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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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daß im peloponnesischen Kriege die Athener mit 44 Schiffen 70 samische besiegten,
von denen 20 Landsoldaten führten. -- Pferdetransportschiffe, welche die
Perser bereits früher angewendet, wurden in Hellas zuerst unter Perikles aus
alten Kriegsfahrzeugeu hergerichtet. Außerdem besaß jede Flotte kleinere
Kähne und Böte für Material, Handwerker, Marketender und tgi. sowie endlich
einige Avisoschiffe, welche ihrer Geschwindigkeit wegen "Renner" hießen. Auf
den attischen Fahrzeugen dieser letzteren Art bestand die Mannschaft aus lauter
doppelt besoldeten freien Bürgern. Ihr Dienst war sehr wichtig; denn es
handelte sich dabei um die Beförderung von Depeschen, öffentlichen Geldern,
Beamten und Gesandschaften.

Während die Handelsschiffe nur viermal so lang als breit waren, betrug
die Breite der Orlogsschiffe ^ bis ^/lo der Länge. Eine Triere war 149 Fuß
lang, in der Wasserlinie ungefähr 14 Fuß breit und 19'/z Fuß hoch. Der
Gehalt war 232 Tonnen (zu 20 Ctr.), der Tiefgang 8-/2 Fuß. Dieser Größe
entspricht etwa diejenige unserer Schoner oder Schranbenkanvnenbote 2. Klasse.
Mehrmals ist es gelungen, ganze Flotten solcher Fahrzeuge auf Walzen und
Rollen über Landengen fortzuschaffen, so i. I. 414 peloponnesische Schiffe über
den an der schmalsten Stelle eine deutsche Meile breiten Jsthmos von Korinth.
Ueber die, allerdings nur 120 Schritts breite Landzunge von Lenkadien (jetzt
die Insel Santa Maura), wurden in der ersten Hälfte des peloponnesischen
Krieges einmal 60, ein anderes Mal sogar 250 Schiffe geführt. Dies läßt
darauf schließen, daß das Gesammtgewicht der Fahrzeuge uicht allzugroß ge¬
wesen ist.

Wenn bei hohem Seegange die Ruder eingezogen wurden, so spannte man
rings um den Schiffskörper lauge Leinwandstreifen, um das Eindringen des
Wassers durch die Ruderpforteu zu verhüten. Zum Schutze gegen die Sonne
und gegen feindliche Wurfgeschosse überspannte man das Oberdeck mit einem
Zeltdach, welches zuweilen auch senkrecht nach unter durch angehängte Felle
verlängert wurde, um gegen seitlich kommende Geschosse zu schützen.*) Zur
sonstigen Ausrüstung gehörten Anker und Ankerkabel, Bootshaken, Schiffsleitern
und Senkblei. Die Anker, nach Plinius eine Erfindung des Tyrrheners Eu-
Palmnus, waren ursprünglich nur einarmig; doch schon der Skythe Anacharsis
soll den zweiten Arm hinzugefügt haben. Die gesammte Takelung wird in
attischen Werftinventarien unter dem Namen des "Hangenden Zeuges" zu¬
sammengefaßt.

Bau und Ausrüstung der Schiffe erfolgte in den Kriegshafen,
wo die Schiffsschuppen die außer Dienst gestellten Fahrzeuge aufnahmen.



*) Köpke a. a. O.

daß im peloponnesischen Kriege die Athener mit 44 Schiffen 70 samische besiegten,
von denen 20 Landsoldaten führten. — Pferdetransportschiffe, welche die
Perser bereits früher angewendet, wurden in Hellas zuerst unter Perikles aus
alten Kriegsfahrzeugeu hergerichtet. Außerdem besaß jede Flotte kleinere
Kähne und Böte für Material, Handwerker, Marketender und tgi. sowie endlich
einige Avisoschiffe, welche ihrer Geschwindigkeit wegen „Renner" hießen. Auf
den attischen Fahrzeugen dieser letzteren Art bestand die Mannschaft aus lauter
doppelt besoldeten freien Bürgern. Ihr Dienst war sehr wichtig; denn es
handelte sich dabei um die Beförderung von Depeschen, öffentlichen Geldern,
Beamten und Gesandschaften.

Während die Handelsschiffe nur viermal so lang als breit waren, betrug
die Breite der Orlogsschiffe ^ bis ^/lo der Länge. Eine Triere war 149 Fuß
lang, in der Wasserlinie ungefähr 14 Fuß breit und 19'/z Fuß hoch. Der
Gehalt war 232 Tonnen (zu 20 Ctr.), der Tiefgang 8-/2 Fuß. Dieser Größe
entspricht etwa diejenige unserer Schoner oder Schranbenkanvnenbote 2. Klasse.
Mehrmals ist es gelungen, ganze Flotten solcher Fahrzeuge auf Walzen und
Rollen über Landengen fortzuschaffen, so i. I. 414 peloponnesische Schiffe über
den an der schmalsten Stelle eine deutsche Meile breiten Jsthmos von Korinth.
Ueber die, allerdings nur 120 Schritts breite Landzunge von Lenkadien (jetzt
die Insel Santa Maura), wurden in der ersten Hälfte des peloponnesischen
Krieges einmal 60, ein anderes Mal sogar 250 Schiffe geführt. Dies läßt
darauf schließen, daß das Gesammtgewicht der Fahrzeuge uicht allzugroß ge¬
wesen ist.

