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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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den Schweizern suchten auch die Arkader ihr Glück im Reislauf. Selbst dem
Xerxes sollen sie, wie Herodot berichtet, ihre Arme angeboten haben. In einem
Fragmente des Lustspieldichters Antiphanes, welches die Haupterzeugnisse der
einzelnen Landschaften aufzählt, heißt es: "Sklaven aus Phrygien, Söldner
aber aus Arkadien"; und Thukydides bemerkt, indem er die Bundesgenossen
der Athener und Syrakuser aufzählt: "Die Mantineier jedoch und die übrigen
arkadischen Söldner, achteten auch jetzt, durch den Gewinn bewogen, ihre Lands-
leute, die mit den Korinthern gekommen waren, ohne Rücksicht auf die Bluts¬
verwandtschaft unbedenklich als Feinde." -- Durch Hilfe der Karer soll schou
Psammetich die Herrschaft über das Nilthal gewonnen haben, und später
"streiften sie", wie Strabo sagt, "durch ganz Griechenland, für Gold Kriegs¬
dienst leistend. -- Neben ihnen verdingten sich besonders die Kreter als Bo¬
genschützen. An allen diesen Völkerschaften aber haftete'die Schmach feiler und
sklavischer Gesinnung, und sie standen im Rufe der Unzuverlässigkeit und des
Mangels an Bürgertugend. -- In der griechischen Geschichte erscheinen solche
gedungenen Mannschaften zuerst als Leibgarden der Tyrannen. Aus die der
Peisistratiden wurde bereits hingewiesen. Auch Polykrates von Samos erhielt
seine Macht mit ihrer Hülfe, und in der großartigsten Weise bedienten sich
des Söldnerthums die Tyrannen von Syrakus. Schon zu Anfang des pelo-
pynnesischen Krieges sandten die Syrakuser zur Belagerung von Pvtidaia eine
Miethstruppe; bei den alt hellenischen Volksstaaten jedoch trat die Söldnerei
erst im Verlaufe des Krieges uach und nach in den Vordergrund und zwar
zunächst auf den Flotten.

Athen hatte nämlich seine unbedingte Hegemonie zur See derart zu Stande
gebracht, daß es den kleineren Jnselgemeinden gestattete, den Kriegsdienst ge¬
gen Geld abzulösen. Dadurch entwaffnete es jene Bundesgenossen und erhielt
Mittel zur Werbung einer Flvttenmannschaft. So treten denn unter Demo-
sthenes auf Sizilien zuerst griechische Söldner im Dienste Athens in größerer
Anzahl auf (80 Kreter und 700 rhodische Schleuderer). In der That ließen
sich solche länger dauernden Expeditionen wie nach Sizilien oder Thrakien,
die nur durch unausgesetztes Verharren im Felde ihren Zweck erreichen konn¬
ten, mit den bisherigen Bürgeransgeboten, auch wenn sie besoldet wurden,
uicht durchführen; und daher nahm die Zahl eigentlicher Soldaten, die ein
Metier aus dein Waffendienste machten, schnell in wachsendem Verhältniß
zu. Dreizehnhundert thrakische Barbaren freilich, welche Athen in Sold ge¬
nommen, entließ es bald wieder, weil ihm die Kosten, (0,75 M. für den Tag)
zu bedentend erschienen, und benutzte sie dazu, auf dem Heimwege die Küsten
Böotiens grausam verheeren zu lassen. Aber die von Jahr zu Jahr mehr
druckenden Lasten des langen Krieges förderten die Entwickelung des Söldner-


den Schweizern suchten auch die Arkader ihr Glück im Reislauf. Selbst dem
Xerxes sollen sie, wie Herodot berichtet, ihre Arme angeboten haben. In einem
Fragmente des Lustspieldichters Antiphanes, welches die Haupterzeugnisse der
einzelnen Landschaften aufzählt, heißt es: „Sklaven aus Phrygien, Söldner
aber aus Arkadien"; und Thukydides bemerkt, indem er die Bundesgenossen
der Athener und Syrakuser aufzählt: „Die Mantineier jedoch und die übrigen
arkadischen Söldner, achteten auch jetzt, durch den Gewinn bewogen, ihre Lands-
leute, die mit den Korinthern gekommen waren, ohne Rücksicht auf die Bluts¬
verwandtschaft unbedenklich als Feinde." — Durch Hilfe der Karer soll schou
Psammetich die Herrschaft über das Nilthal gewonnen haben, und später
„streiften sie", wie Strabo sagt, „durch ganz Griechenland, für Gold Kriegs¬
dienst leistend. — Neben ihnen verdingten sich besonders die Kreter als Bo¬
genschützen. An allen diesen Völkerschaften aber haftete'die Schmach feiler und
sklavischer Gesinnung, und sie standen im Rufe der Unzuverlässigkeit und des
Mangels an Bürgertugend. — In der griechischen Geschichte erscheinen solche
gedungenen Mannschaften zuerst als Leibgarden der Tyrannen. Aus die der
Peisistratiden wurde bereits hingewiesen. Auch Polykrates von Samos erhielt
seine Macht mit ihrer Hülfe, und in der großartigsten Weise bedienten sich
des Söldnerthums die Tyrannen von Syrakus. Schon zu Anfang des pelo-
pynnesischen Krieges sandten die Syrakuser zur Belagerung von Pvtidaia eine
Miethstruppe; bei den alt hellenischen Volksstaaten jedoch trat die Söldnerei
erst im Verlaufe des Krieges uach und nach in den Vordergrund und zwar
zunächst auf den Flotten.

Athen hatte nämlich seine unbedingte Hegemonie zur See derart zu Stande
gebracht, daß es den kleineren Jnselgemeinden gestattete, den Kriegsdienst ge¬
gen Geld abzulösen. Dadurch entwaffnete es jene Bundesgenossen und erhielt
Mittel zur Werbung einer Flvttenmannschaft. So treten denn unter Demo-
sthenes auf Sizilien zuerst griechische Söldner im Dienste Athens in größerer
Anzahl auf (80 Kreter und 700 rhodische Schleuderer). In der That ließen
sich solche länger dauernden Expeditionen wie nach Sizilien oder Thrakien,
die nur durch unausgesetztes Verharren im Felde ihren Zweck erreichen konn¬
ten, mit den bisherigen Bürgeransgeboten, auch wenn sie besoldet wurden,
uicht durchführen; und daher nahm die Zahl eigentlicher Soldaten, die ein
Metier aus dein Waffendienste machten, schnell in wachsendem Verhältniß
zu. Dreizehnhundert thrakische Barbaren freilich, welche Athen in Sold ge¬
nommen, entließ es bald wieder, weil ihm die Kosten, (0,75 M. für den Tag)
zu bedentend erschienen, und benutzte sie dazu, auf dem Heimwege die Küsten
Böotiens grausam verheeren zu lassen. Aber die von Jahr zu Jahr mehr
druckenden Lasten des langen Krieges förderten die Entwickelung des Söldner-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/250>, abgerufen am 14.05.2024.