Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

dem der öffentliche Dienst nen organisirt war, und sich tüchtige Gehilfen her¬
angebildet hatten, begann sein Wirken für die Wiederbevvlkerung des Landes,
die Hebung der Bodenkultur, die Urbarmachung ausgedehnter Einöden, die
Verbesserung der Lage der Bauern und die Reorganisation des darniederlie¬
genden Dvmünenwesens. Sorgsani, beharrlich und mit großen Opfern wurde
Ostpreußen aus tiefem Verfall herausgehoben und wieder auf die Füße ge¬
stellt. Die Gewerbthcitigkeit wurde in neue Bahnen gelenkt. Die Regelung
der Administration nach Grundsätzen, die sich später in dem strammen, spar¬
samen, pflichttreuen preußischen Beamtenstande ausprägten, erstreckte sich anch
auf die nieist sehr im Argen liegende Verfassung und Finanzwirthschaft der
Städte. Kurz, kaum ein Zweig des öffentlichen Dienstes, in den die reformi-
rende Hand des Königs nicht gedeihlich eingegriffen hätte. Manche feiner
Maßregeln, namentlich die seiner Wirthschaftspolitik, sind zwar längst als Mi߬
griffe erkannt. In sehr wichtigen Fragen aber hat er grundlegend auch sür
die Gegenwart gewirkt, und die hierher gehörigen Schöpfungen haben dem
Preußischen Staate gerade seiue Eigenart verliehen. Die knappe Haushaltung
Friedrich Wilhelm's ist demselben verblieben, von der Zweckmäßigkeit seines
Verfahrens in Ostpreußen legt die Blüthe dieser Provinz noch heute Zeugniß
ab, und seine Organisation des Domänenwesens hat sich in ihren Grundzügen
bis auf die Gegenwart bewährt. Für die Pflege der schönen Künste freilich
hatte der König keinen Sinn, die Wissenschaft förderte er nur insofern, als sie
Mittel zur Erreichung praktischer Zwecke bot; sein Wesen war ausschließlich
auf das Nützliche gerichtet.

Blicken wir auf den Stand der Landeskultur und des Landbaues in der
Zeit des Regierungsantritts des Königs, so erscheint es als ein Segen, daß
die Ueberleitung zu freier Bewegung in die Hand eines energischen Geistes
gelegt war, die zunächst Ordnung und damit die Vorbedingung künftiger er¬
folgreicher Selbstthätigkeit zu schaffen bemüht war. Der Betrieb war durch
den Krieg auf eine niedrige Stufe herabgesunken. Eine landwirtschaftliche
Literatur zur Verbreitung besserer Einsicht existirte erst in schwachen Anfängen.
Die wenigen Beispiele eines verstündigeren landwirtschaftlichen Verfahrens
konnten bei der Mangelhaftigkeit der damaligen Verkehrsverhältnisse nur auf
ihre nächste Umgebung wirken. Da war es von höchster Bedeutung, daß der
König den ihm angeborenen hellen Blick für Dinge des Landbaues durch einen
fast ununterbrochenen Verkehr mit der Praxis schärfte, daß er beinahe jedes
Jahr seine zahlreichen Domänen bis in's Einzelne inspizirte und sich jede
Woche über sie berichten ließ, daß er, aufmerksam auf alle Beispiele guten
Wirthschaftsbetriebes im Lande, das Verfahren derselben auf seinen Domänen
nachahmte, und daß er auch Private zu solcher Nachahmung anregte, mit


dem der öffentliche Dienst nen organisirt war, und sich tüchtige Gehilfen her¬
angebildet hatten, begann sein Wirken für die Wiederbevvlkerung des Landes,
die Hebung der Bodenkultur, die Urbarmachung ausgedehnter Einöden, die
Verbesserung der Lage der Bauern und die Reorganisation des darniederlie¬
genden Dvmünenwesens. Sorgsani, beharrlich und mit großen Opfern wurde
Ostpreußen aus tiefem Verfall herausgehoben und wieder auf die Füße ge¬
stellt. Die Gewerbthcitigkeit wurde in neue Bahnen gelenkt. Die Regelung
der Administration nach Grundsätzen, die sich später in dem strammen, spar¬
samen, pflichttreuen preußischen Beamtenstande ausprägten, erstreckte sich anch
auf die nieist sehr im Argen liegende Verfassung und Finanzwirthschaft der
Städte. Kurz, kaum ein Zweig des öffentlichen Dienstes, in den die reformi-
rende Hand des Königs nicht gedeihlich eingegriffen hätte. Manche feiner
Maßregeln, namentlich die seiner Wirthschaftspolitik, sind zwar längst als Mi߬
griffe erkannt. In sehr wichtigen Fragen aber hat er grundlegend auch sür
die Gegenwart gewirkt, und die hierher gehörigen Schöpfungen haben dem
Preußischen Staate gerade seiue Eigenart verliehen. Die knappe Haushaltung
Friedrich Wilhelm's ist demselben verblieben, von der Zweckmäßigkeit seines
Verfahrens in Ostpreußen legt die Blüthe dieser Provinz noch heute Zeugniß
ab, und seine Organisation des Domänenwesens hat sich in ihren Grundzügen
bis auf die Gegenwart bewährt. Für die Pflege der schönen Künste freilich
hatte der König keinen Sinn, die Wissenschaft förderte er nur insofern, als sie
Mittel zur Erreichung praktischer Zwecke bot; sein Wesen war ausschließlich
auf das Nützliche gerichtet.

