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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Erzählung aus seinen letzten Lebensjahren von einer Begegnung zwischen ihm
und Kaiser Wilhelm, der dem Künstler eine warme Verehrung zollte. Es
war das erste Mal nach den Ereignissen des Jahres 1866 -- so schreibt
Riegel --, daß der Kaiser, damals noch König Wilhelm, die sächsische Haupt¬
stadt besuchte. Der König ließ sich bei Schmorr zur Besichtigung der seiner
Obhut anvertrauten Gemäldegalerie anmelden und bewillkommnete den mit
dem Orden pour le mörite geschmückten Meister als seinen alten Bekannten.
Schmorr aber bemerkte dagegen, daß er bis dahin nie die Ehre gehabt, den
König zu sprechen, worauf dieser in der liebenswürdigsten Weise erwiderte,
daß sie von nun an aber persönliche Bekannte wären und daß er, der König,
ihn schou immer hoch geschützt habe. Nach beendigtem Rundgänge verließ der
König, in Gemeinschaft mit seinem Wirth, dem König Johann von Sachsen,
und in Begleitung eines zahlreichen Gefolges das Museum, während Schmorr,
der sich dein Schwärme der Umgebenden entzogen hatte, an der Ausgangsthür
zurückgeblieben war. In diesem Augenblick aber meldet ihm ein Adjutant die
Entschuldigung des Königs, daß er sich ohne Dank und Abschied entfernt habe,
und das Ersuchen, ihm einige Schritte entgegenzukommen. Im Zwingerhofe
war der König, sein Gefolge verlassend, zurück auf ihn zugeschritten und
äußerte um, Schmorrs Hand mit seinen beiden Händen ergreifend und haltend,
die herzlichsten und ehrenvollsten Worte an ihn. Es standen sich so der höchste
und erhabenste Mann in: deutschen Lande und das erhabendste Haupt unter
den damals lebenden Männern deutscher Kunst im feierlichen Augenblicke gegen¬
über. Sie schieden, aber in Schmorrs Seele blieb die Erinnerung an diesem
Augenblick in leuchtenden Zügen unvergeßlich eingeschrieben. Zu der Ver¬
ehrung, mit der er bis dahin zu den tapferen Prenßenkönige und mächtigen
Wiederhersteller deutscher Größe emporgeblickt hatte, war seitdem eine rückhalt¬
lose Begeisternung für des Königs edle Persönlichkeit, durch dessen Art und
Worte Schmorr sich als Mensch und Künstler gleich geehrt fühlte, getreten.
Niemals hat er dieses Augenblickes ohne innige Rührung gedacht.


Adolf Rosenberg.


Erzählung aus seinen letzten Lebensjahren von einer Begegnung zwischen ihm
und Kaiser Wilhelm, der dem Künstler eine warme Verehrung zollte. Es
war das erste Mal nach den Ereignissen des Jahres 1866 — so schreibt
Riegel —, daß der Kaiser, damals noch König Wilhelm, die sächsische Haupt¬
stadt besuchte. Der König ließ sich bei Schmorr zur Besichtigung der seiner
Obhut anvertrauten Gemäldegalerie anmelden und bewillkommnete den mit
dem Orden pour le mörite geschmückten Meister als seinen alten Bekannten.
Schmorr aber bemerkte dagegen, daß er bis dahin nie die Ehre gehabt, den
König zu sprechen, worauf dieser in der liebenswürdigsten Weise erwiderte,
daß sie von nun an aber persönliche Bekannte wären und daß er, der König,
ihn schou immer hoch geschützt habe. Nach beendigtem Rundgänge verließ der
König, in Gemeinschaft mit seinem Wirth, dem König Johann von Sachsen,
und in Begleitung eines zahlreichen Gefolges das Museum, während Schmorr,
der sich dein Schwärme der Umgebenden entzogen hatte, an der Ausgangsthür
zurückgeblieben war. In diesem Augenblick aber meldet ihm ein Adjutant die
Entschuldigung des Königs, daß er sich ohne Dank und Abschied entfernt habe,
und das Ersuchen, ihm einige Schritte entgegenzukommen. Im Zwingerhofe
war der König, sein Gefolge verlassend, zurück auf ihn zugeschritten und
äußerte um, Schmorrs Hand mit seinen beiden Händen ergreifend und haltend,
die herzlichsten und ehrenvollsten Worte an ihn. Es standen sich so der höchste
und erhabenste Mann in: deutschen Lande und das erhabendste Haupt unter
den damals lebenden Männern deutscher Kunst im feierlichen Augenblicke gegen¬
über. Sie schieden, aber in Schmorrs Seele blieb die Erinnerung an diesem
Augenblick in leuchtenden Zügen unvergeßlich eingeschrieben. Zu der Ver¬
ehrung, mit der er bis dahin zu den tapferen Prenßenkönige und mächtigen
Wiederhersteller deutscher Größe emporgeblickt hatte, war seitdem eine rückhalt¬
lose Begeisternung für des Königs edle Persönlichkeit, durch dessen Art und
Worte Schmorr sich als Mensch und Künstler gleich geehrt fühlte, getreten.
Niemals hat er dieses Augenblickes ohne innige Rührung gedacht.


