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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die Briefe der Freifrau von Bunsen.

Pflege des kirchlichen Gesanges, welche damals die Mitglieder der deutschen Co-
lonie auf dem Capitol vereinigte.

Doch auch an Schatten fehlte es dem glücklichen Leben nicht. Der Monat
März 1821 wurde durch den unerwarteten Tod William Waddingtons getrübt,
eines Vetters von Frnnces, der gekommen war, um die Alterthümer Roms kennen
zu lernen, und wenige Monate später mußte Frances ihrer Mutter berichten,
daß ihr Töchterchen Mary gestorben.

Inzwischen besserten sich die äußeren Verhältnisse Bunsens in glücklichster
Weise. Nachdem Niebuhr ihn an Brandes' Stelle als Secretär angenommen
hatte, machte ihn der König bei Gelegenheit seines Besuches in Rom im Jahre
1822 zum Legationsrath und erhob ihn im folgenden Jahre, als Niebuhr Rom
verließ, zum Geschäftsträger. Von Frances freilich wurde der Aufenthalt Friedrich
Wilhelms III. in Rom, da er den Gatten viel beschäftigte, schwer empfunden.
"Karl," so klagt sie in einem Briefe an die Mutter vom 14. November 1822,
"läuft den ganzen Tag Königen und Prinzen nach! Ich habe wahrhaftig Ur¬
sache, mich nach der Abreise des Königs von Preußen zu sehnen, denn Se. Ma¬
jestät ist so gut aufgelegt und so thätig und hat so viel Freude an allem, daß
er geruht von 8 Uhr morgens an, bis. es dunkel wird -- mit der kurzen Unter¬
brechung des Mittcigsesfens -- umhcrzurennen. Er selbst ist der Anführer, von
Niebuhr und Alexander von Humboldt begleitet, und die beiden Prinzen, denen
Karl beigegeben ist, gehen hinterher." Nur die Freude, die Bunsen über die
offen sich zeigende Gunst und die Liebenswürdigkeit des Königs empfand, tröstete
sie über seine lange Entfernung von ihr: "Trotz aller geistigen wie leiblichen
Ermüdung, trotz des Zeitverlustes gereicht es doch Karl sehr zur Befrie¬
digung, daß seine Gesellschaft den Herrschaften angenehm ist. . . Karl er¬
freut sich sehr an der Haltung des Königs und findet ihn durchaus würdig,
verständig und intelligent, auch ziehen ihn beide Prinzen an, besonders aber
Prinz Wilhelm, der ältere der beiden hier anwesenden. Der Kronprinz,
den alle Parteien und Menschen übereinstimmend loben, hat seinen Vater
"icht begleitet, wird aber im Laufe des Winters hier erwartet. Man glaubt,
daß er es vorziehe, allein zu kommen, da der König seine Söhne sehr streng
hält."

Die Gnade des Königs sollte Bunsen auch fernerhin geleiten. Im Sep¬
tember 1827 wurde er nach Berlin berufen, weil man hier seine durch langen
Aufenthalt in Rom erworbenen Kenntnisse über kirchliche Verhältnisse bei den
neuerdings entstandenen Verwicklungen mit einigen Würdenträgern der römisch¬
katholischen Kirche in Schlesien und andern preußischen Gebietstheilen zu ver¬
wenden gedachte. Die Auszeichnung, mit der, er am Hofe empfangen wurde,
die Gunst des Königs und die Freundschaft des Kronprinzen riefen allgemein
Huldigungen für den Mann hervor, der zur Zeit im hellsten Sonnenscheine
königlicher Huld zu stehen schien.


Die Briefe der Freifrau von Bunsen.

Pflege des kirchlichen Gesanges, welche damals die Mitglieder der deutschen Co-
lonie auf dem Capitol vereinigte.

Doch auch an Schatten fehlte es dem glücklichen Leben nicht. Der Monat
März 1821 wurde durch den unerwarteten Tod William Waddingtons getrübt,
eines Vetters von Frnnces, der gekommen war, um die Alterthümer Roms kennen
zu lernen, und wenige Monate später mußte Frances ihrer Mutter berichten,
daß ihr Töchterchen Mary gestorben.

Inzwischen besserten sich die äußeren Verhältnisse Bunsens in glücklichster
Weise. Nachdem Niebuhr ihn an Brandes' Stelle als Secretär angenommen
hatte, machte ihn der König bei Gelegenheit seines Besuches in Rom im Jahre
1822 zum Legationsrath und erhob ihn im folgenden Jahre, als Niebuhr Rom
verließ, zum Geschäftsträger. Von Frances freilich wurde der Aufenthalt Friedrich
Wilhelms III. in Rom, da er den Gatten viel beschäftigte, schwer empfunden.
„Karl," so klagt sie in einem Briefe an die Mutter vom 14. November 1822,
«läuft den ganzen Tag Königen und Prinzen nach! Ich habe wahrhaftig Ur¬
sache, mich nach der Abreise des Königs von Preußen zu sehnen, denn Se. Ma¬
jestät ist so gut aufgelegt und so thätig und hat so viel Freude an allem, daß
er geruht von 8 Uhr morgens an, bis. es dunkel wird — mit der kurzen Unter¬
brechung des Mittcigsesfens — umhcrzurennen. Er selbst ist der Anführer, von
Niebuhr und Alexander von Humboldt begleitet, und die beiden Prinzen, denen
Karl beigegeben ist, gehen hinterher." Nur die Freude, die Bunsen über die
offen sich zeigende Gunst und die Liebenswürdigkeit des Königs empfand, tröstete
sie über seine lange Entfernung von ihr: „Trotz aller geistigen wie leiblichen
Ermüdung, trotz des Zeitverlustes gereicht es doch Karl sehr zur Befrie¬
digung, daß seine Gesellschaft den Herrschaften angenehm ist. . . Karl er¬
freut sich sehr an der Haltung des Königs und findet ihn durchaus würdig,
verständig und intelligent, auch ziehen ihn beide Prinzen an, besonders aber
Prinz Wilhelm, der ältere der beiden hier anwesenden. Der Kronprinz,
den alle Parteien und Menschen übereinstimmend loben, hat seinen Vater
"icht begleitet, wird aber im Laufe des Winters hier erwartet. Man glaubt,
daß er es vorziehe, allein zu kommen, da der König seine Söhne sehr streng
hält."

Die Gnade des Königs sollte Bunsen auch fernerhin geleiten. Im Sep¬
tember 1827 wurde er nach Berlin berufen, weil man hier seine durch langen
Aufenthalt in Rom erworbenen Kenntnisse über kirchliche Verhältnisse bei den
neuerdings entstandenen Verwicklungen mit einigen Würdenträgern der römisch¬
katholischen Kirche in Schlesien und andern preußischen Gebietstheilen zu ver¬
wenden gedachte. Die Auszeichnung, mit der, er am Hofe empfangen wurde,
die Gunst des Königs und die Freundschaft des Kronprinzen riefen allgemein
Huldigungen für den Mann hervor, der zur Zeit im hellsten Sonnenscheine
königlicher Huld zu stehen schien.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/121>, abgerufen am 29.05.2024.