Blicken wir auf den Stand der Landeskultur und des Landbaues in der
Zeit des Regierungsantritts des Königs, so erscheint es als ein Segen, daß
die Ueberleitung zu freier Bewegung in die Hand eines energischen Geistes
gelegt war, die zunächst Ordnung und damit die Vorbedingung künftiger er¬
folgreicher Selbstthätigkeit zu schaffen bemüht war. Der Betrieb war durch
den Krieg auf eine niedrige Stufe herabgesunken. Eine landwirtschaftliche
Literatur zur Verbreitung besserer Einsicht existirte erst in schwachen Anfängen.
Die wenigen Beispiele eines verstündigeren landwirtschaftlichen Verfahrens
konnten bei der Mangelhaftigkeit der damaligen Verkehrsverhältnisse nur auf
ihre nächste Umgebung wirken. Da war es von höchster Bedeutung, daß der
König den ihm angeborenen hellen Blick für Dinge des Landbaues durch einen
fast ununterbrochenen Verkehr mit der Praxis schärfte, daß er beinahe jedes
Jahr seine zahlreichen Domänen bis in's Einzelne inspizirte und sich jede
Woche über sie berichten ließ, daß er, aufmerksam auf alle Beispiele guten
Wirthschaftsbetriebes im Lande, das Verfahren derselben auf seinen Domänen
nachahmte, und daß er auch Private zu solcher Nachahmung anregte, mit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141974"/>
          <p xml:id="ID_41" prev="#ID_40"> dem der öffentliche Dienst nen organisirt war, und sich tüchtige Gehilfen her¬<lb/>
angebildet hatten, begann sein Wirken für die Wiederbevvlkerung des Landes,<lb/>
die Hebung der Bodenkultur, die Urbarmachung ausgedehnter Einöden, die<lb/>
Verbesserung der Lage der Bauern und die Reorganisation des darniederlie¬<lb/>
genden Dvmünenwesens. Sorgsani, beharrlich und mit großen Opfern wurde<lb/>
Ostpreußen aus tiefem Verfall herausgehoben und wieder auf die Füße ge¬<lb/>
stellt. Die Gewerbthcitigkeit wurde in neue Bahnen gelenkt. Die Regelung<lb/>
der Administration nach Grundsätzen, die sich später in dem strammen, spar¬<lb/>
samen, pflichttreuen preußischen Beamtenstande ausprägten, erstreckte sich anch<lb/>
auf die nieist sehr im Argen liegende Verfassung und Finanzwirthschaft der<lb/>
Städte. Kurz, kaum ein Zweig des öffentlichen Dienstes, in den die reformi-<lb/>
rende Hand des Königs nicht gedeihlich eingegriffen hätte. Manche feiner<lb/>
Maßregeln, namentlich die seiner Wirthschaftspolitik, sind zwar längst als Mi߬<lb/>
griffe erkannt. In sehr wichtigen Fragen aber hat er grundlegend auch sür<lb/>
die Gegenwart gewirkt, und die hierher gehörigen Schöpfungen haben dem<lb/>
Preußischen Staate gerade seiue Eigenart verliehen. Die knappe Haushaltung<lb/>
Friedrich Wilhelm's ist demselben verblieben, von der Zweckmäßigkeit seines<lb/>
Verfahrens in Ostpreußen legt die Blüthe dieser Provinz noch heute Zeugniß<lb/>
ab, und seine Organisation des Domänenwesens hat sich in ihren Grundzügen<lb/>
bis auf die Gegenwart bewährt. Für die Pflege der schönen Künste freilich<lb/>
hatte der König keinen Sinn, die Wissenschaft förderte er nur insofern, als sie<lb/>
Mittel zur Erreichung praktischer Zwecke bot; sein Wesen war ausschließlich<lb/>
auf das Nützliche gerichtet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_42" next="#ID_43"> Blicken wir auf den Stand der Landeskultur und des Landbaues in der<lb/>
Zeit des Regierungsantritts des Königs, so erscheint es als ein Segen, daß<lb/>
die Ueberleitung zu freier Bewegung in die Hand eines energischen Geistes<lb/>
gelegt war, die zunächst Ordnung und damit die Vorbedingung künftiger er¬<lb/>
folgreicher Selbstthätigkeit zu schaffen bemüht war. Der Betrieb war durch<lb/>
den Krieg auf eine niedrige Stufe herabgesunken. Eine landwirtschaftliche<lb/>
Literatur zur Verbreitung besserer Einsicht existirte erst in schwachen Anfängen.<lb/>
