Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

wollen wir die Republik regieren in einer Weise, daß die Republikaner für
alle Ewigkeit in Amerika verhaßt werden."

Diese Ausbrüche südlichen Jubels klingen etwas wild und siegesberanscht,
aber sie dienen zur Charakteristik der Gefühle und Gesinnungen, welche gegen¬
wärtig einen großen Theil der Südstaaten der Union beseelen. Es kann daher
nicht Wunder nehmen, wenn man im Norden der Union von dem Herannahen
einer "neuen Rebellion" spricht. Die "New-Aork Times" warnt die "neuen
Rebellen." und ruft ihnen zu, sie sollen sich nicht dem Wahne hingeben, daß
der Geist von 1861 im Norden geschwunden sei. Wenn die Südländer so
fortführen, wie sie jetzt angefangen, dann würden sie mit Schrecken und zu
ihrem Schaden erfahren, wie rege jener Geist sei, nachdem sie ihn übermüthig
und leichtsinnig aus seinem Schlummer geweckt. Die "New-Dorr Tribüne"
aber freut sich über den Umstand, daß die "neue Rebellion" schon jetzt so
keck hervortritt und den Augenblick kaum erwarten kann, wo ihre Urheber auch
die Macht, sie glücklich durchzuführen, an sich gerissen haben werden. "Hätten
die Rebellenstaatsmänner," bemerkt das genannte Blatt, "von denen die Union
und die neuesten Verfassungsamendements nach dem Bürgerkriege anerkannt
wurden, noch eine Weile gewartet, so wäre es möglich gewesen, daß sie die
Resultate jenes schrecklichen Kampfes durch ihre Stimmen an der Wahlurne
hätten ungeschehen machen können. Nach allen unseren Opfern und Leide"
mochten die von uns im Felde besiegten uns um die Früchte des Sieges
betrogen haben. Zum Glück aber warnen sie uns täglich aufs neue. Der
loyale Norden sieht und erkennt die Gefahr, und er wird ihr zu begegnen
wissen, er wird keine zweite Sklavenhalter-Rebellion aufkommen lassen. Bevor
der Triumph der Südländer vollkommen ist, werden dieselben mit derselben
Partei zu rechnen haben, die mit ihnen bei Antietam und Gettysburg zusammen¬
traf, sie zu Boden warf und die Union rettete."

Als der 46. Kongreß am 18. März d. I. zu einer Extra-Sitzung zu¬
sammentrat, zeigte es sich, daß die Warnungen der unionstreuen republikani¬
schen Blätter nicht ungehört verhallt waren. Wohl hatten die Heißsporne der
demokratischen Partei am Tage vorher in einer Parteiversammlung den
energischen Versuch gemacht, für das wichtige Sprecheramt im Repräsentan¬
tenhaus" des Kongresses einen ihrer talentvollsten Führer, Blackburn aus
Kentucky, zu ernennen, allein der besonnenere Theil der Partei erkannte die
Gefahr, die aus einem solchen rücksichtslosen Vorgehen entstehen würde, und
entschied sich für den früheren Sprecher, Randall aus Pennsylvanien. Dem¬
nach hat der extreme Flügel der demokratischen Partei vorerst eine Nieder¬
lage erlitten. Wie lange aber die ruhiger denkenden Mitglieder ihre sich
überstürzenden Parteigenossen werden im Zaume halten können, ist sehr


wollen wir die Republik regieren in einer Weise, daß die Republikaner für
alle Ewigkeit in Amerika verhaßt werden."

Diese Ausbrüche südlichen Jubels klingen etwas wild und siegesberanscht,
aber sie dienen zur Charakteristik der Gefühle und Gesinnungen, welche gegen¬
wärtig einen großen Theil der Südstaaten der Union beseelen. Es kann daher
nicht Wunder nehmen, wenn man im Norden der Union von dem Herannahen
einer „neuen Rebellion" spricht. Die „New-Aork Times" warnt die „neuen
Rebellen." und ruft ihnen zu, sie sollen sich nicht dem Wahne hingeben, daß
der Geist von 1861 im Norden geschwunden sei. Wenn die Südländer so
fortführen, wie sie jetzt angefangen, dann würden sie mit Schrecken und zu
ihrem Schaden erfahren, wie rege jener Geist sei, nachdem sie ihn übermüthig
und leichtsinnig aus seinem Schlummer geweckt. Die „New-Dorr Tribüne"
aber freut sich über den Umstand, daß die „neue Rebellion" schon jetzt so
keck hervortritt und den Augenblick kaum erwarten kann, wo ihre Urheber auch
die Macht, sie glücklich durchzuführen, an sich gerissen haben werden. „Hätten
die Rebellenstaatsmänner," bemerkt das genannte Blatt, „von denen die Union
und die neuesten Verfassungsamendements nach dem Bürgerkriege anerkannt
wurden, noch eine Weile gewartet, so wäre es möglich gewesen, daß sie die
Resultate jenes schrecklichen Kampfes durch ihre Stimmen an der Wahlurne
hätten ungeschehen machen können. Nach allen unseren Opfern und Leide»
mochten die von uns im Felde besiegten uns um die Früchte des Sieges
betrogen haben. Zum Glück aber warnen sie uns täglich aufs neue. Der
loyale Norden sieht und erkennt die Gefahr, und er wird ihr zu begegnen
wissen, er wird keine zweite Sklavenhalter-Rebellion aufkommen lassen. Bevor
der Triumph der Südländer vollkommen ist, werden dieselben mit derselben
Partei zu rechnen haben, die mit ihnen bei Antietam und Gettysburg zusammen¬
traf, sie zu Boden warf und die Union rettete."

