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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Zukunft die Kandidatur Hases abgewiesen war, dem Blatte nicht berichtet
ward, ob ihn dasselbe absichtlich verschwieg? wir wissen es nicht. Das aber
wissen wir, daß die "A. Z." wußte, von wem diese Richtigstellung ausging.
Während aber sonst die ganze Redaktion der Altenburgerin von Loyalität über¬
fließt und in tiefster Devotion fast täglich erstirbt, kam sie doch wieder auf
besagten Hase zurück; die "Protestantische Kirchenzeitung" nämlich, das Organ
des Protestantenvereins, empfahl ihn in einem Artikel, den die "A. Z." abdruckte,
und der nach seinem Stil keinen sehr Kundigen und wohl kaum einen Theo¬
logen als Verfasser verräth, denn es ist undenkbar, daß ein Theolog folgenden
Satz schriebe: "Ueberhaupt bekam man im persönlichen Umgange mit dem
geistreichen und anregenden Manne (Dr. Braune nämlich) den Eindruck, daß
er selbst sich für orthodoxer hielt, als er es wirklich war." Diese Worte,
welche zeigen, daß der Verfasser dieses Diktums sich für einen größeren Men¬
schenkenner hält, als er wirklich ist, ruhen nach dem Zusammenhange auf
der Voraussetzung, daß jeder Orthodoxe ein finsterer, unliebenswürdiger und
vor allem beschränkter Mensch sein müsse, und weil das alles Braune nicht
war, so war er gar nicht so orthodox! Nach diesem Gallimatthias folgte nun
ein Lobgesang auf Hase, und nachdem sein theologischer Standpunkt ausführ¬
lich erörtert war, wurde das Vertrauen ausgesprochen, daß die Regierung bei
Neubesetzung der Generalsuperintendentur ihr Auge auf einen Mann richten
werde, sei es nun Dr. Hase oder ein andrer, der im Geiste der Milde und
Versöhnung seines Amtes zu walten wisse; gemeint war natürlich nur Hase,
von dem der ganze Artikel handelte. Wirklich, es klingt wunderhübsch, wenn
die Bierphilister so von Humanität, von Milde und Versöhnung reden; sie
stellen sich den Träger dieser Eigenschaften als einen Mann vor, der ihre Ge¬
sellschaften frequentirt, Gelegenheitsgedichte macht, unter Umständen mit ihnen
Skat spielt, Lesekränzchen bildet, lebende Bilder stellt und vor allem nicht den
Anspruch erhebt, daß die Leute in die Kirche gehen sollen, sondern seinen reli¬
giösen Einfluß in den geselligen Zusammenkünften ausübt. Zum Schluß des
betreffenden Artikels führt die "A. Z". nach der "Prot. Kirchenzeitung" die
sämmtlichen Schriften Hases auf; die Zahl derselben ist nicht weniger als acht.
Sieht man aber die Titel näher an, so sind die Hälfte davon einzelne Pre¬
digten und die übrigen gelegentlich entstandene kleine Schriften. Wenn diese
Titel den Kandidaten empfehlen sollen, dann möchte derselbe Gott bitten, daß
er ihn! vor seinen Freunden behüte, denn eine Predigt drucken lassen, das
kann und thut unter Umständen jeder Dorfpfarrer; davon könnte doch Herr
Hofbuchhändler Bombe genug Beispiele beibringen! Im Uebrigen sieht jeder
Sachkundige leicht, daß der betreffende Artikel der "Protestantischen Kirchen¬
zeitung" in Altenburg entstanden und entweder von der Redaktion der "A. Z."


Zukunft die Kandidatur Hases abgewiesen war, dem Blatte nicht berichtet
ward, ob ihn dasselbe absichtlich verschwieg? wir wissen es nicht. Das aber
wissen wir, daß die „A. Z." wußte, von wem diese Richtigstellung ausging.
Während aber sonst die ganze Redaktion der Altenburgerin von Loyalität über¬
fließt und in tiefster Devotion fast täglich erstirbt, kam sie doch wieder auf
besagten Hase zurück; die „Protestantische Kirchenzeitung" nämlich, das Organ
des Protestantenvereins, empfahl ihn in einem Artikel, den die „A. Z." abdruckte,
und der nach seinem Stil keinen sehr Kundigen und wohl kaum einen Theo¬
logen als Verfasser verräth, denn es ist undenkbar, daß ein Theolog folgenden
Satz schriebe: „Ueberhaupt bekam man im persönlichen Umgange mit dem
geistreichen und anregenden Manne (Dr. Braune nämlich) den Eindruck, daß
er selbst sich für orthodoxer hielt, als er es wirklich war." Diese Worte,
welche zeigen, daß der Verfasser dieses Diktums sich für einen größeren Men¬
schenkenner hält, als er wirklich ist, ruhen nach dem Zusammenhange auf
der Voraussetzung, daß jeder Orthodoxe ein finsterer, unliebenswürdiger und
vor allem beschränkter Mensch sein müsse, und weil das alles Braune nicht
war, so war er gar nicht so orthodox! Nach diesem Gallimatthias folgte nun
ein Lobgesang auf Hase, und nachdem sein theologischer Standpunkt ausführ¬
lich erörtert war, wurde das Vertrauen ausgesprochen, daß die Regierung bei
Neubesetzung der Generalsuperintendentur ihr Auge auf einen Mann richten
werde, sei es nun Dr. Hase oder ein andrer, der im Geiste der Milde und
Versöhnung seines Amtes zu walten wisse; gemeint war natürlich nur Hase,
von dem der ganze Artikel handelte. Wirklich, es klingt wunderhübsch, wenn
die Bierphilister so von Humanität, von Milde und Versöhnung reden; sie
stellen sich den Träger dieser Eigenschaften als einen Mann vor, der ihre Ge¬
sellschaften frequentirt, Gelegenheitsgedichte macht, unter Umständen mit ihnen
Skat spielt, Lesekränzchen bildet, lebende Bilder stellt und vor allem nicht den
Anspruch erhebt, daß die Leute in die Kirche gehen sollen, sondern seinen reli¬
giösen Einfluß in den geselligen Zusammenkünften ausübt. Zum Schluß des
betreffenden Artikels führt die „A. Z". nach der „Prot. Kirchenzeitung" die
sämmtlichen Schriften Hases auf; die Zahl derselben ist nicht weniger als acht.
Sieht man aber die Titel näher an, so sind die Hälfte davon einzelne Pre¬
digten und die übrigen gelegentlich entstandene kleine Schriften. Wenn diese
Titel den Kandidaten empfehlen sollen, dann möchte derselbe Gott bitten, daß
er ihn! vor seinen Freunden behüte, denn eine Predigt drucken lassen, das
kann und thut unter Umständen jeder Dorfpfarrer; davon könnte doch Herr
Hofbuchhändler Bombe genug Beispiele beibringen! Im Uebrigen sieht jeder
Sachkundige leicht, daß der betreffende Artikel der „Protestantischen Kirchen¬
zeitung" in Altenburg entstanden und entweder von der Redaktion der „A. Z."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/256>, abgerufen am 27.05.2024.