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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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der landschaftlichen Taxe, die in der Regel nur auf die Hälfte des frühern
Werthes zu stehen kam, -- so wurde es in der Regel von der Landschaft für
ihre Forderung an Kapitel und Zinsen verkauft.

Es wurde alsdann der Versuch gemacht, durch eine Verpachtung ans kurze
Zeit die Pfandbriefszinsen und eiuen Theil der Restzinsen ratenweise aufzu¬
bringen. Wenn aber dieses, wie gewöhnlich, nicht gelang, so verkaufte die Land¬
schaft das Gut um jeden Preis, erhielt dazu die Genehmigung des Herrn
Ober-Präsidenten, und liquidirte den Ausfall an Kapital und Zinsen bei ihm,
der solche auf die Königlichen Unterstützungsgelder anwies.

Es ist in Preußen notorisch und würde durch Erforschung bei den preu¬
ßischen Landschafts-Direktionen besonders zu Mohrungen und Königsberg leicht
zu ermitteln sein, daß auf solche Weise viele Güter für die Hälfte, ja für ein
Drittheil des früheren Erwerbs-Preises, ja sogar unter der Hälfte der land¬
schaftlichen Taxe verkauft, und daß dadurch ein Drittheil bis zur Hälfte des
landschaftlichen Pfandbriefs-Kapitals und sämmtliche Zinsen-Rückstände zum
Ausfall gekommen sind. Es sind auf solche Weise nicht selten Güter von
150,000 Thlr. früheren Werth für 50 bis 40,000 Thlr. verkauft worden." Den
Ausfall der Landschaft von 30,000 Thlr. bis 50,000 Thlr. und darüber hat der
Staat getragen.

Dem bisherigen Besitzer eines solchen Gutes wurde, je nachdem er sich
einiger Rücksicht auf eigne oder die Verdienste seiner Familie erfreuen durfte,
vom Herrn Ober-Präsidenten von Schön eine Pension auf solche Zinsen an¬
gewiesen, welche von den mit Kapital-Unterstützungen sub. 2 gedachten Guts¬
besitzern gezahlt werden sollten. Die Anweisung selbst wurde -- wie wenigstens
mehrere Fälle bekannt sind, auf die Person gestellt, so daß der Pensionär sich
feine Pension von dem zur Zinsenzahlung Verpflichteten abholen mußte. Und
dem letztern war vom Herrn Ober-Präsidenten nicht selten empfohlen, sich mit
dem erster" auf Naturalien an Wohnung, Holz, Getreide :c. zu einigen. --
Für manchen mit Ehren ergrauten Veteran ein wahrlich drückendes Verhältniß,
von welchem erst die Zukunft die rechten Folgen klar machen wird.

Der neue Acquirent solcher Güter -- nur selten ein hinter der Landschaft
eingetragener Gläubiger -- gewöhnlich ein Pächter oder bisheriger Sequester
oder Administrator erhielt nun die Güter, von dem dritten Theil, oft von der
Hälfte ihrer Hypothekenschulden befreit, gegen ein kleines Umgeld auf den
Kaufpreis, oft bei 40--50,000 Thlr. Kaufgeld, von 2-3 bis 5000 Thlr.; und
zur Abzahlung des nicht sicher gehaltenen landschaftliche,! Kapitals wurden
ihm bequeme Fristen und geringe Raten gesetzt, z. B. jährlich eine Abzahlung
von 1000 Thlr.

2) Wurde ein verschuldeter Gutsbesitzer von dem Herrn Ober-Präsidenten


der landschaftlichen Taxe, die in der Regel nur auf die Hälfte des frühern
Werthes zu stehen kam, — so wurde es in der Regel von der Landschaft für
ihre Forderung an Kapitel und Zinsen verkauft.

Es wurde alsdann der Versuch gemacht, durch eine Verpachtung ans kurze
Zeit die Pfandbriefszinsen und eiuen Theil der Restzinsen ratenweise aufzu¬
bringen. Wenn aber dieses, wie gewöhnlich, nicht gelang, so verkaufte die Land¬
schaft das Gut um jeden Preis, erhielt dazu die Genehmigung des Herrn
Ober-Präsidenten, und liquidirte den Ausfall an Kapital und Zinsen bei ihm,
der solche auf die Königlichen Unterstützungsgelder anwies.

Es ist in Preußen notorisch und würde durch Erforschung bei den preu¬
ßischen Landschafts-Direktionen besonders zu Mohrungen und Königsberg leicht
zu ermitteln sein, daß auf solche Weise viele Güter für die Hälfte, ja für ein
Drittheil des früheren Erwerbs-Preises, ja sogar unter der Hälfte der land¬
schaftlichen Taxe verkauft, und daß dadurch ein Drittheil bis zur Hälfte des
landschaftlichen Pfandbriefs-Kapitals und sämmtliche Zinsen-Rückstände zum
Ausfall gekommen sind. Es sind auf solche Weise nicht selten Güter von
150,000 Thlr. früheren Werth für 50 bis 40,000 Thlr. verkauft worden." Den
Ausfall der Landschaft von 30,000 Thlr. bis 50,000 Thlr. und darüber hat der
Staat getragen.

