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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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nach den Mitteln, deren sich die Stadtverwaltung zur Aufbringung der be-
nöthigten Summen bediente. Wir stoßen da zuerst auf eine Grundsteuer. Die
erste Spur einer solchen findet sich bereits im ältesten Stadtrecht v. I. 1104.
Dort heißt es, daß dem Bischof jährlich von den Höfen ein Grundzins von
4 Talenten gebührt. Es deutet diese Abgabe, der sämmtliche Höfe unterworfen
waren, gleichviel ob sie im Uebrigen freies Eigenthum waren oder nicht, mit
ziemlicher Sicherheit auf einen früheren Zustand eiuer allgemeinen Hofhörigkeit
des gesammten städtischen Grund und Bodens hin, von der sich dann als
letzter Nest eben jener Michaeliszins bis in das zwölfte Jahrhundert herein
erhalten haben würde, wenn wir nicht annehmen wollen, daß diese Abgabe
ihrem Wesen nach nur eine Art Rekvguitivnsgebühr für die bischöfliche Herr¬
schaft, ein Ehrensold, ähnlich den andern in der Urkunde aufgeführten Ehren-
leistungen der Bürger, gewesen ist. Jedenfalls aber ist der in dem großen
Stadtrecht vom Jahre 1276 genannte Michaelisgruudzins nur eine Fortbildung
jeuer ältesten Grundsteuer. Darauf läßt nicht nur die gleiche Erhebnngszeit,
sondern anch der Umstand schließen, daß beide steilern von dem Zöllner per-
zipirt wurden. Doch tritt bezüglich der steuerpflichtigen Grundstücke ein Unter¬
schied insofern hervor, daß, während jener älteste Grundzins alle Hofstätten
der Stadt gleichmäßig belastet, die Grundsteuer des zweiten Stadtrechts nur
von den freien, nnter Stadtrecht stehenden Grundstücken erhoben werden soll.
Schwieriger ist die Frage, in wessen Kasse dieselbe floß, in die des Bischofs
oder in die der Stadt: ich vermuthe in die letztere, da Klagen wegen Nicht-
entrichtung an den (uichtbischöflichen) Vogt gingen nud die Entrichtung einen
Anspruch ans das Bürgerrecht gewährte.

Neben dieser ständigen Grundsteuer auf Eigengüter stoßen wir schon bald
uach dem Erlaß des zweiten Stadtrechts auf eine unständige, von allen städti¬
schen Grundstücken, gleichviel ob Eigen, Lehen oder Leibdeging, zu erhebende
Grundsteuer. Sie wurde im Bedürfnißfall erhoben und dann vom Rathe
jedesmal besonders festgesetzt, mit welchem Prozentsatz'der Grundrente die ein¬
zelnen Arten der Grundstücke zur Steuer herangezogen werden sollten. So
bestimmt der Rath beispielsweise im Jahre 1374, daß bei selbst bewohnten
Häusern das letzte Zinserträgniß oder, im Falle daß dieselben niemals ver¬
miethet waren, die eigene Schätzung des Eigenthümers als Steuerpflichtige
Häuserrente angenommen und hievon 10 Prozent als Steuer abgeführt wer¬
den sollen; bei selbst bewirthschafteten Liegenschaften soll gleichfalls die eigene
Schätzung acceptirt, als Steuer aber uur 5 Prozent abgegeben werden. --
Neben dieser Grundrentensteuer begegnet uns in der gleichen Zeit eine Kapital-
reuteusteuer. Auch diese wird unständig und in verschiedener Höhe erhoben.
So bestimmt ein Rathserlaß vom Jahre 1291, daß alle Renten von Kapitalien


nach den Mitteln, deren sich die Stadtverwaltung zur Aufbringung der be-
nöthigten Summen bediente. Wir stoßen da zuerst auf eine Grundsteuer. Die
erste Spur einer solchen findet sich bereits im ältesten Stadtrecht v. I. 1104.
Dort heißt es, daß dem Bischof jährlich von den Höfen ein Grundzins von
4 Talenten gebührt. Es deutet diese Abgabe, der sämmtliche Höfe unterworfen
waren, gleichviel ob sie im Uebrigen freies Eigenthum waren oder nicht, mit
ziemlicher Sicherheit auf einen früheren Zustand eiuer allgemeinen Hofhörigkeit
des gesammten städtischen Grund und Bodens hin, von der sich dann als
letzter Nest eben jener Michaeliszins bis in das zwölfte Jahrhundert herein
erhalten haben würde, wenn wir nicht annehmen wollen, daß diese Abgabe
ihrem Wesen nach nur eine Art Rekvguitivnsgebühr für die bischöfliche Herr¬
schaft, ein Ehrensold, ähnlich den andern in der Urkunde aufgeführten Ehren-
leistungen der Bürger, gewesen ist. Jedenfalls aber ist der in dem großen
Stadtrecht vom Jahre 1276 genannte Michaelisgruudzins nur eine Fortbildung
jeuer ältesten Grundsteuer. Darauf läßt nicht nur die gleiche Erhebnngszeit,
sondern anch der Umstand schließen, daß beide steilern von dem Zöllner per-
zipirt wurden. Doch tritt bezüglich der steuerpflichtigen Grundstücke ein Unter¬
schied insofern hervor, daß, während jener älteste Grundzins alle Hofstätten
der Stadt gleichmäßig belastet, die Grundsteuer des zweiten Stadtrechts nur
von den freien, nnter Stadtrecht stehenden Grundstücken erhoben werden soll.
Schwieriger ist die Frage, in wessen Kasse dieselbe floß, in die des Bischofs
oder in die der Stadt: ich vermuthe in die letztere, da Klagen wegen Nicht-
entrichtung an den (uichtbischöflichen) Vogt gingen nud die Entrichtung einen
Anspruch ans das Bürgerrecht gewährte.

Neben dieser ständigen Grundsteuer auf Eigengüter stoßen wir schon bald
uach dem Erlaß des zweiten Stadtrechts auf eine unständige, von allen städti¬
schen Grundstücken, gleichviel ob Eigen, Lehen oder Leibdeging, zu erhebende
Grundsteuer. Sie wurde im Bedürfnißfall erhoben und dann vom Rathe
jedesmal besonders festgesetzt, mit welchem Prozentsatz'der Grundrente die ein¬
zelnen Arten der Grundstücke zur Steuer herangezogen werden sollten. So
bestimmt der Rath beispielsweise im Jahre 1374, daß bei selbst bewohnten
Häusern das letzte Zinserträgniß oder, im Falle daß dieselben niemals ver¬
miethet waren, die eigene Schätzung des Eigenthümers als Steuerpflichtige
Häuserrente angenommen und hievon 10 Prozent als Steuer abgeführt wer¬
den sollen; bei selbst bewirthschafteten Liegenschaften soll gleichfalls die eigene
Schätzung acceptirt, als Steuer aber uur 5 Prozent abgegeben werden. —
Neben dieser Grundrentensteuer begegnet uns in der gleichen Zeit eine Kapital-
reuteusteuer. Auch diese wird unständig und in verschiedener Höhe erhoben.
So bestimmt ein Rathserlaß vom Jahre 1291, daß alle Renten von Kapitalien


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/69>, abgerufen am 29.05.2024.