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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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dies das Gute, welches sich an das Gilt des Kaufmanns wider seine Absicht
anschließt.

Es ist daher einfach nicht wahr, wenn man jetzt noch von einer Ueber-
rumpelung der Hansestädte spricht. Es ist dies eitel boshaftes Geklatsch. Sie
haben sich viel zu lange besonnen zum Schaden Deutschlands und zum eigenen
schweren Nachtheil. Auch der Reichskanzler hat viel zu lange mit der ernsten
Aufforderung an die Hansestädte, die deutsche Zolleinheit nicht länger zu hindern,
gewartet. Endlich kommt der Becher zum Ueberschäumen, wenn weder Güte,
noch Ernst, noch Pflicht, noch Einsicht zu dem Ziele leiten, das die Verfassung
festgestellt hat und das Reichsinteresse gebieterisch fordert. Ihr habt es nicht
anders gewollt, ihr hanseatischen Freihändler! so muß man ihnen jetzt zu¬
rufen. Fürst Bismarck wäre kein Hüter der Verfassung, kein Kanzler des
Reiches, wenn er die Zoll- und Handelseinheit nicht mit allen verfassungs¬
mäßigen Mitteln herzustellen strebte. Wie aber behandelt ihn dafür nicht nur
der Janhagel, sondern auch die Elite der "liberalen" Zeitungsmacher? Wie
einen bösen Feind, der Unkraut sät unter den Weizen, wie einen galligen Igno¬
ranten, der von Handel und nationalökonomischer Wirthschaft nichts versteht,
wie einen boshaften Widersacher der beiden Stadtrepubliken, dieser eigentlichen
Nester des Freihandels! Die "liberalen" Schreiber und Schwätzer sind aber
witzig und tollköpsig genug, den vornehmsten Wiederaufwecker des Reiches, den
das neidische Ausland deu größten Staatsmann des Jahrhunderts genannt hat,
und dessen Name verherrlicht werden wird, so lange es eine deutsche Geschichte
giebt, als einen Menschen darzustellen, dessen Sinnen und Trachten darauf ab¬
zielt, seine eigene Schöpfung zu zerstören und gegen sein eigen Fleisch und Blut
zu wüthen.

Wenn jetzt der Uebergang vom Freihafensysteme zum EntrepStsysteme rauh
und schwierig sich gestalten und selbst einige Nachtheile für die Städte mit sich
führen sollte, so kommt das daher, weil dieser Uebergang vielleicht ein wider¬
williger und erzwungener, und kein ganz freiwilliger mehr sein wird. Es ist
unausbleiblich, daß hartnäckiges Negiren einer Cardinalforderung der Reichs¬
verfassung und ein blindes Wüthen gegen wirthschaftliche Nothwendigkeiten
schließlich als ein untrüglicher Beweis für das "Aufbäumen eines staatsfeind¬
lichen, parteiischen und Partikularistischen Geistes" angesehen werden muß. Wie heißt
aber die Cardiualfvrderung unserer Reichsverfassung? Sie heißt: Reichseinheit.
In Z 33 wird dieser Gedanke sehr nüchtern also formulirt: "Deutschland bildet
ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze." Die
Verfassung gewährt daher -- fordert müssen wir den Hansestädten gegen¬
über leider sagen -- nicht nur eine politische, sondern auch eine wirthschaftliche
Einheit.


dies das Gute, welches sich an das Gilt des Kaufmanns wider seine Absicht
anschließt.

Es ist daher einfach nicht wahr, wenn man jetzt noch von einer Ueber-
rumpelung der Hansestädte spricht. Es ist dies eitel boshaftes Geklatsch. Sie
haben sich viel zu lange besonnen zum Schaden Deutschlands und zum eigenen
schweren Nachtheil. Auch der Reichskanzler hat viel zu lange mit der ernsten
Aufforderung an die Hansestädte, die deutsche Zolleinheit nicht länger zu hindern,
gewartet. Endlich kommt der Becher zum Ueberschäumen, wenn weder Güte,
noch Ernst, noch Pflicht, noch Einsicht zu dem Ziele leiten, das die Verfassung
festgestellt hat und das Reichsinteresse gebieterisch fordert. Ihr habt es nicht
anders gewollt, ihr hanseatischen Freihändler! so muß man ihnen jetzt zu¬
rufen. Fürst Bismarck wäre kein Hüter der Verfassung, kein Kanzler des
Reiches, wenn er die Zoll- und Handelseinheit nicht mit allen verfassungs¬
mäßigen Mitteln herzustellen strebte. Wie aber behandelt ihn dafür nicht nur
der Janhagel, sondern auch die Elite der „liberalen" Zeitungsmacher? Wie
einen bösen Feind, der Unkraut sät unter den Weizen, wie einen galligen Igno¬
ranten, der von Handel und nationalökonomischer Wirthschaft nichts versteht,
wie einen boshaften Widersacher der beiden Stadtrepubliken, dieser eigentlichen
Nester des Freihandels! Die „liberalen" Schreiber und Schwätzer sind aber
witzig und tollköpsig genug, den vornehmsten Wiederaufwecker des Reiches, den
das neidische Ausland deu größten Staatsmann des Jahrhunderts genannt hat,
und dessen Name verherrlicht werden wird, so lange es eine deutsche Geschichte
giebt, als einen Menschen darzustellen, dessen Sinnen und Trachten darauf ab¬
zielt, seine eigene Schöpfung zu zerstören und gegen sein eigen Fleisch und Blut
zu wüthen.

Wenn jetzt der Uebergang vom Freihafensysteme zum EntrepStsysteme rauh
und schwierig sich gestalten und selbst einige Nachtheile für die Städte mit sich
führen sollte, so kommt das daher, weil dieser Uebergang vielleicht ein wider¬
williger und erzwungener, und kein ganz freiwilliger mehr sein wird. Es ist
unausbleiblich, daß hartnäckiges Negiren einer Cardinalforderung der Reichs¬
verfassung und ein blindes Wüthen gegen wirthschaftliche Nothwendigkeiten
schließlich als ein untrüglicher Beweis für das „Aufbäumen eines staatsfeind¬
lichen, parteiischen und Partikularistischen Geistes" angesehen werden muß. Wie heißt
aber die Cardiualfvrderung unserer Reichsverfassung? Sie heißt: Reichseinheit.
In Z 33 wird dieser Gedanke sehr nüchtern also formulirt: „Deutschland bildet
ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze." Die
Verfassung gewährt daher — fordert müssen wir den Hansestädten gegen¬
über leider sagen — nicht nur eine politische, sondern auch eine wirthschaftliche
Einheit.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/62>, abgerufen am 14.06.2024.