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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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vor uns, über das der alte Brillat-Savarin sich, wenn er noch lebte und
deutsch verstände, von ganzem Herzen freuen würde. Denn hier verbindet sich
gründliche Wissenschaftlichkeit mit anmuthiger Rede, Belehrung mit Unterhaltung,
Klarheit mit Eleganz, unerhörte Reichhaltigkeit mit Knappheit und Kürze im
Einzelnen zu einem Ganzen, das auch den strengsten Anforderungen der Meister
von der Kunst, den Geschmackssinn zu befriedigen, in vollem Maße entsprechen
dürfte. Ein Kochbuch der Kochbücher liegt vor uns, und bei einer solchen
Leistung dürfen wir wenigstens mit ein paar Zeilen eine Ausnahme von unserer
Regel machen. Das gesammte Gebiet der Gastronomie von den einfachsten
und geringsten Speisen und Getränken bis hinauf zu den komplizirtesten und>
vornehmsten erschließt sich vor uns in diesem Buche, über kaum weniger als
zehntausend Rezepte zur Vergnügung von Gaumen und Zunge schweift unser
Auge, bald die Menge der Erfindungen bewundernd, welche der Phantasie von
Genies der Küche in alter und neuer Zeit entsprossen sind, bald mit Andacht
sich in einzelne besonders edle Gerichte versenkend. Selbstverständlich behandelt
das Werk als universales auch die Nationalspeisen fremder Völker und die
ihnen eigenthümlichen Getränke, und auch hier begegnen wir ausgebreiteter
Kenntniß und interessanter Behandlung der betreffenden Gegenstände. Selbst
der russische Kwas, die griechischen Kurabiedes, das spanische Ajo blanco und
der amerikanische Mink Julep sammt seiner Verwandtschaft werden sorgfältig
beschrieben. Daneben sind die Biographieen der berühmtesten Gourmands,
Brillat-Savarin's, Carsme's, Griinod de la Reyniere's, Rumohr's, Vaerst's u. A.
eingestreut, sodaß man die Philosophen der Bratpfanne gleich neben ihren
Werken hat. Den Rezepten, bei denen auch die jüdische, die vegetarianische
und die Kräuterkunde Berücksichtigung gefunden haben, gehen eine wohlgeschriebene
Abhandlung über den Geist der Kochkunst und ein Küchenzettel für alle Tage
des Jahres voraus, der höhere wie geringere Ansprüche zu berathen und zu
befriedigen sucht, und dem Anweisungen für besondere Gelegenheiten, Frühstücke,
Damenkaffees, Soupers, Büffels bei Familienbällen, russische Voressen, Jagd-
frühstllcke u. tgi. beigegeben find. Den Schluß bildet eine Abhandlung über
die Tranchirkunst, die mit Illustrationen erläutert ist. Kurz und gut: das'>
Buch hat Alles bedacht und für Alle bestens gesorgt, und der Verfasser kann
von seiner Arbeit getrost sagen, was der englische Dichter Shirley in der Vor¬
rede zu einem seiner Werke zum Leser sagte: "Lies und fürchte nicht, daß'
dieses Buch deinem Verständniß zu Schwieriges zumuthen werde. Es soll dir
im Gegentheil Alles klar und leicht machen, und wenn du deinen Einkauf
näher ansiehst, so wirst du den dafür bezahlten Preis als eine Mildthätigkeit
gegen dich selbst betrachten." Mit diesen Worten sei das Lexikon, mit dem
wir Deutschen selbst die Franzosen in den Schatten stellen, allen Lesern, nament¬
lich aber den Leserinnen d. Bl. als in Theorie und Praxis gleich ausgezeichnet'
bestens empfohlen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.

vor uns, über das der alte Brillat-Savarin sich, wenn er noch lebte und
deutsch verstände, von ganzem Herzen freuen würde. Denn hier verbindet sich
gründliche Wissenschaftlichkeit mit anmuthiger Rede, Belehrung mit Unterhaltung,
Klarheit mit Eleganz, unerhörte Reichhaltigkeit mit Knappheit und Kürze im
Einzelnen zu einem Ganzen, das auch den strengsten Anforderungen der Meister
von der Kunst, den Geschmackssinn zu befriedigen, in vollem Maße entsprechen
dürfte. Ein Kochbuch der Kochbücher liegt vor uns, und bei einer solchen
Leistung dürfen wir wenigstens mit ein paar Zeilen eine Ausnahme von unserer
Regel machen. Das gesammte Gebiet der Gastronomie von den einfachsten
und geringsten Speisen und Getränken bis hinauf zu den komplizirtesten und>
vornehmsten erschließt sich vor uns in diesem Buche, über kaum weniger als
zehntausend Rezepte zur Vergnügung von Gaumen und Zunge schweift unser
Auge, bald die Menge der Erfindungen bewundernd, welche der Phantasie von
Genies der Küche in alter und neuer Zeit entsprossen sind, bald mit Andacht
sich in einzelne besonders edle Gerichte versenkend. Selbstverständlich behandelt
das Werk als universales auch die Nationalspeisen fremder Völker und die
ihnen eigenthümlichen Getränke, und auch hier begegnen wir ausgebreiteter
Kenntniß und interessanter Behandlung der betreffenden Gegenstände. Selbst
der russische Kwas, die griechischen Kurabiedes, das spanische Ajo blanco und
der amerikanische Mink Julep sammt seiner Verwandtschaft werden sorgfältig
beschrieben. Daneben sind die Biographieen der berühmtesten Gourmands,
Brillat-Savarin's, Carsme's, Griinod de la Reyniere's, Rumohr's, Vaerst's u. A.
