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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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von vielen der tüchtigsten und erfahrensten Männer als technisch unausführbar,
als finanzielles Hirngespinnst und als eine unpraktische Speculation bezeichnet.
Nur der ungebeugte Muth der Unternehmer, die Aussicht und das Vertrauen
auf großen Gewinn und vor Allem die Geldmittel der amerikanischen Nation
brachten das große Werk zu Stande. Kaum war die Bahn vollendet, ja schon
während ihres Baues, wurden zwei andere Bahnen ähnlicher Art, eine nörd¬
liche, die "Northern Pacific", und eine südliche, die "Atlantic und Pacific", con-
cessionirt, vom Congresse mit Subsidien ausgestattet und in Angriff genommen.
Allein das Jahr 1873 drohte diesen beiden Bahnlinien den Untergang zu bringen.
Die Fallissements großer Bankhäuser, welche sich namentlich für die "Northern
Pacific" engagirt hatten, und die darauf folgende Krachperiode riefen einen
vollständigen Stillstand im Bau der genannten beiden Bahnen hervor. Jetzt
aber, seit ungefähr einem Jahre, sind beide Projecte, nach sechsjährigem Schlafe,
nicht nur wieder erwacht, sondern schreiten auch wie mit Siebenmeilenstiefeln
vorwärts, um die verlorene Zeit einzuholen und den noch übrigen Raum mit
Schienen zu bedecken. Und zu gleicher Zeit mit ihnen strecken vier andere
Bahnen ihre stählernen Fühler dem Stillen Oceane zu, sodaß Nordamerika in
diesem Augenblicke, nebst der fertigen "Union Paeificbcchn", den Bau von sechs
anderen Pacificbahnen zu protocolliren im Stande ist. Wir skizziren im Fol¬
genden, auf Grund amerikanischer Mittheilungen, die schon eingeschlagenen und
noch Zuzuschlagenden Linien und Richtungen dieser sieben Pacificbahnen
mit wenigen Worten.

1) Die bekannte "Union- und Central-Pacific", welche von der Stadt Omaha
in Nebraska (42. Breitengrad) anfängt und bei San Francisco in Californien
(38. Breitengrad) endigt, ist 1916 englische Meilen lang, und ein großer Theil
derselben durchschneidet eine vegetationslose, culturunfähige und unproductive
Wüste. Ihr trotzdem wunderbarer Erfolg gab die Anregung zum Baue der
folgenden Pacificbahnen.

2) Die "Northern Pacific", die von Duluth und Se. Paul im Staate
Minnesota zwischen dem 46. und 48. Breitengrade nach Puget-Sourd im
Washington Territorium zu laufen bestimmt ist, wird ungefähr 1800 englische
Meilen lang sein, von denen 800 Meilen bis jetzt vollendet sind. Der fruchtbare
Staat Oregon und die Stadt Portland sind die Hauptziele dieser Bahn, an deren
beiden Enden mit großer Energie gebaut und deren Vollendung innerhalb fünf
Jahren in Aussicht gestellt wird.

3) Die "Canadian Pacific", eine Staatsbahn, von der Canada-Regierung
in Angriff genommen, läuft von Ottawa in Canada längs dem nördlichen Ufer
des Lake Superior, kreuzt das Felsengebirge im sogenannten Jellowhead - Paß
und endigt in der Nähe der Vancouver Inseln, ungefähr im 50. Breitengrade.


von vielen der tüchtigsten und erfahrensten Männer als technisch unausführbar,
als finanzielles Hirngespinnst und als eine unpraktische Speculation bezeichnet.
Nur der ungebeugte Muth der Unternehmer, die Aussicht und das Vertrauen
auf großen Gewinn und vor Allem die Geldmittel der amerikanischen Nation
brachten das große Werk zu Stande. Kaum war die Bahn vollendet, ja schon
während ihres Baues, wurden zwei andere Bahnen ähnlicher Art, eine nörd¬
liche, die „Northern Pacific", und eine südliche, die „Atlantic und Pacific", con-
cessionirt, vom Congresse mit Subsidien ausgestattet und in Angriff genommen.
Allein das Jahr 1873 drohte diesen beiden Bahnlinien den Untergang zu bringen.
Die Fallissements großer Bankhäuser, welche sich namentlich für die „Northern
Pacific" engagirt hatten, und die darauf folgende Krachperiode riefen einen
vollständigen Stillstand im Bau der genannten beiden Bahnen hervor. Jetzt
aber, seit ungefähr einem Jahre, sind beide Projecte, nach sechsjährigem Schlafe,
nicht nur wieder erwacht, sondern schreiten auch wie mit Siebenmeilenstiefeln
vorwärts, um die verlorene Zeit einzuholen und den noch übrigen Raum mit
Schienen zu bedecken. Und zu gleicher Zeit mit ihnen strecken vier andere
Bahnen ihre stählernen Fühler dem Stillen Oceane zu, sodaß Nordamerika in
diesem Augenblicke, nebst der fertigen „Union Paeificbcchn", den Bau von sechs
anderen Pacificbahnen zu protocolliren im Stande ist. Wir skizziren im Fol¬
genden, auf Grund amerikanischer Mittheilungen, die schon eingeschlagenen und
noch Zuzuschlagenden Linien und Richtungen dieser sieben Pacificbahnen
mit wenigen Worten.

