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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Zebu^mains Ilios,

literarischen Arbeit aufpräge". Es scheint, als habe Schliemann es für nöthig
gefunden, seine "trojanische Burg" mit einer ganzen Schaar von "spanischen
Reitern" zu umgeben, um die Gegner möglichst einzuschüchtern. Der berühmte
Aegyptologe Heinrich Brugsch-Bed hat über Hera Voopis und die Beziehungen
zwischen Troja und Aeghpten gehandelt, Prof. A. H. Sayce bespricht die in
Hissarlik gefundnen Inschriften, A, I. Dnfficld die Verlorne 5wüst der Knpfer-
härtung, die Botaniker P, Ascherson, Th, v. Heldreich und F, Kurtz geben ein
Verzeichniß der aus der Trons bekannten Pflanzen, Prof. I, P. Mahaffy stellt
Untersuchungen an über das Verhältniß von Uovum IImm zum Ilion desHmner,
Max Müller in Oxford ergeht sich über das Hakenkreuz, das indische LvastiKa,
lind Prof. Virchow, der anch die Vorrede geschrieben hat und dem das ganze
Buch gewidmet worden ist, hat dasselbe außerdem noch mit zwei Abhandlungen
geschmückt: "Troja und Hissarlik" und "Aerztliche Praxis in der Troas," Es
braucht Wohl nicht erwähnt zu werden, daß alle die genannten und die andern
Gelehrte", welche Schliemann zur Mitarbeiterschaft herangezogen hat, von der
Wahrheit seiner Hhpothese, daß Hissarlik mit dem Ilion des Homer identisch sei,
vollständig durchdrungen sind. Nur Max Müller liefert keinen Baustein, welcher
das phantastische Gebäude Schliemcmns unterstützen könnte. Um seine Meinung
über das Haken- oder Henkelkreuz ( A) befragt, welches sehr häufig als Ornament
auf Thongefäßen der von Schliemann sogenannten "dritten, prähistorischen Stadt"
vorkommt, giebt er sein Urtheil dahin ab, daß dieses unter den: Namen LvAM">.
bekannte Symbol in Indien nicht vor dem vierten Jahrhundert vor Christo nach¬
zuweisen ist. Dadurch würde SchliemcmuS Theorie, welche die dritte der siehe"
Städte, deren Trümmer er in dem Burgberg von Hissarlik gefunden zu haben
glaubt, für das homerische Troja in Anspruch nimmt, einen empfindlichen Stoß
erleiden. Dann wäre dieses Troja, dessen Zerstörung nach der gewöhnlichen
Chronologie doch um das Jahr 1000 erfolgt sein müßte, mindestens 60V Jahre
jünger. Max Müller macht am Schlüsse jedoch die tröstliche Bemerkung: "Iden¬
tität der Formen beweist in der Archäologie ebensowenig Identität des Ursprungs,
wie Identität des Lautes eine solche in der Etymologie beweist." Es ist also
Schliemann nach der scharfsinnigen Abhandlung des großen Sprachforschers un¬
benommen, das Hakenkreuz in eine beliebige prähistorische Zeit zu versetzen.

Virchow hat übrigens auch in seiner Vorrede gezeigt, daß die Politiker der
Fortschrittspartei des diplomatischen Talentes keineswegs so baar sind, wie es
ihnen ihre Gegner, wen" sie ihnen die Regierungsfähigkeit absprechen, zum Vor¬
wurf machen. In der Generalfrage, daß nämlich das Ilion Homers auf dem
Berge von Hissarlik und nicht auf den Höhen des weiter südlich gelegnen Bu-
uarbaschi zu suchen sei, ist er zwar mit Schliemann einig. In vielen Detail-


Zebu^mains Ilios,

literarischen Arbeit aufpräge». Es scheint, als habe Schliemann es für nöthig
gefunden, seine „trojanische Burg" mit einer ganzen Schaar von „spanischen
Reitern" zu umgeben, um die Gegner möglichst einzuschüchtern. Der berühmte
Aegyptologe Heinrich Brugsch-Bed hat über Hera Voopis und die Beziehungen
zwischen Troja und Aeghpten gehandelt, Prof. A. H. Sayce bespricht die in
Hissarlik gefundnen Inschriften, A, I. Dnfficld die Verlorne 5wüst der Knpfer-
härtung, die Botaniker P, Ascherson, Th, v. Heldreich und F, Kurtz geben ein
Verzeichniß der aus der Trons bekannten Pflanzen, Prof. I, P. Mahaffy stellt
Untersuchungen an über das Verhältniß von Uovum IImm zum Ilion desHmner,
Max Müller in Oxford ergeht sich über das Hakenkreuz, das indische LvastiKa,
lind Prof. Virchow, der anch die Vorrede geschrieben hat und dem das ganze
Buch gewidmet worden ist, hat dasselbe außerdem noch mit zwei Abhandlungen
geschmückt: „Troja und Hissarlik" und „Aerztliche Praxis in der Troas," Es
braucht Wohl nicht erwähnt zu werden, daß alle die genannten und die andern
Gelehrte», welche Schliemann zur Mitarbeiterschaft herangezogen hat, von der
Wahrheit seiner Hhpothese, daß Hissarlik mit dem Ilion des Homer identisch sei,
vollständig durchdrungen sind. Nur Max Müller liefert keinen Baustein, welcher
das phantastische Gebäude Schliemcmns unterstützen könnte. Um seine Meinung
über das Haken- oder Henkelkreuz ( A) befragt, welches sehr häufig als Ornament
auf Thongefäßen der von Schliemann sogenannten „dritten, prähistorischen Stadt"
vorkommt, giebt er sein Urtheil dahin ab, daß dieses unter den: Namen LvAM«>.
bekannte Symbol in Indien nicht vor dem vierten Jahrhundert vor Christo nach¬
zuweisen ist. Dadurch würde SchliemcmuS Theorie, welche die dritte der siehe»
Städte, deren Trümmer er in dem Burgberg von Hissarlik gefunden zu haben
glaubt, für das homerische Troja in Anspruch nimmt, einen empfindlichen Stoß
erleiden. Dann wäre dieses Troja, dessen Zerstörung nach der gewöhnlichen
Chronologie doch um das Jahr 1000 erfolgt sein müßte, mindestens 60V Jahre
jünger. Max Müller macht am Schlüsse jedoch die tröstliche Bemerkung: „Iden¬
tität der Formen beweist in der Archäologie ebensowenig Identität des Ursprungs,
wie Identität des Lautes eine solche in der Etymologie beweist." Es ist also
Schliemann nach der scharfsinnigen Abhandlung des großen Sprachforschers un¬
benommen, das Hakenkreuz in eine beliebige prähistorische Zeit zu versetzen.

