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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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schirr in Form eines Schiffes, welches von einem knieenden Triton getragen
wird, eine aus zwei Perlmutterschnecken gebildete Gießkanne, ein großes Wasch¬
becken aus Bergkrystall, einen Pokal aus Rhinoceroshorn in Gestalt eines Schiffes
u. tgi. in. Auf einem Schreibzeuge von emaillierten Silber, auf welchem eine
ganze Treibjagd mit vielen Menschen und Thierfiguren dargestellt ist, finden
wir auch wieder den Namen des Verfertigers, des Nürnberger Goldschmieds
Hans Lencker, den Herzog Albrecht auch sonst noch beschäftigt hat. Er scheint
eine besondere Fertigkeit in solchen transluciden Emailarbeiten, bei denen die
silberne Grundfläche den Reiz der aufgeschmelzten Farben erhöhte, besessen zu
haben. Denn in der Münchener Hofbibliothek befindet sich ein Gebetbuch Albrechts,
dessen silberner Einband ebenfalls mit solchem Email decoriert ist. Hans Len-
ckers Name steht auf dem Bande eingegraben.

So gruppiert sich um den Namen des kunstbegeisterten Herzogs eine ganze
Schaar von Künstlern, deren Fertigkeit und Eigenschaften sich durch bezeugte
Werke feststellen lassen. Diese letztern sind die Bausteine zu einer Geschichte
der deutschen Goldschmiedekunst, deren Blätter derjenige, der sie dermaleinst
schreiben wird, mit eitel Lob und Ruhm füllen kann. Ein Blick auf diese stille,
unentwegte Thätigkeit in einer Zeit, in welcher ein Sturmwind durch alle Köpfe
brauste und das heißblutige Volk der Künstler nicht zuletzt ergriff, erfüllt den
Forscher mit hoher Befriedigung, mit patriotischem Stolze auf die Vergangen¬
heit und mit der Zuversicht, daß es wieder so werden kann, da die Grundbe¬
dingungen, auf denen sich so Großes und Herrliches erhoben hat, nämlich deut¬
sche Zähigkeit und Energie, die alten geblieben sind. Nur an dem theilneh¬
menden, das Handwerk fördernden und zu Großthaten anspornender Kunstver¬
ständnisse des Volkes fehlt es noch, und dazu wird, wenn sich nicht der Pessi¬
mismus und der Doctrinarismus, diese neuesten in den fünfziger und sechziger
Jahren errungenen, specifisch deutschen Nationaleigenschaften, wie Mehlthau auf
die eben erst erschlossene Blüthe legen, Lehre und Beispiel einsichtsvoller, für
die gute Sache begeisterter Männer helfen.


Adolf Rosenberg.


Literatur.
Der blaue Schleier. Novelle von A. Roland. Gotha, Reisland, 1880.

Dies zierliche, stilvoll ausgestattete Büchlein bietet ein kleines Cabinetstück einer
Novelle. Wenig äußere Mittel/ Der Schauplatz ein Hotel in einem kleinen rheini¬
schen Städtchen, wo sich der Erzähler, ein Journalist, von dem Helden, einem Ober-


schirr in Form eines Schiffes, welches von einem knieenden Triton getragen
wird, eine aus zwei Perlmutterschnecken gebildete Gießkanne, ein großes Wasch¬
becken aus Bergkrystall, einen Pokal aus Rhinoceroshorn in Gestalt eines Schiffes
u. tgi. in. Auf einem Schreibzeuge von emaillierten Silber, auf welchem eine
ganze Treibjagd mit vielen Menschen und Thierfiguren dargestellt ist, finden
wir auch wieder den Namen des Verfertigers, des Nürnberger Goldschmieds
Hans Lencker, den Herzog Albrecht auch sonst noch beschäftigt hat. Er scheint
eine besondere Fertigkeit in solchen transluciden Emailarbeiten, bei denen die
silberne Grundfläche den Reiz der aufgeschmelzten Farben erhöhte, besessen zu
haben. Denn in der Münchener Hofbibliothek befindet sich ein Gebetbuch Albrechts,
dessen silberner Einband ebenfalls mit solchem Email decoriert ist. Hans Len-
ckers Name steht auf dem Bande eingegraben.