Als der 46. Kongreß am 18. März d. I. zu einer Extra-Sitzung zu¬
sammentrat, zeigte es sich, daß die Warnungen der unionstreuen republikani¬
schen Blätter nicht ungehört verhallt waren. Wohl hatten die Heißsporne der
demokratischen Partei am Tage vorher in einer Parteiversammlung den
energischen Versuch gemacht, für das wichtige Sprecheramt im Repräsentan¬
tenhaus« des Kongresses einen ihrer talentvollsten Führer, Blackburn aus
Kentucky, zu ernennen, allein der besonnenere Theil der Partei erkannte die
Gefahr, die aus einem solchen rücksichtslosen Vorgehen entstehen würde, und
entschied sich für den früheren Sprecher, Randall aus Pennsylvanien. Dem¬
nach hat der extreme Flügel der demokratischen Partei vorerst eine Nieder¬
lage erlitten. Wie lange aber die ruhiger denkenden Mitglieder ihre sich
überstürzenden Parteigenossen werden im Zaume halten können, ist sehr


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142071"/>
          <p xml:id="ID_343" prev="#ID_342"> wollen wir die Republik regieren in einer Weise, daß die Republikaner für<lb/>
alle Ewigkeit in Amerika verhaßt werden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_344"> Diese Ausbrüche südlichen Jubels klingen etwas wild und siegesberanscht,<lb/>
aber sie dienen zur Charakteristik der Gefühle und Gesinnungen, welche gegen¬<lb/>
wärtig einen großen Theil der Südstaaten der Union beseelen. Es kann daher<lb/>
nicht Wunder nehmen, wenn man im Norden der Union von dem Herannahen<lb/>
einer &#x201E;neuen Rebellion" spricht. Die &#x201E;New-Aork Times" warnt die &#x201E;neuen<lb/>
Rebellen." und ruft ihnen zu, sie sollen sich nicht dem Wahne hingeben, daß<lb/>
der Geist von 1861 im Norden geschwunden sei. Wenn die Südländer so<lb/>
fortführen, wie sie jetzt angefangen, dann würden sie mit Schrecken und zu<lb/>
ihrem Schaden erfahren, wie rege jener Geist sei, nachdem sie ihn übermüthig<lb/>
und leichtsinnig aus seinem Schlummer geweckt. Die &#x201E;New-Dorr Tribüne"<lb/>
aber freut sich über den Umstand, daß die &#x201E;neue Rebellion" schon jetzt so<lb/>
keck hervortritt und den Augenblick kaum erwarten kann, wo ihre Urheber auch<lb/>
die Macht, sie glücklich durchzuführen, an sich gerissen haben werden. &#x201E;Hätten<lb/>
die Rebellenstaatsmänner," bemerkt das genannte Blatt, &#x201E;von denen die Union<lb/>
und die neuesten Verfassungsamendements nach dem Bürgerkriege anerkannt<lb/>
wurden, noch eine Weile gewartet, so wäre es möglich gewesen, daß sie die<lb/>
Resultate jenes schrecklichen Kampfes durch ihre Stimmen an der Wahlurne<lb/>
hätten ungeschehen machen können. Nach allen unseren Opfern und Leide»<lb/>
mochten die von uns im Felde besiegten uns um die Früchte des Sieges<lb/>
betrogen haben. Zum Glück aber warnen sie uns täglich aufs neue. Der<lb/>
loyale Norden sieht und erkennt die Gefahr, und er wird ihr zu begegnen<lb/>
wissen, er wird keine zweite Sklavenhalter-Rebellion aufkommen lassen. Bevor<lb/>
der Triumph der Südländer vollkommen ist, werden dieselben mit derselben<lb/>
Partei zu rechnen haben, die mit ihnen bei Antietam und Gettysburg zusammen¬<lb/>
traf, sie zu Boden warf und die Union rettete."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_345" next="#ID_346"> Als der 46. Kongreß am 18. März d. I. zu einer Extra-Sitzung zu¬<lb/>
sammentrat, zeigte es sich, daß die Warnungen der unionstreuen republikani¬<lb/>
schen Blätter nicht ungehört verhallt waren. Wohl hatten die Heißsporne der<lb/>
demokratischen Partei am Tage vorher in einer Parteiversammlung den<lb/>
energischen Versuch gemacht, für das wichtige Sprecheramt im Repräsentan¬<lb/>
