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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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tiker, welche seit Jahren nach dieser Nomination gestrebt hatten, entweder in
eigener Person, wie z. B. James G. Blaine, oder durch ihre Freunde, wie der
Ex-Präsident U. S. Grant, haben sie nicht erhalten; sie fiel einem Anderen zu,
der nicht darnach gerungen hatte, sondern sich anscheinend gegen die Annahme
derselben sträubte. Man mochte wahrlich an die Richtigkeit der alten Behauptung
glauben, daß die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten selten oder niemals
Jemandem zufällt, der sich besonders darum bemüht oder den das Volk dafür
arbeiten sieht.

Bei der 28. Abstimmung erhielten Grant und Blaine wieder ungefähr die¬
selbe Stimmenzahl wie vorher, d. h. 307 und 278 Stimmen; Sherman da¬
gegen gewann einen Stimmenzuwachs von 91 auf 116. Dieser Zuwachs war
hauptsächlich der Delegation von Massachusetts zu verdanken, welche 19 Stim¬
men von Edmunds auf Sherman übertrug. Fast schien es, als wenn der
Bann, der so lange eine Nomination unmöglich gemacht hatte, gebrochen sei.
Man erwartete allgemein, daß jetzt auch andere Staaten dem Beispiel von
Massachusetts folgen würden, und viele glaubten bereits, daß der große Finanz¬
mann, der die von so segensreichen Folgen begleitete Wiederaufnahme der Hart¬
geldzahlung zu Stande gebracht, die Siegespalme erringen würde. Aber diese
Erwartung wurde nicht erfüllt. Beim 30. Ballot am 8. Juni gewannen Grant
und Blaine je eine Stimme und Sherman vier. Während der drei folgenden
Abstimmungen vergrößerte sich Granes Stimmenzahl bis auf 309, Sherman
und Blaine verloren dagegen einige Stimmen. Das Beispiel der Massachusetts-
Delegation, die zu Shermau übergegangen, fand keine Nachahmung. Beim 34.
Ballot stimmten 16 Delegaten von Wisconsin, die früher für Blaine und Wash-
burne gewesen waren, für Garfield, der bis dahin nur abwechselnd eine oder
zwei Stimmen erhalten hatte. Jetzt war es augenscheinlich, daß die Entschei¬
dung herannahte. Garfield erhob sich zu einer Ordmmgsfrage und sagte: "Ich
beanstande die Nichtigkeit des soeben verlesenen Ergebnisses der Abstimmung.
In dieser Convention kann ohne seine ausdrückliche Einwilligung über keinen
Mann als Präsidentschafts - Candidaten abgestimmt werden. Eine solche Ein¬
willigung habe ich aber nicht ertheilt und kann sie nicht ertheilen." Diese Er¬
klärung erregte uicht geringes Aufsehen, wurde aber von dem Vorsitzenden der
Versammlung, George F. Hoar aus Massachusetts, unter dem lauten Beifall
der Versammlung für "nicht in der Ordnung" erklärt. Beim 35. Ballot stieg
Granes Votum auf 313, Blaine fiel auf 257 und Sherman auf 99, Garfields
Votum aber betrug 50 Stimmen; beim nächsten, dem 36. Ballot erfolgte end¬
lich der allgemeine Umschwung oder droick. Die Blaine-, Sherman-, Edmunds¬
und Washburne-Delegationen gingen in hellen Haufen, eine nach der anderen,
zu Garfield über. Die einzelnen Staaten werden bekanntlich nach dem Alphabet


tiker, welche seit Jahren nach dieser Nomination gestrebt hatten, entweder in
eigener Person, wie z. B. James G. Blaine, oder durch ihre Freunde, wie der
Ex-Präsident U. S. Grant, haben sie nicht erhalten; sie fiel einem Anderen zu,
der nicht darnach gerungen hatte, sondern sich anscheinend gegen die Annahme
derselben sträubte. Man mochte wahrlich an die Richtigkeit der alten Behauptung
glauben, daß die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten selten oder niemals
Jemandem zufällt, der sich besonders darum bemüht oder den das Volk dafür
arbeiten sieht.

Bei der 28. Abstimmung erhielten Grant und Blaine wieder ungefähr die¬
selbe Stimmenzahl wie vorher, d. h. 307 und 278 Stimmen; Sherman da¬
gegen gewann einen Stimmenzuwachs von 91 auf 116. Dieser Zuwachs war
hauptsächlich der Delegation von Massachusetts zu verdanken, welche 19 Stim¬
men von Edmunds auf Sherman übertrug. Fast schien es, als wenn der
Bann, der so lange eine Nomination unmöglich gemacht hatte, gebrochen sei.
Man erwartete allgemein, daß jetzt auch andere Staaten dem Beispiel von
Massachusetts folgen würden, und viele glaubten bereits, daß der große Finanz¬
mann, der die von so segensreichen Folgen begleitete Wiederaufnahme der Hart¬
geldzahlung zu Stande gebracht, die Siegespalme erringen würde. Aber diese
Erwartung wurde nicht erfüllt. Beim 30. Ballot am 8. Juni gewannen Grant
und Blaine je eine Stimme und Sherman vier. Während der drei folgenden
Abstimmungen vergrößerte sich Granes Stimmenzahl bis auf 309, Sherman
und Blaine verloren dagegen einige Stimmen. Das Beispiel der Massachusetts-
Delegation, die zu Shermau übergegangen, fand keine Nachahmung. Beim 34.
Ballot stimmten 16 Delegaten von Wisconsin, die früher für Blaine und Wash-
burne gewesen waren, für Garfield, der bis dahin nur abwechselnd eine oder
zwei Stimmen erhalten hatte. Jetzt war es augenscheinlich, daß die Entschei¬
dung herannahte. Garfield erhob sich zu einer Ordmmgsfrage und sagte: „Ich
beanstande die Nichtigkeit des soeben verlesenen Ergebnisses der Abstimmung.
In dieser Convention kann ohne seine ausdrückliche Einwilligung über keinen
Mann als Präsidentschafts - Candidaten abgestimmt werden. Eine solche Ein¬
willigung habe ich aber nicht ertheilt und kann sie nicht ertheilen." Diese Er¬
klärung erregte uicht geringes Aufsehen, wurde aber von dem Vorsitzenden der
Versammlung, George F. Hoar aus Massachusetts, unter dem lauten Beifall
der Versammlung für „nicht in der Ordnung" erklärt. Beim 35. Ballot stieg
Granes Votum auf 313, Blaine fiel auf 257 und Sherman auf 99, Garfields
Votum aber betrug 50 Stimmen; beim nächsten, dem 36. Ballot erfolgte end¬
lich der allgemeine Umschwung oder droick. Die Blaine-, Sherman-, Edmunds¬
und Washburne-Delegationen gingen in hellen Haufen, eine nach der anderen,
zu Garfield über. Die einzelnen Staaten werden bekanntlich nach dem Alphabet


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/171>, abgerufen am 21.05.2024.