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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Orlvgsschisfen durch eine starke Schanzbekleiduug geschützt war. Nach
ihm hießen die Kriegsfahrzeuge auch die Kataphraktoi, die Gepanzerten und
in ihm ausschließlich standen die Bewaffneten, bis Kimon auch noch Brücken
über das Oberdeck führte und diese ebenfalls mit Hopliten besetzte.

Jeder der beiden Steven des Schiffes endet in einer Volute. Unterhalb
derjenigen des Achterschiffes erhebt sich ans dem Hinterkastell das Haus des
Steuermanns, der vou dort aus mittels eines querschiffslaufendeu Taues
die beiden schaufelartigen Steuerruder lenkt, welche alle antiken Schiffe rechts
und links der Schanze führen. -- Am Vordersteven ist bei der Kreuzung der
Bnghölzer ein Bronzebeschlag angebracht, der oft eine symbolische Form hat,
nnter ihm aber liegt in der Wasserlinie der Schnabel, bestimmt, die feind¬
lichen Schiffe zu rannen, und zu dem Ende mit einer massiv ehernen Spitze
bewehrt.

Zu beiden Seiten des Schnabels ragen, meist schräg nach außen gerichtet,
starke Balken, die sogenannten Ohransätze hervor. Sie haben den Zweck, beim
Ausweichen vor feindlichen Schnabelstößen den Gegner abzuhalten, und an
ihnen hingen auch die Anker. Die erzbeschlagenen Klüsen, dnrch. welche die
Taue aus dein Inneren zu den Ankern laufen, heißen die Angen und sind
dem gemäß bemalt. -- Das ganze Vorschiff mit seinem helmartig auf¬
steigenden Backkastell (I'rotomö edenos, Gänsehals), dem weithervorragenden
Schnabel, den Augen und den Ohransätzen glich mithin einem Fischköpfe; die
Ruder schienen Flossen zu sein, und das hochgebaute Achterschiff erinnerte an
einen Fischschwanz; denu es entsprach der dichterischen Anschauungsweise der
Alten, das Schiff als ein belebtes Wesen aufzufassen, wie ja die Skandinaveu
ebenfalls ihre Fahrzeuge als Drachen oder Schwäne zu bezeichnen liebten.

Unsern Flaggen entsprechend hatte jeder Staat sein Unterscheidungsmerkmal,
das in einem figürlichen Abzeichen bestand. Das der Athener war die ver¬
goldete Pallas, und deshalb sagt Aristophanes in den "Acharnern", die Stadt
sei voll vou Kriegslärm "von Soldeszahluug, Pallasbildervergoldungen."
Außer diesem Staatsabzeichen stthrten die Schiffe noch besondere geschnitzte
Zierrathen, auch gemalte Bilder oder Zuschriften, welche in Beziehung zu ihrem
Namen standen. Das Staatsabzeichen scheint übrigens keinen festbestimmten
Platz gehabt zu haben; man trifft es bald am Vorder-, bald am Hintersteven.
Die Bemalung der Schiffe dürfte zuerst auf die mit Wachsfiruiß arbeitende
enkaustische Malerei geführt haben. Alle Namen der griechischen Schiffe sind
weiblich, und es finden sich darunter dieselben Abstrakta, welche man hentzu-


quarium des Berliner Museums, welche das Vordertheil eines Kriegsschiffes dmMlt, läßt
die Hypozomata deutlich erkennen.

Orlvgsschisfen durch eine starke Schanzbekleiduug geschützt war. Nach
ihm hießen die Kriegsfahrzeuge auch die Kataphraktoi, die Gepanzerten und
in ihm ausschließlich standen die Bewaffneten, bis Kimon auch noch Brücken
über das Oberdeck führte und diese ebenfalls mit Hopliten besetzte.

Jeder der beiden Steven des Schiffes endet in einer Volute. Unterhalb
derjenigen des Achterschiffes erhebt sich ans dem Hinterkastell das Haus des
Steuermanns, der vou dort aus mittels eines querschiffslaufendeu Taues
die beiden schaufelartigen Steuerruder lenkt, welche alle antiken Schiffe rechts
und links der Schanze führen. — Am Vordersteven ist bei der Kreuzung der
Bnghölzer ein Bronzebeschlag angebracht, der oft eine symbolische Form hat,
nnter ihm aber liegt in der Wasserlinie der Schnabel, bestimmt, die feind¬
lichen Schiffe zu rannen, und zu dem Ende mit einer massiv ehernen Spitze
bewehrt.

Zu beiden Seiten des Schnabels ragen, meist schräg nach außen gerichtet,
starke Balken, die sogenannten Ohransätze hervor. Sie haben den Zweck, beim
Ausweichen vor feindlichen Schnabelstößen den Gegner abzuhalten, und an
ihnen hingen auch die Anker. Die erzbeschlagenen Klüsen, dnrch. welche die
Taue aus dein Inneren zu den Ankern laufen, heißen die Angen und sind
dem gemäß bemalt. — Das ganze Vorschiff mit seinem helmartig auf¬
steigenden Backkastell (I'rotomö edenos, Gänsehals), dem weithervorragenden
Schnabel, den Augen und den Ohransätzen glich mithin einem Fischköpfe; die
Ruder schienen Flossen zu sein, und das hochgebaute Achterschiff erinnerte an
einen Fischschwanz; denu es entsprach der dichterischen Anschauungsweise der
Alten, das Schiff als ein belebtes Wesen aufzufassen, wie ja die Skandinaveu
ebenfalls ihre Fahrzeuge als Drachen oder Schwäne zu bezeichnen liebten.