Wenn bei hohem Seegange die Ruder eingezogen wurden, so spannte man
rings um den Schiffskörper lauge Leinwandstreifen, um das Eindringen des
Wassers durch die Ruderpforteu zu verhüten. Zum Schutze gegen die Sonne
und gegen feindliche Wurfgeschosse überspannte man das Oberdeck mit einem
Zeltdach, welches zuweilen auch senkrecht nach unter durch angehängte Felle
verlängert wurde, um gegen seitlich kommende Geschosse zu schützen.*) Zur
sonstigen Ausrüstung gehörten Anker und Ankerkabel, Bootshaken, Schiffsleitern
und Senkblei. Die Anker, nach Plinius eine Erfindung des Tyrrheners Eu-
Palmnus, waren ursprünglich nur einarmig; doch schon der Skythe Anacharsis
soll den zweiten Arm hinzugefügt haben. Die gesammte Takelung wird in
attischen Werftinventarien unter dem Namen des „Hangenden Zeuges" zu¬
sammengefaßt.

Bau und Ausrüstung der Schiffe erfolgte in den Kriegshafen,
wo die Schiffsschuppen die außer Dienst gestellten Fahrzeuge aufnahmen.



*) Köpke a. a. O.
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[0143] daß im peloponnesischen Kriege die Athener mit 44 Schiffen 70 samische besiegten, von denen 20 Landsoldaten führten. — Pferdetransportschiffe, welche die Perser bereits früher angewendet, wurden in Hellas zuerst unter Perikles aus alten Kriegsfahrzeugeu hergerichtet. Außerdem besaß jede Flotte kleinere Kähne und Böte für Material, Handwerker, Marketender und tgi. sowie endlich einige Avisoschiffe, welche ihrer Geschwindigkeit wegen „Renner" hießen. Auf den attischen Fahrzeugen dieser letzteren Art bestand die Mannschaft aus lauter doppelt besoldeten freien Bürgern. Ihr Dienst war sehr wichtig; denn es handelte sich dabei um die Beförderung von Depeschen, öffentlichen Geldern, Beamten und Gesandschaften. Während die Handelsschiffe nur viermal so lang als breit waren, betrug die Breite der Orlogsschiffe ^ bis ^/lo der Länge. Eine Triere war 149 Fuß lang, in der Wasserlinie ungefähr 14 Fuß breit und 19'/z Fuß hoch. Der Gehalt war 232 Tonnen (zu 20 Ctr.), der Tiefgang 8-/2 Fuß. Dieser Größe entspricht etwa diejenige unserer Schoner oder Schranbenkanvnenbote 2. Klasse. Mehrmals ist es gelungen, ganze Flotten solcher Fahrzeuge auf Walzen und Rollen über Landengen fortzuschaffen, so i. I. 414 peloponnesische Schiffe über den an der schmalsten Stelle eine deutsche Meile breiten Jsthmos von Korinth. Ueber die, allerdings nur 120 Schritts breite Landzunge von Lenkadien (jetzt die Insel Santa Maura), wurden in der ersten Hälfte des peloponnesischen Krieges einmal 60, ein anderes Mal sogar 250 Schiffe geführt. Dies läßt darauf schließen, daß das Gesammtgewicht der Fahrzeuge uicht allzugroß ge¬ wesen ist. Wenn bei hohem Seegange die Ruder eingezogen wurden, so spannte man rings um den Schiffskörper lauge Leinwandstreifen, um das Eindringen des Wassers durch die Ruderpforteu zu verhüten. Zum Schutze gegen die Sonne und gegen feindliche Wurfgeschosse überspannte man das Oberdeck mit einem Zeltdach, welches zuweilen auch senkrecht nach unter durch angehängte Felle verlängert wurde, um gegen seitlich kommende Geschosse zu schützen.*) Zur sonstigen Ausrüstung gehörten Anker und Ankerkabel, Bootshaken, Schiffsleitern und Senkblei. Die Anker, nach Plinius eine Erfindung des Tyrrheners Eu- Palmnus, waren ursprünglich nur einarmig; doch schon der Skythe Anacharsis soll den zweiten Arm hinzugefügt haben. Die gesammte Takelung wird in attischen Werftinventarien unter dem Namen des „Hangenden Zeuges" zu¬ sammengefaßt. Bau und Ausrüstung der Schiffe erfolgte in den Kriegshafen, wo die Schiffsschuppen die außer Dienst gestellten Fahrzeuge aufnahmen. *) Köpke a. a. O.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/143>, abgerufen am 29.05.2024.