Die wenigen Beispiele eines verstündigeren landwirtschaftlichen Verfahrens<lb/>
konnten bei der Mangelhaftigkeit der damaligen Verkehrsverhältnisse nur auf<lb/>
ihre nächste Umgebung wirken. Da war es von höchster Bedeutung, daß der<lb/>
König den ihm angeborenen hellen Blick für Dinge des Landbaues durch einen<lb/>
fast ununterbrochenen Verkehr mit der Praxis schärfte, daß er beinahe jedes<lb/>
Jahr seine zahlreichen Domänen bis in's Einzelne inspizirte und sich jede<lb/>
Woche über sie berichten ließ, daß er, aufmerksam auf alle Beispiele guten<lb/>
Wirthschaftsbetriebes im Lande, das Verfahren derselben auf seinen Domänen<lb/>
nachahmte, und daß er auch Private zu solcher Nachahmung anregte, mit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0019] dem der öffentliche Dienst nen organisirt war, und sich tüchtige Gehilfen her¬ angebildet hatten, begann sein Wirken für die Wiederbevvlkerung des Landes, die Hebung der Bodenkultur, die Urbarmachung ausgedehnter Einöden, die Verbesserung der Lage der Bauern und die Reorganisation des darniederlie¬ genden Dvmünenwesens. Sorgsani, beharrlich und mit großen Opfern wurde Ostpreußen aus tiefem Verfall herausgehoben und wieder auf die Füße ge¬ stellt. Die Gewerbthcitigkeit wurde in neue Bahnen gelenkt. Die Regelung der Administration nach Grundsätzen, die sich später in dem strammen, spar¬ samen, pflichttreuen preußischen Beamtenstande ausprägten, erstreckte sich anch auf die nieist sehr im Argen liegende Verfassung und Finanzwirthschaft der Städte. Kurz, kaum ein Zweig des öffentlichen Dienstes, in den die reformi- rende Hand des Königs nicht gedeihlich eingegriffen hätte. Manche feiner Maßregeln, namentlich die seiner Wirthschaftspolitik, sind zwar längst als Mi߬ griffe erkannt. In sehr wichtigen Fragen aber hat er grundlegend auch sür die Gegenwart gewirkt, und die hierher gehörigen Schöpfungen haben dem Preußischen Staate gerade seiue Eigenart verliehen. Die knappe Haushaltung Friedrich Wilhelm's ist demselben verblieben, von der Zweckmäßigkeit seines Verfahrens in Ostpreußen legt die Blüthe dieser Provinz noch heute Zeugniß ab, und seine Organisation des Domänenwesens hat sich in ihren Grundzügen bis auf die Gegenwart bewährt. Für die Pflege der schönen Künste freilich hatte der König keinen Sinn, die Wissenschaft förderte er nur insofern, als sie Mittel zur Erreichung praktischer Zwecke bot; sein Wesen war ausschließlich auf das Nützliche gerichtet. Blicken wir auf den Stand der Landeskultur und des Landbaues in der Zeit des Regierungsantritts des Königs, so erscheint es als ein Segen, daß die Ueberleitung zu freier Bewegung in die Hand eines energischen Geistes gelegt war, die zunächst Ordnung und damit die Vorbedingung künftiger er¬ folgreicher Selbstthätigkeit zu schaffen bemüht war. Der Betrieb war durch den Krieg auf eine niedrige Stufe herabgesunken. Eine landwirtschaftliche Literatur zur Verbreitung besserer Einsicht existirte erst in schwachen Anfängen. Die wenigen Beispiele eines verstündigeren landwirtschaftlichen Verfahrens konnten bei der Mangelhaftigkeit der damaligen Verkehrsverhältnisse nur auf ihre nächste Umgebung wirken. Da war es von höchster Bedeutung, daß der König den ihm angeborenen hellen Blick für Dinge des Landbaues durch einen fast ununterbrochenen Verkehr mit der Praxis schärfte, daß er beinahe jedes Jahr seine zahlreichen Domänen bis in's Einzelne inspizirte und sich jede Woche über sie berichten ließ, daß er, aufmerksam auf alle Beispiele guten Wirthschaftsbetriebes im Lande, das Verfahren derselben auf seinen Domänen nachahmte, und daß er auch Private zu solcher Nachahmung anregte, mit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/19
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/19>, abgerufen am 21.05.2024.