eingestreut, sodaß man die Philosophen der Bratpfanne gleich neben ihren
Werken hat. Den Rezepten, bei denen auch die jüdische, die vegetarianische
und die Kräuterkunde Berücksichtigung gefunden haben, gehen eine wohlgeschriebene
Abhandlung über den Geist der Kochkunst und ein Küchenzettel für alle Tage
des Jahres voraus, der höhere wie geringere Ansprüche zu berathen und zu
befriedigen sucht, und dem Anweisungen für besondere Gelegenheiten, Frühstücke,
Damenkaffees, Soupers, Büffels bei Familienbällen, russische Voressen, Jagd-
frühstllcke u. tgi. beigegeben find. Den Schluß bildet eine Abhandlung über
die Tranchirkunst, die mit Illustrationen erläutert ist. Kurz und gut: das'>
Buch hat Alles bedacht und für Alle bestens gesorgt, und der Verfasser kann
von seiner Arbeit getrost sagen, was der englische Dichter Shirley in der Vor¬
rede zu einem seiner Werke zum Leser sagte: „Lies und fürchte nicht, daß'
dieses Buch deinem Verständniß zu Schwieriges zumuthen werde. Es soll dir
im Gegentheil Alles klar und leicht machen, und wenn du deinen Einkauf
näher ansiehst, so wirst du den dafür bezahlten Preis als eine Mildthätigkeit
gegen dich selbst betrachten." Mit diesen Worten sei das Lexikon, mit dem
wir Deutschen selbst die Franzosen in den Schatten stellen, allen Lesern, nament¬
lich aber den Leserinnen d. Bl. als in Theorie und Praxis gleich ausgezeichnet'
bestens empfohlen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.
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[0208] vor uns, über das der alte Brillat-Savarin sich, wenn er noch lebte und deutsch verstände, von ganzem Herzen freuen würde. Denn hier verbindet sich gründliche Wissenschaftlichkeit mit anmuthiger Rede, Belehrung mit Unterhaltung, Klarheit mit Eleganz, unerhörte Reichhaltigkeit mit Knappheit und Kürze im Einzelnen zu einem Ganzen, das auch den strengsten Anforderungen der Meister von der Kunst, den Geschmackssinn zu befriedigen, in vollem Maße entsprechen dürfte. Ein Kochbuch der Kochbücher liegt vor uns, und bei einer solchen Leistung dürfen wir wenigstens mit ein paar Zeilen eine Ausnahme von unserer Regel machen. Das gesammte Gebiet der Gastronomie von den einfachsten und geringsten Speisen und Getränken bis hinauf zu den komplizirtesten und> vornehmsten erschließt sich vor uns in diesem Buche, über kaum weniger als zehntausend Rezepte zur Vergnügung von Gaumen und Zunge schweift unser Auge, bald die Menge der Erfindungen bewundernd, welche der Phantasie von Genies der Küche in alter und neuer Zeit entsprossen sind, bald mit Andacht sich in einzelne besonders edle Gerichte versenkend. Selbstverständlich behandelt das Werk als universales auch die Nationalspeisen fremder Völker und die ihnen eigenthümlichen Getränke, und auch hier begegnen wir ausgebreiteter Kenntniß und interessanter Behandlung der betreffenden Gegenstände. Selbst der russische Kwas, die griechischen Kurabiedes, das spanische Ajo blanco und der amerikanische Mink Julep sammt seiner Verwandtschaft werden sorgfältig beschrieben. Daneben sind die Biographieen der berühmtesten Gourmands, Brillat-Savarin's, Carsme's, Griinod de la Reyniere's, Rumohr's, Vaerst's u. A. eingestreut, sodaß man die Philosophen der Bratpfanne gleich neben ihren Werken hat. Den Rezepten, bei denen auch die jüdische, die vegetarianische und die Kräuterkunde Berücksichtigung gefunden haben, gehen eine wohlgeschriebene Abhandlung über den Geist der Kochkunst und ein Küchenzettel für alle Tage des Jahres voraus, der höhere wie geringere Ansprüche zu berathen und zu befriedigen sucht, und dem Anweisungen für besondere Gelegenheiten, Frühstücke, Damenkaffees, Soupers, Büffels bei Familienbällen, russische Voressen, Jagd- frühstllcke u. tgi. beigegeben find. Den Schluß bildet eine Abhandlung über die Tranchirkunst, die mit Illustrationen erläutert ist. Kurz und gut: das'> Buch hat Alles bedacht und für Alle bestens gesorgt, und der Verfasser kann von seiner Arbeit getrost sagen, was der englische Dichter Shirley in der Vor¬ rede zu einem seiner Werke zum Leser sagte: „Lies und fürchte nicht, daß' dieses Buch deinem Verständniß zu Schwieriges zumuthen werde. Es soll dir im Gegentheil Alles klar und leicht machen, und wenn du deinen Einkauf näher ansiehst, so wirst du den dafür bezahlten Preis als eine Mildthätigkeit gegen dich selbst betrachten." Mit diesen Worten sei das Lexikon, mit dem wir Deutschen selbst die Franzosen in den Schatten stellen, allen Lesern, nament¬ lich aber den Leserinnen d. Bl. als in Theorie und Praxis gleich ausgezeichnet' bestens empfohlen. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/208>, abgerufen am 21.05.2024.