tenhaus« des Kongresses einen ihrer talentvollsten Führer, Blackburn aus<lb/>
Kentucky, zu ernennen, allein der besonnenere Theil der Partei erkannte die<lb/>
Gefahr, die aus einem solchen rücksichtslosen Vorgehen entstehen würde, und<lb/>
entschied sich für den früheren Sprecher, Randall aus Pennsylvanien. Dem¬<lb/>
nach hat der extreme Flügel der demokratischen Partei vorerst eine Nieder¬<lb/>
lage erlitten. Wie lange aber die ruhiger denkenden Mitglieder ihre sich<lb/>
überstürzenden Parteigenossen werden im Zaume halten können, ist sehr</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0116] wollen wir die Republik regieren in einer Weise, daß die Republikaner für alle Ewigkeit in Amerika verhaßt werden." Diese Ausbrüche südlichen Jubels klingen etwas wild und siegesberanscht, aber sie dienen zur Charakteristik der Gefühle und Gesinnungen, welche gegen¬ wärtig einen großen Theil der Südstaaten der Union beseelen. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn man im Norden der Union von dem Herannahen einer „neuen Rebellion" spricht. Die „New-Aork Times" warnt die „neuen Rebellen." und ruft ihnen zu, sie sollen sich nicht dem Wahne hingeben, daß der Geist von 1861 im Norden geschwunden sei. Wenn die Südländer so fortführen, wie sie jetzt angefangen, dann würden sie mit Schrecken und zu ihrem Schaden erfahren, wie rege jener Geist sei, nachdem sie ihn übermüthig und leichtsinnig aus seinem Schlummer geweckt. Die „New-Dorr Tribüne" aber freut sich über den Umstand, daß die „neue Rebellion" schon jetzt so keck hervortritt und den Augenblick kaum erwarten kann, wo ihre Urheber auch die Macht, sie glücklich durchzuführen, an sich gerissen haben werden. „Hätten die Rebellenstaatsmänner," bemerkt das genannte Blatt, „von denen die Union und die neuesten Verfassungsamendements nach dem Bürgerkriege anerkannt wurden, noch eine Weile gewartet, so wäre es möglich gewesen, daß sie die Resultate jenes schrecklichen Kampfes durch ihre Stimmen an der Wahlurne hätten ungeschehen machen können. Nach allen unseren Opfern und Leide» mochten die von uns im Felde besiegten uns um die Früchte des Sieges betrogen haben. Zum Glück aber warnen sie uns täglich aufs neue. Der loyale Norden sieht und erkennt die Gefahr, und er wird ihr zu begegnen wissen, er wird keine zweite Sklavenhalter-Rebellion aufkommen lassen. Bevor der Triumph der Südländer vollkommen ist, werden dieselben mit derselben Partei zu rechnen haben, die mit ihnen bei Antietam und Gettysburg zusammen¬ traf, sie zu Boden warf und die Union rettete." Als der 46. Kongreß am 18. März d. I. zu einer Extra-Sitzung zu¬ sammentrat, zeigte es sich, daß die Warnungen der unionstreuen republikani¬ schen Blätter nicht ungehört verhallt waren. Wohl hatten die Heißsporne der demokratischen Partei am Tage vorher in einer Parteiversammlung den energischen Versuch gemacht, für das wichtige Sprecheramt im Repräsentan¬ tenhaus« des Kongresses einen ihrer talentvollsten Führer, Blackburn aus Kentucky, zu ernennen, allein der besonnenere Theil der Partei erkannte die Gefahr, die aus einem solchen rücksichtslosen Vorgehen entstehen würde, und entschied sich für den früheren Sprecher, Randall aus Pennsylvanien. Dem¬ nach hat der extreme Flügel der demokratischen Partei vorerst eine Nieder¬ lage erlitten. Wie lange aber die ruhiger denkenden Mitglieder ihre sich überstürzenden Parteigenossen werden im Zaume halten können, ist sehr

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/116
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/116>, abgerufen am 22.05.2024.