Dem bisherigen Besitzer eines solchen Gutes wurde, je nachdem er sich
einiger Rücksicht auf eigne oder die Verdienste seiner Familie erfreuen durfte,
vom Herrn Ober-Präsidenten von Schön eine Pension auf solche Zinsen an¬
gewiesen, welche von den mit Kapital-Unterstützungen sub. 2 gedachten Guts¬
besitzern gezahlt werden sollten. Die Anweisung selbst wurde — wie wenigstens
mehrere Fälle bekannt sind, auf die Person gestellt, so daß der Pensionär sich
feine Pension von dem zur Zinsenzahlung Verpflichteten abholen mußte. Und
dem letztern war vom Herrn Ober-Präsidenten nicht selten empfohlen, sich mit
dem erster« auf Naturalien an Wohnung, Holz, Getreide :c. zu einigen. —
Für manchen mit Ehren ergrauten Veteran ein wahrlich drückendes Verhältniß,
von welchem erst die Zukunft die rechten Folgen klar machen wird.

Der neue Acquirent solcher Güter — nur selten ein hinter der Landschaft
eingetragener Gläubiger — gewöhnlich ein Pächter oder bisheriger Sequester
oder Administrator erhielt nun die Güter, von dem dritten Theil, oft von der
Hälfte ihrer Hypothekenschulden befreit, gegen ein kleines Umgeld auf den
Kaufpreis, oft bei 40—50,000 Thlr. Kaufgeld, von 2-3 bis 5000 Thlr.; und
zur Abzahlung des nicht sicher gehaltenen landschaftliche,! Kapitals wurden
ihm bequeme Fristen und geringe Raten gesetzt, z. B. jährlich eine Abzahlung
von 1000 Thlr.

2) Wurde ein verschuldeter Gutsbesitzer von dem Herrn Ober-Präsidenten


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[0026] der landschaftlichen Taxe, die in der Regel nur auf die Hälfte des frühern Werthes zu stehen kam, — so wurde es in der Regel von der Landschaft für ihre Forderung an Kapitel und Zinsen verkauft. Es wurde alsdann der Versuch gemacht, durch eine Verpachtung ans kurze Zeit die Pfandbriefszinsen und eiuen Theil der Restzinsen ratenweise aufzu¬ bringen. Wenn aber dieses, wie gewöhnlich, nicht gelang, so verkaufte die Land¬ schaft das Gut um jeden Preis, erhielt dazu die Genehmigung des Herrn Ober-Präsidenten, und liquidirte den Ausfall an Kapital und Zinsen bei ihm, der solche auf die Königlichen Unterstützungsgelder anwies. Es ist in Preußen notorisch und würde durch Erforschung bei den preu¬ ßischen Landschafts-Direktionen besonders zu Mohrungen und Königsberg leicht zu ermitteln sein, daß auf solche Weise viele Güter für die Hälfte, ja für ein Drittheil des früheren Erwerbs-Preises, ja sogar unter der Hälfte der land¬ schaftlichen Taxe verkauft, und daß dadurch ein Drittheil bis zur Hälfte des landschaftlichen Pfandbriefs-Kapitals und sämmtliche Zinsen-Rückstände zum Ausfall gekommen sind. Es sind auf solche Weise nicht selten Güter von 150,000 Thlr. früheren Werth für 50 bis 40,000 Thlr. verkauft worden." Den Ausfall der Landschaft von 30,000 Thlr. bis 50,000 Thlr. und darüber hat der Staat getragen. Dem bisherigen Besitzer eines solchen Gutes wurde, je nachdem er sich einiger Rücksicht auf eigne oder die Verdienste seiner Familie erfreuen durfte, vom Herrn Ober-Präsidenten von Schön eine Pension auf solche Zinsen an¬ gewiesen, welche von den mit Kapital-Unterstützungen sub. 2 gedachten Guts¬ besitzern gezahlt werden sollten. Die Anweisung selbst wurde — wie wenigstens mehrere Fälle bekannt sind, auf die Person gestellt, so daß der Pensionär sich feine Pension von dem zur Zinsenzahlung Verpflichteten abholen mußte. Und dem letztern war vom Herrn Ober-Präsidenten nicht selten empfohlen, sich mit dem erster« auf Naturalien an Wohnung, Holz, Getreide :c. zu einigen. — Für manchen mit Ehren ergrauten Veteran ein wahrlich drückendes Verhältniß, von welchem erst die Zukunft die rechten Folgen klar machen wird. Der neue Acquirent solcher Güter — nur selten ein hinter der Landschaft eingetragener Gläubiger — gewöhnlich ein Pächter oder bisheriger Sequester oder Administrator erhielt nun die Güter, von dem dritten Theil, oft von der Hälfte ihrer Hypothekenschulden befreit, gegen ein kleines Umgeld auf den Kaufpreis, oft bei 40—50,000 Thlr. Kaufgeld, von 2-3 bis 5000 Thlr.; und zur Abzahlung des nicht sicher gehaltenen landschaftliche,! Kapitals wurden ihm bequeme Fristen und geringe Raten gesetzt, z. B. jährlich eine Abzahlung von 1000 Thlr. 2) Wurde ein verschuldeter Gutsbesitzer von dem Herrn Ober-Präsidenten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/26>, abgerufen am 15.05.2024.