So gruppiert sich um den Namen des kunstbegeisterten Herzogs eine ganze
Schaar von Künstlern, deren Fertigkeit und Eigenschaften sich durch bezeugte
Werke feststellen lassen. Diese letztern sind die Bausteine zu einer Geschichte
der deutschen Goldschmiedekunst, deren Blätter derjenige, der sie dermaleinst
schreiben wird, mit eitel Lob und Ruhm füllen kann. Ein Blick auf diese stille,
unentwegte Thätigkeit in einer Zeit, in welcher ein Sturmwind durch alle Köpfe
brauste und das heißblutige Volk der Künstler nicht zuletzt ergriff, erfüllt den
Forscher mit hoher Befriedigung, mit patriotischem Stolze auf die Vergangen¬
heit und mit der Zuversicht, daß es wieder so werden kann, da die Grundbe¬
dingungen, auf denen sich so Großes und Herrliches erhoben hat, nämlich deut¬
sche Zähigkeit und Energie, die alten geblieben sind. Nur an dem theilneh¬
menden, das Handwerk fördernden und zu Großthaten anspornender Kunstver¬
ständnisse des Volkes fehlt es noch, und dazu wird, wenn sich nicht der Pessi¬
mismus und der Doctrinarismus, diese neuesten in den fünfziger und sechziger
Jahren errungenen, specifisch deutschen Nationaleigenschaften, wie Mehlthau auf
die eben erst erschlossene Blüthe legen, Lehre und Beispiel einsichtsvoller, für
die gute Sache begeisterter Männer helfen.


Adolf Rosenberg.


Literatur.
Der blaue Schleier. Novelle von A. Roland. Gotha, Reisland, 1880.

Dies zierliche, stilvoll ausgestattete Büchlein bietet ein kleines Cabinetstück einer
Novelle. Wenig äußere Mittel/ Der Schauplatz ein Hotel in einem kleinen rheini¬
schen Städtchen, wo sich der Erzähler, ein Journalist, von dem Helden, einem Ober-


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[0518] schirr in Form eines Schiffes, welches von einem knieenden Triton getragen wird, eine aus zwei Perlmutterschnecken gebildete Gießkanne, ein großes Wasch¬ becken aus Bergkrystall, einen Pokal aus Rhinoceroshorn in Gestalt eines Schiffes u. tgi. in. Auf einem Schreibzeuge von emaillierten Silber, auf welchem eine ganze Treibjagd mit vielen Menschen und Thierfiguren dargestellt ist, finden wir auch wieder den Namen des Verfertigers, des Nürnberger Goldschmieds Hans Lencker, den Herzog Albrecht auch sonst noch beschäftigt hat. Er scheint eine besondere Fertigkeit in solchen transluciden Emailarbeiten, bei denen die silberne Grundfläche den Reiz der aufgeschmelzten Farben erhöhte, besessen zu haben. Denn in der Münchener Hofbibliothek befindet sich ein Gebetbuch Albrechts, dessen silberner Einband ebenfalls mit solchem Email decoriert ist. Hans Len- ckers Name steht auf dem Bande eingegraben. So gruppiert sich um den Namen des kunstbegeisterten Herzogs eine ganze Schaar von Künstlern, deren Fertigkeit und Eigenschaften sich durch bezeugte Werke feststellen lassen. Diese letztern sind die Bausteine zu einer Geschichte der deutschen Goldschmiedekunst, deren Blätter derjenige, der sie dermaleinst schreiben wird, mit eitel Lob und Ruhm füllen kann. Ein Blick auf diese stille, unentwegte Thätigkeit in einer Zeit, in welcher ein Sturmwind durch alle Köpfe brauste und das heißblutige Volk der Künstler nicht zuletzt ergriff, erfüllt den Forscher mit hoher Befriedigung, mit patriotischem Stolze auf die Vergangen¬ heit und mit der Zuversicht, daß es wieder so werden kann, da die Grundbe¬ dingungen, auf denen sich so Großes und Herrliches erhoben hat, nämlich deut¬ sche Zähigkeit und Energie, die alten geblieben sind. Nur an dem theilneh¬ menden, das Handwerk fördernden und zu Großthaten anspornender Kunstver¬ ständnisse des Volkes fehlt es noch, und dazu wird, wenn sich nicht der Pessi¬ mismus und der Doctrinarismus, diese neuesten in den fünfziger und sechziger Jahren errungenen, specifisch deutschen Nationaleigenschaften, wie Mehlthau auf die eben erst erschlossene Blüthe legen, Lehre und Beispiel einsichtsvoller, für die gute Sache begeisterter Männer helfen. Adolf Rosenberg. Literatur. Der blaue Schleier. Novelle von A. Roland. Gotha, Reisland, 1880. Dies zierliche, stilvoll ausgestattete Büchlein bietet ein kleines Cabinetstück einer Novelle. Wenig äußere Mittel/ Der Schauplatz ein Hotel in einem kleinen rheini¬ schen Städtchen, wo sich der Erzähler, ein Journalist, von dem Helden, einem Ober-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/518>, abgerufen am 18.05.2024.