Virchow hat übrigens auch in seiner Vorrede gezeigt, daß die Politiker der
Fortschrittspartei des diplomatischen Talentes keineswegs so baar sind, wie es
ihnen ihre Gegner, wen» sie ihnen die Regierungsfähigkeit absprechen, zum Vor¬
wurf machen. In der Generalfrage, daß nämlich das Ilion Homers auf dem
Berge von Hissarlik und nicht auf den Höhen des weiter südlich gelegnen Bu-
uarbaschi zu suchen sei, ist er zwar mit Schliemann einig. In vielen Detail-


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[0526] Zebu^mains Ilios, literarischen Arbeit aufpräge». Es scheint, als habe Schliemann es für nöthig gefunden, seine „trojanische Burg" mit einer ganzen Schaar von „spanischen Reitern" zu umgeben, um die Gegner möglichst einzuschüchtern. Der berühmte Aegyptologe Heinrich Brugsch-Bed hat über Hera Voopis und die Beziehungen zwischen Troja und Aeghpten gehandelt, Prof. A. H. Sayce bespricht die in Hissarlik gefundnen Inschriften, A, I. Dnfficld die Verlorne 5wüst der Knpfer- härtung, die Botaniker P, Ascherson, Th, v. Heldreich und F, Kurtz geben ein Verzeichniß der aus der Trons bekannten Pflanzen, Prof. I, P. Mahaffy stellt Untersuchungen an über das Verhältniß von Uovum IImm zum Ilion desHmner, Max Müller in Oxford ergeht sich über das Hakenkreuz, das indische LvastiKa, lind Prof. Virchow, der anch die Vorrede geschrieben hat und dem das ganze Buch gewidmet worden ist, hat dasselbe außerdem noch mit zwei Abhandlungen geschmückt: „Troja und Hissarlik" und „Aerztliche Praxis in der Troas," Es braucht Wohl nicht erwähnt zu werden, daß alle die genannten und die andern Gelehrte», welche Schliemann zur Mitarbeiterschaft herangezogen hat, von der Wahrheit seiner Hhpothese, daß Hissarlik mit dem Ilion des Homer identisch sei, vollständig durchdrungen sind. Nur Max Müller liefert keinen Baustein, welcher das phantastische Gebäude Schliemcmns unterstützen könnte. Um seine Meinung über das Haken- oder Henkelkreuz ( A) befragt, welches sehr häufig als Ornament auf Thongefäßen der von Schliemann sogenannten „dritten, prähistorischen Stadt" vorkommt, giebt er sein Urtheil dahin ab, daß dieses unter den: Namen LvAM«>. bekannte Symbol in Indien nicht vor dem vierten Jahrhundert vor Christo nach¬ zuweisen ist. Dadurch würde SchliemcmuS Theorie, welche die dritte der siehe» Städte, deren Trümmer er in dem Burgberg von Hissarlik gefunden zu haben glaubt, für das homerische Troja in Anspruch nimmt, einen empfindlichen Stoß erleiden. Dann wäre dieses Troja, dessen Zerstörung nach der gewöhnlichen Chronologie doch um das Jahr 1000 erfolgt sein müßte, mindestens 60V Jahre jünger. Max Müller macht am Schlüsse jedoch die tröstliche Bemerkung: „Iden¬ tität der Formen beweist in der Archäologie ebensowenig Identität des Ursprungs, wie Identität des Lautes eine solche in der Etymologie beweist." Es ist also Schliemann nach der scharfsinnigen Abhandlung des großen Sprachforschers un¬ benommen, das Hakenkreuz in eine beliebige prähistorische Zeit zu versetzen. Virchow hat übrigens auch in seiner Vorrede gezeigt, daß die Politiker der Fortschrittspartei des diplomatischen Talentes keineswegs so baar sind, wie es ihnen ihre Gegner, wen» sie ihnen die Regierungsfähigkeit absprechen, zum Vor¬ wurf machen. In der Generalfrage, daß nämlich das Ilion Homers auf dem Berge von Hissarlik und nicht auf den Höhen des weiter südlich gelegnen Bu- uarbaschi zu suchen sei, ist er zwar mit Schliemann einig. In vielen Detail-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/526>, abgerufen am 08.06.2024.