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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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der Beute gehörte. Seitdem die Unternehmungen Spartas jedoch umfassender
geworden, bestellte man auch andere Männer zu Anführern, welche dann den
Titel der Strategen erhielten. Die dem Könige oder dem Strategen zunächst
untergeordneten Befehlshaber waren die Polemarchen, deren es zu Xenophons
Zeit sechs gab und denen wieder die Lochagen, die Pentekosteren und
die Enomotarchen unterstanden. "Das ganze Heer" sagt Thukydides setzte
sich gleichsam aus einer Kette von Befehlshabern zusammen, deren in eincmder-
greifendes Wirken die schnellste und pünktlichste Ausführung jedes Befehls
sicherte, sobald der Feldherr ihn nur ausgesprochen."^) Diese taktische Vir¬
tuosität besaß kein anderes Heer. Während bei den übrigen Griechen jedes
Kommando vom Heerführer selbst dem Herolde gegeben und von diesem lant
ausgerufen wurde, hörte man bei den Spartanern keinen Laut. Leise gingen
die Befehle von einer Rangstufe zur anderen. Während die Hopliten anderer
Stämme Richtung und Fühlung so gut bewahrten als es eben gehen mochte,
marschirten die Spartaner in bewunderungswürdiger Haltung ruhigen Schrittes
ohne Uebereilung nach dem Takt ihrer zahlreichen jPfeifer stets geschlossen und
stets in der Richtung. Während die Bürgersoldaten der übrigen Kantone bei
unerwarteten Bewegungen stets in Unruhe und Aufregung geriethen, wurde
von den Spartanern jeder Aufmarsch, jede Frontveräuderung mit größter Leich¬
tigkeit und Sicherheit ausgeführt. Immer sah man die Rottenführer dem
Feinde zunächst im ersten Gliede bleiben. Ihr Exerzierreglement hielten die
Spartaner geheim, ebenso den Organismus des Heeres. Nicht in der Volks¬
versammlung wurde die Stärke des Auszugs festgestellt, sondern die Ephoren
gaben in aller Stille den Befehl zur Bereitschaft und zum Ausrücken. Dabei
wurden nur die Altersklassen angegeben, welche einzutreten hätten, und den
unterworfenen Ortschaften die Gestellung einer gewissen Zahl von Handwerkern
und Troßknechten aufgegeben. Alles das geschah jedoch im größten Geheimnis,
und es war nicht leicht, die Stärke der spartanischen Armee zu kennen, mit der
man es zu thun hatte. Bevor das Heer aufbrach, opferte der König dem
Zeus, und wenn die Zeichen günstig schienen, so zündete der Pyrphoros an
der Flamme des Altars das Feuer an, welches er noch uralter, fernster Vor¬
zeit entstammender Sitte, dem Heere voraufzutragen hatte. Auch an der Grenze
wurde wieder geopfert, und es fehlt nicht an Beispielen, daß spartanische Heere
wieder zurückkehrten, weil das Grenzopfer unglücklich ausfiel. Ein altes Holz¬
bild der sich umschlungen haltenden Dioskuren, der Schutzgötter Spartas, be¬
gleitete die Könige in's Feld und bot dem Heer das Vorbild rüstigen Kampfes
und treuer Waffenbrüderschaft.



*) Thukyd: V. Vergl. Pluwrch. Pelop. o. 23.

der Beute gehörte. Seitdem die Unternehmungen Spartas jedoch umfassender
geworden, bestellte man auch andere Männer zu Anführern, welche dann den
Titel der Strategen erhielten. Die dem Könige oder dem Strategen zunächst
untergeordneten Befehlshaber waren die Polemarchen, deren es zu Xenophons
Zeit sechs gab und denen wieder die Lochagen, die Pentekosteren und
die Enomotarchen unterstanden. „Das ganze Heer" sagt Thukydides setzte
sich gleichsam aus einer Kette von Befehlshabern zusammen, deren in eincmder-
greifendes Wirken die schnellste und pünktlichste Ausführung jedes Befehls
sicherte, sobald der Feldherr ihn nur ausgesprochen."^) Diese taktische Vir¬
tuosität besaß kein anderes Heer. Während bei den übrigen Griechen jedes
Kommando vom Heerführer selbst dem Herolde gegeben und von diesem lant
ausgerufen wurde, hörte man bei den Spartanern keinen Laut. Leise gingen
die Befehle von einer Rangstufe zur anderen. Während die Hopliten anderer
Stämme Richtung und Fühlung so gut bewahrten als es eben gehen mochte,
marschirten die Spartaner in bewunderungswürdiger Haltung ruhigen Schrittes
ohne Uebereilung nach dem Takt ihrer zahlreichen jPfeifer stets geschlossen und
stets in der Richtung. Während die Bürgersoldaten der übrigen Kantone bei
unerwarteten Bewegungen stets in Unruhe und Aufregung geriethen, wurde
von den Spartanern jeder Aufmarsch, jede Frontveräuderung mit größter Leich¬
tigkeit und Sicherheit ausgeführt. Immer sah man die Rottenführer dem
Feinde zunächst im ersten Gliede bleiben. Ihr Exerzierreglement hielten die
Spartaner geheim, ebenso den Organismus des Heeres. Nicht in der Volks¬
versammlung wurde die Stärke des Auszugs festgestellt, sondern die Ephoren
gaben in aller Stille den Befehl zur Bereitschaft und zum Ausrücken. Dabei
wurden nur die Altersklassen angegeben, welche einzutreten hätten, und den
unterworfenen Ortschaften die Gestellung einer gewissen Zahl von Handwerkern
und Troßknechten aufgegeben. Alles das geschah jedoch im größten Geheimnis,
und es war nicht leicht, die Stärke der spartanischen Armee zu kennen, mit der
man es zu thun hatte. Bevor das Heer aufbrach, opferte der König dem
Zeus, und wenn die Zeichen günstig schienen, so zündete der Pyrphoros an
der Flamme des Altars das Feuer an, welches er noch uralter, fernster Vor¬
zeit entstammender Sitte, dem Heere voraufzutragen hatte. Auch an der Grenze
wurde wieder geopfert, und es fehlt nicht an Beispielen, daß spartanische Heere
wieder zurückkehrten, weil das Grenzopfer unglücklich ausfiel. Ein altes Holz¬
bild der sich umschlungen haltenden Dioskuren, der Schutzgötter Spartas, be¬
gleitete die Könige in's Feld und bot dem Heer das Vorbild rüstigen Kampfes
und treuer Waffenbrüderschaft.



*) Thukyd: V. Vergl. Pluwrch. Pelop. o. 23.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/59>, abgerufen am 29.05.2024.