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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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die Verantwortlichkeit trifft ' lediglich die Türken. Mehrmals geschah es, daß
die Bewohner Skutaris den Valis der Provinz das zu einer Regulirung der
Drina erforderliche Geld zur Verfügung stellten, aber das Resultat war immer,
daß zwar das Geld verschwand, nicht aber die Drina aus ihrem falschen Bette.
Wälder, wie es wenige in Europa giebt, und deren Ausbeutung theilweise leicht
wäre, erstrecken sich vom Kamme des Kom- und Schar-Gebirges bis an das
Gestade der Adria. Es sind Fichten, 1'or>,8 NMitiroa, Tannen, Eichen ver¬
schiedener Gattungen, Buchen, Buchsbaum-Gruppen, Hainbuchen, Kastanien,
wilde Apfelbäume u. tgi. Nur an wenigen Stellen gewinnt man aus diesen riesigen
Wäldern einigermaßen, was aus ihnen zu gewinnen ist. Nur zuweilen läßt
die ottomanische Militärbehörde zu strategischen Zwecken ein Stück Wald nieder¬
schlagen, oder Hirten brennen eine Strecke davon nieder, um neues Waideland
für ihre Heerden zu beschaffen.

Was die Verkehrsmittel betrifft, so besinden sie sich in beklagenswerthen Zu¬
stande. Westalbanien ist vom östlichen Theile des Landes durch die Jllyrischen Alpen
und im Süden von den griechischen Provinzen der Türkei durch die Gebirgszüge
des Grammos und des Pindus getrennt. Diese Gebirgsketten, deren höchste Gipfel
die Höhe von 8000 Fuß nicht überragen, sind trotzdem wegen ihrer Schroffheit
und ihrer wilden Urforsten sehr schwer zu Passiren. Nur an wenigen Stellen werden
sie von Straßen durchschnitten. Es giebt eigentlich nur drei Routen, welche sie über¬
steigen: die, welche von Skutari nach Prisrend führt, indem sie den Paß bei Du-
kadschin überschreitet, und welche das östliche mit dem westlichen Nordalbanien ver¬
bindet, ferner die, welche von Durazzo über Elbassan die Stadt und den Landsee von
Ochrida erreicht und die Verbindung zwischen Oberalbanien und dem westlichen
Bulgarien bildet, endlich die von Janina über Metzowo nach Trikala in Thessalien
laufende. Aber diese großen Straßen find gleich allen anderen Verkehrswegen
Albaniens nicht mit Wagen, fondern nur mit Reit- und Lastpferden oder zu
Fuße zu passiren und werden häufig durch Räuberbanden unsicher gemacht.
Albanien ist ferner reich an Flüssen, aber sie sind meist mehr Hindernisse als
Förderungsmittel. Hier und da allerdings überschreitet sie der Reisende oder
der mit Waaren das Land durchziehende Kaufmann vermittelst einer stattlichen
Steinbrücke aus alter Zeit. So z. B. führt bei Elbassan über den Schkumbi
ein solcher Bau mit zwölf mächtigen Pfeilern und Bogen, und zu Berat trifft
man eine ähnliche Brücke mit sieben Pfeilern, die über den Ergent-Fluß führt.
Aber an anderen Stellen, z. B, bei Alessio, wo die Drina, und zwischen Skutari
und Dulcigno, wo die Bojana den Weg versperrt, ist man auf eine elende
Fähre angewiesen oder gar genöthigt, das Wasser mit Gesahr seines Lebens zu
durchwaten.

Die Bojana bildet eine natürliche Verkehrsstraße, die leicht zu beschiffen


die Verantwortlichkeit trifft ' lediglich die Türken. Mehrmals geschah es, daß
die Bewohner Skutaris den Valis der Provinz das zu einer Regulirung der
Drina erforderliche Geld zur Verfügung stellten, aber das Resultat war immer,
daß zwar das Geld verschwand, nicht aber die Drina aus ihrem falschen Bette.
Wälder, wie es wenige in Europa giebt, und deren Ausbeutung theilweise leicht
wäre, erstrecken sich vom Kamme des Kom- und Schar-Gebirges bis an das
Gestade der Adria. Es sind Fichten, 1'or>,8 NMitiroa, Tannen, Eichen ver¬
schiedener Gattungen, Buchen, Buchsbaum-Gruppen, Hainbuchen, Kastanien,
wilde Apfelbäume u. tgi. Nur an wenigen Stellen gewinnt man aus diesen riesigen
Wäldern einigermaßen, was aus ihnen zu gewinnen ist. Nur zuweilen läßt
die ottomanische Militärbehörde zu strategischen Zwecken ein Stück Wald nieder¬
schlagen, oder Hirten brennen eine Strecke davon nieder, um neues Waideland
für ihre Heerden zu beschaffen.

Was die Verkehrsmittel betrifft, so besinden sie sich in beklagenswerthen Zu¬
stande. Westalbanien ist vom östlichen Theile des Landes durch die Jllyrischen Alpen
und im Süden von den griechischen Provinzen der Türkei durch die Gebirgszüge
des Grammos und des Pindus getrennt. Diese Gebirgsketten, deren höchste Gipfel
die Höhe von 8000 Fuß nicht überragen, sind trotzdem wegen ihrer Schroffheit
und ihrer wilden Urforsten sehr schwer zu Passiren. Nur an wenigen Stellen werden
sie von Straßen durchschnitten. Es giebt eigentlich nur drei Routen, welche sie über¬
steigen: die, welche von Skutari nach Prisrend führt, indem sie den Paß bei Du-
kadschin überschreitet, und welche das östliche mit dem westlichen Nordalbanien ver¬
bindet, ferner die, welche von Durazzo über Elbassan die Stadt und den Landsee von
Ochrida erreicht und die Verbindung zwischen Oberalbanien und dem westlichen
Bulgarien bildet, endlich die von Janina über Metzowo nach Trikala in Thessalien
laufende. Aber diese großen Straßen find gleich allen anderen Verkehrswegen
Albaniens nicht mit Wagen, fondern nur mit Reit- und Lastpferden oder zu
Fuße zu passiren und werden häufig durch Räuberbanden unsicher gemacht.
Albanien ist ferner reich an Flüssen, aber sie sind meist mehr Hindernisse als
Förderungsmittel. Hier und da allerdings überschreitet sie der Reisende oder
der mit Waaren das Land durchziehende Kaufmann vermittelst einer stattlichen
Steinbrücke aus alter Zeit. So z. B. führt bei Elbassan über den Schkumbi
ein solcher Bau mit zwölf mächtigen Pfeilern und Bogen, und zu Berat trifft
man eine ähnliche Brücke mit sieben Pfeilern, die über den Ergent-Fluß führt.
Aber an anderen Stellen, z. B, bei Alessio, wo die Drina, und zwischen Skutari
und Dulcigno, wo die Bojana den Weg versperrt, ist man auf eine elende
Fähre angewiesen oder gar genöthigt, das Wasser mit Gesahr seines Lebens zu
durchwaten.

Die Bojana bildet eine natürliche Verkehrsstraße, die leicht zu beschiffen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/15>, abgerufen am 22.05.2024.