1) Die bekannte „Union- und Central-Pacific", welche von der Stadt Omaha
in Nebraska (42. Breitengrad) anfängt und bei San Francisco in Californien
(38. Breitengrad) endigt, ist 1916 englische Meilen lang, und ein großer Theil
derselben durchschneidet eine vegetationslose, culturunfähige und unproductive
Wüste. Ihr trotzdem wunderbarer Erfolg gab die Anregung zum Baue der
folgenden Pacificbahnen.

2) Die „Northern Pacific", die von Duluth und Se. Paul im Staate
Minnesota zwischen dem 46. und 48. Breitengrade nach Puget-Sourd im
Washington Territorium zu laufen bestimmt ist, wird ungefähr 1800 englische
Meilen lang sein, von denen 800 Meilen bis jetzt vollendet sind. Der fruchtbare
Staat Oregon und die Stadt Portland sind die Hauptziele dieser Bahn, an deren
beiden Enden mit großer Energie gebaut und deren Vollendung innerhalb fünf
Jahren in Aussicht gestellt wird.

3) Die „Canadian Pacific", eine Staatsbahn, von der Canada-Regierung
in Angriff genommen, läuft von Ottawa in Canada längs dem nördlichen Ufer
des Lake Superior, kreuzt das Felsengebirge im sogenannten Jellowhead - Paß
und endigt in der Nähe der Vancouver Inseln, ungefähr im 50. Breitengrade.


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[0566] von vielen der tüchtigsten und erfahrensten Männer als technisch unausführbar, als finanzielles Hirngespinnst und als eine unpraktische Speculation bezeichnet. Nur der ungebeugte Muth der Unternehmer, die Aussicht und das Vertrauen auf großen Gewinn und vor Allem die Geldmittel der amerikanischen Nation brachten das große Werk zu Stande. Kaum war die Bahn vollendet, ja schon während ihres Baues, wurden zwei andere Bahnen ähnlicher Art, eine nörd¬ liche, die „Northern Pacific", und eine südliche, die „Atlantic und Pacific", con- cessionirt, vom Congresse mit Subsidien ausgestattet und in Angriff genommen. Allein das Jahr 1873 drohte diesen beiden Bahnlinien den Untergang zu bringen. Die Fallissements großer Bankhäuser, welche sich namentlich für die „Northern Pacific" engagirt hatten, und die darauf folgende Krachperiode riefen einen vollständigen Stillstand im Bau der genannten beiden Bahnen hervor. Jetzt aber, seit ungefähr einem Jahre, sind beide Projecte, nach sechsjährigem Schlafe, nicht nur wieder erwacht, sondern schreiten auch wie mit Siebenmeilenstiefeln vorwärts, um die verlorene Zeit einzuholen und den noch übrigen Raum mit Schienen zu bedecken. Und zu gleicher Zeit mit ihnen strecken vier andere Bahnen ihre stählernen Fühler dem Stillen Oceane zu, sodaß Nordamerika in diesem Augenblicke, nebst der fertigen „Union Paeificbcchn", den Bau von sechs anderen Pacificbahnen zu protocolliren im Stande ist. Wir skizziren im Fol¬ genden, auf Grund amerikanischer Mittheilungen, die schon eingeschlagenen und noch Zuzuschlagenden Linien und Richtungen dieser sieben Pacificbahnen mit wenigen Worten. 1) Die bekannte „Union- und Central-Pacific", welche von der Stadt Omaha in Nebraska (42. Breitengrad) anfängt und bei San Francisco in Californien (38. Breitengrad) endigt, ist 1916 englische Meilen lang, und ein großer Theil derselben durchschneidet eine vegetationslose, culturunfähige und unproductive Wüste. Ihr trotzdem wunderbarer Erfolg gab die Anregung zum Baue der folgenden Pacificbahnen. 2) Die „Northern Pacific", die von Duluth und Se. Paul im Staate Minnesota zwischen dem 46. und 48. Breitengrade nach Puget-Sourd im Washington Territorium zu laufen bestimmt ist, wird ungefähr 1800 englische Meilen lang sein, von denen 800 Meilen bis jetzt vollendet sind. Der fruchtbare Staat Oregon und die Stadt Portland sind die Hauptziele dieser Bahn, an deren beiden Enden mit großer Energie gebaut und deren Vollendung innerhalb fünf Jahren in Aussicht gestellt wird. 3) Die „Canadian Pacific", eine Staatsbahn, von der Canada-Regierung in Angriff genommen, läuft von Ottawa in Canada längs dem nördlichen Ufer des Lake Superior, kreuzt das Felsengebirge im sogenannten Jellowhead - Paß und endigt in der Nähe der Vancouver Inseln, ungefähr im 50. Breitengrade.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/566>, abgerufen am 18.05.2024.