Unsern Flaggen entsprechend hatte jeder Staat sein Unterscheidungsmerkmal,
das in einem figürlichen Abzeichen bestand. Das der Athener war die ver¬
goldete Pallas, und deshalb sagt Aristophanes in den „Acharnern", die Stadt
sei voll vou Kriegslärm „von Soldeszahluug, Pallasbildervergoldungen."
Außer diesem Staatsabzeichen stthrten die Schiffe noch besondere geschnitzte
Zierrathen, auch gemalte Bilder oder Zuschriften, welche in Beziehung zu ihrem
Namen standen. Das Staatsabzeichen scheint übrigens keinen festbestimmten
Platz gehabt zu haben; man trifft es bald am Vorder-, bald am Hintersteven.
Die Bemalung der Schiffe dürfte zuerst auf die mit Wachsfiruiß arbeitende
enkaustische Malerei geführt haben. Alle Namen der griechischen Schiffe sind
weiblich, und es finden sich darunter dieselben Abstrakta, welche man hentzu-


quarium des Berliner Museums, welche das Vordertheil eines Kriegsschiffes dmMlt, läßt
die Hypozomata deutlich erkennen.
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[0139] Orlvgsschisfen durch eine starke Schanzbekleiduug geschützt war. Nach ihm hießen die Kriegsfahrzeuge auch die Kataphraktoi, die Gepanzerten und in ihm ausschließlich standen die Bewaffneten, bis Kimon auch noch Brücken über das Oberdeck führte und diese ebenfalls mit Hopliten besetzte. Jeder der beiden Steven des Schiffes endet in einer Volute. Unterhalb derjenigen des Achterschiffes erhebt sich ans dem Hinterkastell das Haus des Steuermanns, der vou dort aus mittels eines querschiffslaufendeu Taues die beiden schaufelartigen Steuerruder lenkt, welche alle antiken Schiffe rechts und links der Schanze führen. — Am Vordersteven ist bei der Kreuzung der Bnghölzer ein Bronzebeschlag angebracht, der oft eine symbolische Form hat, nnter ihm aber liegt in der Wasserlinie der Schnabel, bestimmt, die feind¬ lichen Schiffe zu rannen, und zu dem Ende mit einer massiv ehernen Spitze bewehrt. Zu beiden Seiten des Schnabels ragen, meist schräg nach außen gerichtet, starke Balken, die sogenannten Ohransätze hervor. Sie haben den Zweck, beim Ausweichen vor feindlichen Schnabelstößen den Gegner abzuhalten, und an ihnen hingen auch die Anker. Die erzbeschlagenen Klüsen, dnrch. welche die Taue aus dein Inneren zu den Ankern laufen, heißen die Angen und sind dem gemäß bemalt. — Das ganze Vorschiff mit seinem helmartig auf¬ steigenden Backkastell (I'rotomö edenos, Gänsehals), dem weithervorragenden Schnabel, den Augen und den Ohransätzen glich mithin einem Fischköpfe; die Ruder schienen Flossen zu sein, und das hochgebaute Achterschiff erinnerte an einen Fischschwanz; denu es entsprach der dichterischen Anschauungsweise der Alten, das Schiff als ein belebtes Wesen aufzufassen, wie ja die Skandinaveu ebenfalls ihre Fahrzeuge als Drachen oder Schwäne zu bezeichnen liebten. Unsern Flaggen entsprechend hatte jeder Staat sein Unterscheidungsmerkmal, das in einem figürlichen Abzeichen bestand. Das der Athener war die ver¬ goldete Pallas, und deshalb sagt Aristophanes in den „Acharnern", die Stadt sei voll vou Kriegslärm „von Soldeszahluug, Pallasbildervergoldungen." Außer diesem Staatsabzeichen stthrten die Schiffe noch besondere geschnitzte Zierrathen, auch gemalte Bilder oder Zuschriften, welche in Beziehung zu ihrem Namen standen. Das Staatsabzeichen scheint übrigens keinen festbestimmten Platz gehabt zu haben; man trifft es bald am Vorder-, bald am Hintersteven. Die Bemalung der Schiffe dürfte zuerst auf die mit Wachsfiruiß arbeitende enkaustische Malerei geführt haben. Alle Namen der griechischen Schiffe sind weiblich, und es finden sich darunter dieselben Abstrakta, welche man hentzu- quarium des Berliner Museums, welche das Vordertheil eines Kriegsschiffes dmMlt, läßt die Hypozomata deutlich erkennen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/139>, abgerufen am 10.06.2024.