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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Zeitung Wendpost), zur Theil freilich auch in einigen leichter zugänglichen
kunstgewerblichen Zeitschriften gedruckt waren, jetzt aber in einem elegant aus¬
gestatteten, handlichem Bande in erneuter, vielfach erweiterter Gestalt erscheinen,
mit besonderer Freude. Was wir vou den Arbeiten Falke's überhaupt zu
rühmen haben, daß sie in einer angenehmen, Jedem leicht verständlichen Form
anregend und belehrend sind und daß sie- viel Neues bieten, gilt anch von
diesen Aufsätzen. Sie gehören im Wesentlichen dem Gebiete des Kunstge¬
werbes an, spielen aber, wie es bei jeder größeren Arbeit der Art, welche
ihre Aufgabe vollkommen erfüllen will, sein sollte, in das Gebiet der allge¬
meinen Kulturgeschichte hinüber, denn die Kunst ist nur die Blüthe der allge¬
meinen Kultur. Sonst sind sie sehr verschiedenartig nach Gegenstand, Behand¬
lung und Form, und nach dem Zweck, welchen sie ursprünglich zu erfüllen
hatten. Einige derselben waren znerst öffentlich gehaltene Vorträge.

Der erste Aufsatz giebt in einer vortrefflichen, für ähnliche Arbeiten
mustergiltigen Darstellung eine Geschichte des Englischen Wohnhauses.
Falke legt die Entwickelung desselben ans dem einfachen Bauernhause der
Angelsachsen, unter sorgfältiger Berücksichtigung der politischen und sozialen
Verhältnisse, der im Laufe der Zeit sich steigernden Bedürfnisse und mancherlei
fremder Einflüsse, bis zur Ausbildung des Elisabethstyls mit vollkommener
Klarheit dar, beschreibt dann das Eindringen der Renaissattee, die Bildung der
großen Paläste im sogenannten Paladianischen Styl und schildert schließlich
mit großer Liebe und besonderem Geschick das moderne städtische Wohnhaus
der Engländer der Gegenwart im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen,
besonders auch die Einrichtung und Ausstattung der einzelnen, verschiedenen
Zwecken gewidmeten Zimmer, mit ihrem modernen Komfort.

Die zweite größere Arbeit ist eine kurz gefaßte, übersichtliche geiht- und
gehaltvolle Darstellung der Geschichte des Kostüms, von der ältesten Zeit
mit den Assyriern und Aegyptern anfangend, bis in unsere Tage, bis zum
Jahre 1877. Es ist vielleicht die beste Arbeit, welche wir über Kostüm-Ge¬
schichte besitze". Falke weist darin die stetige Enwickelung des Einen aus dem
Andern mit Rücksicht auf Klima, Sitten und Gebräuche, politische Verhältnisse,
allgemeine Kulturzustände u. A. nach, und knüpft daran ästhetisch-kritische Be¬
merkungen, welche mit wenigen Worten in das wahre Verständniß des Gegen¬
standes einführen, uns die sehr einfachen und leicht begreiflichen Anhaltspunkte
für Beurtheilung der Kostüme mit Rücksicht auf Zweckmäßigkeit und Schönheit
darlegen. Möchte diese Abhandlung doch recht fleißig und gründlich von unsern
Modethrannen gelesen werden, welche unsere Damen, die sich nicht getrauen, ein
eigenes Urtheil zu haben, dazu zwingen das Widersinnigste, Unbequemste und
Häßlichste zu kaufen, zu tragen und sogar noch schön zu finden, weil es eben
Mode ist.


Zeitung Wendpost), zur Theil freilich auch in einigen leichter zugänglichen
kunstgewerblichen Zeitschriften gedruckt waren, jetzt aber in einem elegant aus¬
gestatteten, handlichem Bande in erneuter, vielfach erweiterter Gestalt erscheinen,
mit besonderer Freude. Was wir vou den Arbeiten Falke's überhaupt zu
rühmen haben, daß sie in einer angenehmen, Jedem leicht verständlichen Form
anregend und belehrend sind und daß sie- viel Neues bieten, gilt anch von
diesen Aufsätzen. Sie gehören im Wesentlichen dem Gebiete des Kunstge¬
werbes an, spielen aber, wie es bei jeder größeren Arbeit der Art, welche
ihre Aufgabe vollkommen erfüllen will, sein sollte, in das Gebiet der allge¬
meinen Kulturgeschichte hinüber, denn die Kunst ist nur die Blüthe der allge¬
meinen Kultur. Sonst sind sie sehr verschiedenartig nach Gegenstand, Behand¬
lung und Form, und nach dem Zweck, welchen sie ursprünglich zu erfüllen
hatten. Einige derselben waren znerst öffentlich gehaltene Vorträge.

Der erste Aufsatz giebt in einer vortrefflichen, für ähnliche Arbeiten
mustergiltigen Darstellung eine Geschichte des Englischen Wohnhauses.
Falke legt die Entwickelung desselben ans dem einfachen Bauernhause der
Angelsachsen, unter sorgfältiger Berücksichtigung der politischen und sozialen
Verhältnisse, der im Laufe der Zeit sich steigernden Bedürfnisse und mancherlei
fremder Einflüsse, bis zur Ausbildung des Elisabethstyls mit vollkommener
Klarheit dar, beschreibt dann das Eindringen der Renaissattee, die Bildung der
großen Paläste im sogenannten Paladianischen Styl und schildert schließlich
mit großer Liebe und besonderem Geschick das moderne städtische Wohnhaus
der Engländer der Gegenwart im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen,
besonders auch die Einrichtung und Ausstattung der einzelnen, verschiedenen
Zwecken gewidmeten Zimmer, mit ihrem modernen Komfort.