Adolf Rosenberg.


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[0154] Erzählung aus seinen letzten Lebensjahren von einer Begegnung zwischen ihm und Kaiser Wilhelm, der dem Künstler eine warme Verehrung zollte. Es war das erste Mal nach den Ereignissen des Jahres 1866 — so schreibt Riegel —, daß der Kaiser, damals noch König Wilhelm, die sächsische Haupt¬ stadt besuchte. Der König ließ sich bei Schmorr zur Besichtigung der seiner Obhut anvertrauten Gemäldegalerie anmelden und bewillkommnete den mit dem Orden pour le mörite geschmückten Meister als seinen alten Bekannten. Schmorr aber bemerkte dagegen, daß er bis dahin nie die Ehre gehabt, den König zu sprechen, worauf dieser in der liebenswürdigsten Weise erwiderte, daß sie von nun an aber persönliche Bekannte wären und daß er, der König, ihn schou immer hoch geschützt habe. Nach beendigtem Rundgänge verließ der König, in Gemeinschaft mit seinem Wirth, dem König Johann von Sachsen, und in Begleitung eines zahlreichen Gefolges das Museum, während Schmorr, der sich dein Schwärme der Umgebenden entzogen hatte, an der Ausgangsthür zurückgeblieben war. In diesem Augenblick aber meldet ihm ein Adjutant die Entschuldigung des Königs, daß er sich ohne Dank und Abschied entfernt habe, und das Ersuchen, ihm einige Schritte entgegenzukommen. Im Zwingerhofe war der König, sein Gefolge verlassend, zurück auf ihn zugeschritten und äußerte um, Schmorrs Hand mit seinen beiden Händen ergreifend und haltend, die herzlichsten und ehrenvollsten Worte an ihn. Es standen sich so der höchste und erhabenste Mann in: deutschen Lande und das erhabendste Haupt unter den damals lebenden Männern deutscher Kunst im feierlichen Augenblicke gegen¬ über. Sie schieden, aber in Schmorrs Seele blieb die Erinnerung an diesem Augenblick in leuchtenden Zügen unvergeßlich eingeschrieben. Zu der Ver¬ ehrung, mit der er bis dahin zu den tapferen Prenßenkönige und mächtigen Wiederhersteller deutscher Größe emporgeblickt hatte, war seitdem eine rückhalt¬ lose Begeisternung für des Königs edle Persönlichkeit, durch dessen Art und Worte Schmorr sich als Mensch und Künstler gleich geehrt fühlte, getreten. Niemals hat er dieses Augenblickes ohne innige Rührung gedacht. Adolf Rosenberg.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/154>, abgerufen am 14.05.2024.