für die sittliche und intellektuelle Bildung des Volkes,
welches doch die Quelle aller Macht sei. Nicht weniger als der siebente Theil
der stimmberechtigten Bevölkerung der Union sei jetzt des Lesens und Schreibens
unkundig. "Die Hauptstadt der Nation sollte", so schließt Präsident Hayes,
etwas mehr sein, als ein bloßer politischer Centralplatz. Wir sollten keine
Gelegenheit ungenutzt lassen, welche die Vorsehung uns bot, die Intelligenz
des Volkes zu erhöhen und die Bedingungen, die zur Erhaltung unserer In
stitntionen am günstigsten sind, zu vermehren.

Im Ganzen zieht sich ein hoffnungsvoller, die Lage der Dinge in keinem
zu trüben Lichte anschauender Geist durch die Jahresbotschaft. Präsident
Hcches hält überall die von ihm in seinem Annahmeschreiben und in seiner
Jnaugurationsrede niedergelegten Grundsätze der Reform aufrecht; es bleibt
nun, wie gesagt, abzuwarten, in wie weit der Kongreß, dessen Ferien am 10.
Januar d. I. zu Ende gehen, seine Schuldigkeit thun wird, ob er das Wohl
des Landes höher stellt, als das einseitige Parteiinteresse.


Rudolf Doehn.


nisirtes Geschäft gewesen sei und die dadurch hervorgerufene schnelle Entholznng
des Landes jeden denkenden Unionsbürger mit großer Besorgniß erfüllen müsse.
Es sei von kompetenter Seite ausgerechnet, daß schon in zwanzig Jahren
der Holzbedarf in den Vereinigten Staaten aus den eigenen Wäldern nicht
mehr befriedigt werden könne, wenn mau in der bisherigen Weise zu wirth¬
schaften fortfahre. Ueber die Privatwaldungen, heißt es in dem Schurz'schen
Berichte, habe die Regierung keine Macht, man könne nur hoffen, daß Privat¬
leute künftig mit ihren Wäldern schonungsvoller umgeben würden, die Regie¬
rung aber könne und müsse erstens dem Hvlzdiebstahle auf den öffentlichen
Ländereien ein Ende machen und zweitens die in ihrem Besitz befindlichen
Wälder gegen schlechte Ausholzung wcchreu, indem man eine weise, rationelle
Forstkultur einführe. Nach beiden Richtungen hin macht der Minister des
Innern detaillirte praktische Vorschläge, welche die vollste Billigung des Präsi¬
denten erhalten. Ebenso beachtenswert!) ist auch, was Schurz in Bezug auf
die Wüstenländereien und die Pacific-Eisenbahn in Vorschlag bringt.

Den Schluß der Jahresbotfchaft bilden eine Uebersicht über die land¬
wirtschaftlichen Hülfsquellen der Union, Gesetzesvorschläge für den
Distrikt Columbia (u. A. die Errichtung einer Universität in Washington City)
und eine dringende Darlegung der Nothwendigkeit, dem Erziehungswesen in
verschiedenen Landestheilen die nöthige Sorgfalt zuzuwenden. Es sei vergeblich,
auf das Gedeihen eines freien Gemeinwesens zu hoffen, wenn mau nicht die
größte Sorge trage für die sittliche und intellektuelle Bildung des Volkes,
welches doch die Quelle aller Macht sei. Nicht weniger als der siebente Theil
der stimmberechtigten Bevölkerung der Union sei jetzt des Lesens und Schreibens
unkundig. „Die Hauptstadt der Nation sollte", so schließt Präsident Hayes,
etwas mehr sein, als ein bloßer politischer Centralplatz. Wir sollten keine
Gelegenheit ungenutzt lassen, welche die Vorsehung uns bot, die Intelligenz
des Volkes zu erhöhen und die Bedingungen, die zur Erhaltung unserer In
stitntionen am günstigsten sind, zu vermehren.

Im Ganzen zieht sich ein hoffnungsvoller, die Lage der Dinge in keinem
zu trüben Lichte anschauender Geist durch die Jahresbotschaft. Präsident
Hcches hält überall die von ihm in seinem Annahmeschreiben und in seiner
Jnaugurationsrede niedergelegten Grundsätze der Reform aufrecht; es bleibt
nun, wie gesagt, abzuwarten, in wie weit der Kongreß, dessen Ferien am 10.
Januar d. I. zu Ende gehen, seine Schuldigkeit thun wird, ob er das Wohl
des Landes höher stellt, als das einseitige Parteiinteresse.


Rudolf Doehn.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/120>, abgerufen am 15.05.2024.