Die zweite größere Arbeit ist eine kurz gefaßte, übersichtliche geiht- und
gehaltvolle Darstellung der Geschichte des Kostüms, von der ältesten Zeit
mit den Assyriern und Aegyptern anfangend, bis in unsere Tage, bis zum
Jahre 1877. Es ist vielleicht die beste Arbeit, welche wir über Kostüm-Ge¬
schichte besitze«. Falke weist darin die stetige Enwickelung des Einen aus dem
Andern mit Rücksicht auf Klima, Sitten und Gebräuche, politische Verhältnisse,
allgemeine Kulturzustände u. A. nach, und knüpft daran ästhetisch-kritische Be¬
merkungen, welche mit wenigen Worten in das wahre Verständniß des Gegen¬
standes einführen, uns die sehr einfachen und leicht begreiflichen Anhaltspunkte
für Beurtheilung der Kostüme mit Rücksicht auf Zweckmäßigkeit und Schönheit
darlegen. Möchte diese Abhandlung doch recht fleißig und gründlich von unsern
Modethrannen gelesen werden, welche unsere Damen, die sich nicht getrauen, ein
eigenes Urtheil zu haben, dazu zwingen das Widersinnigste, Unbequemste und
Häßlichste zu kaufen, zu tragen und sogar noch schön zu finden, weil es eben
Mode ist.


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[0444] Zeitung Wendpost), zur Theil freilich auch in einigen leichter zugänglichen kunstgewerblichen Zeitschriften gedruckt waren, jetzt aber in einem elegant aus¬ gestatteten, handlichem Bande in erneuter, vielfach erweiterter Gestalt erscheinen, mit besonderer Freude. Was wir vou den Arbeiten Falke's überhaupt zu rühmen haben, daß sie in einer angenehmen, Jedem leicht verständlichen Form anregend und belehrend sind und daß sie- viel Neues bieten, gilt anch von diesen Aufsätzen. Sie gehören im Wesentlichen dem Gebiete des Kunstge¬ werbes an, spielen aber, wie es bei jeder größeren Arbeit der Art, welche ihre Aufgabe vollkommen erfüllen will, sein sollte, in das Gebiet der allge¬ meinen Kulturgeschichte hinüber, denn die Kunst ist nur die Blüthe der allge¬ meinen Kultur. Sonst sind sie sehr verschiedenartig nach Gegenstand, Behand¬ lung und Form, und nach dem Zweck, welchen sie ursprünglich zu erfüllen hatten. Einige derselben waren znerst öffentlich gehaltene Vorträge. Der erste Aufsatz giebt in einer vortrefflichen, für ähnliche Arbeiten mustergiltigen Darstellung eine Geschichte des Englischen Wohnhauses. Falke legt die Entwickelung desselben ans dem einfachen Bauernhause der Angelsachsen, unter sorgfältiger Berücksichtigung der politischen und sozialen Verhältnisse, der im Laufe der Zeit sich steigernden Bedürfnisse und mancherlei fremder Einflüsse, bis zur Ausbildung des Elisabethstyls mit vollkommener Klarheit dar, beschreibt dann das Eindringen der Renaissattee, die Bildung der großen Paläste im sogenannten Paladianischen Styl und schildert schließlich mit großer Liebe und besonderem Geschick das moderne städtische Wohnhaus der Engländer der Gegenwart im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen, besonders auch die Einrichtung und Ausstattung der einzelnen, verschiedenen Zwecken gewidmeten Zimmer, mit ihrem modernen Komfort. Die zweite größere Arbeit ist eine kurz gefaßte, übersichtliche geiht- und gehaltvolle Darstellung der Geschichte des Kostüms, von der ältesten Zeit mit den Assyriern und Aegyptern anfangend, bis in unsere Tage, bis zum Jahre 1877. Es ist vielleicht die beste Arbeit, welche wir über Kostüm-Ge¬ schichte besitze«. Falke weist darin die stetige Enwickelung des Einen aus dem Andern mit Rücksicht auf Klima, Sitten und Gebräuche, politische Verhältnisse, allgemeine Kulturzustände u. A. nach, und knüpft daran ästhetisch-kritische Be¬ merkungen, welche mit wenigen Worten in das wahre Verständniß des Gegen¬ standes einführen, uns die sehr einfachen und leicht begreiflichen Anhaltspunkte für Beurtheilung der Kostüme mit Rücksicht auf Zweckmäßigkeit und Schönheit darlegen. Möchte diese Abhandlung doch recht fleißig und gründlich von unsern Modethrannen gelesen werden, welche unsere Damen, die sich nicht getrauen, ein eigenes Urtheil zu haben, dazu zwingen das Widersinnigste, Unbequemste und Häßlichste zu kaufen, zu tragen und sogar noch schön zu finden, weil es eben Mode ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/444>, abgerufen am 16.05.2024.