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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die Frauen der italienischen Renaissance.

Mcmnorstatuen und Bronzen, deren einige noch jetzt zu Mantua aufbewahrt
werden.

Ihr eignes Bildniß ließ die kunstsinnige Markgräfin von zwei der ersten
Maler anfertige": das von Lionardo da Vinci um 1600 gemalte ist leider
spurlos verschollen, während ein von Tizian ausgeführtes Porträt, das sie in
vorgerückteren Jahren darstellt, von Rnliens copirt und nach dieser Copie von
Lucas Vorstermau gestochen wurde.*)

Aus der Plünderung Roms, während welcher sie in der ewigen Stadt
weilte, hatte Jsabella zahlreiche Kunstwerke vor dem Untergange gerettet, mußte
sie aber dennoch verloren sehen, da das Schiff, welches sie in Sicherheit bringen
sollte, Piraten in die Hände fiel.

Dem großen Sohne Mantnas, Virgil, beschloß sie ein Denkmal zu errichten
an Stelle eines früheren, das Carlo Malatesta aus kleinlicher Eifersucht auf
die dem Dichter gezollten Ehren hatte in den Mincio werfen lassen. Mantegna
ward von ihr beauftragt, die Zeichnung zu der Statue anzufertigen, die sich
zur Zeit in französischem Privatbesitz befindet. Die Ausführung des Denkmals
unterblieb aus unbekannten Gründen.

Die Verehrung, welche sie hierdurch der Poesie bezeugte, bestätigte Jsabella
aber auch auf andre Weise. Aus einem Briefe eines gewissen Lorenzo da Pavia,
der ihr bei ihren Erwerbungen als Vermittler und Berather diente, erfahren
wir, daß sie u. a. schön ausgestattete Exemplare des Virgil, Ovid und Petrarca
gewünscht hatte; der Schreiber setzt ihr auseinander, daß sie von dem ersteren
aus der berühmten Officin des Aldus Manutius einen Abdruck auf feinen:
Papier haben könne, nicht so jedoch von Petrarca, dessen Aufgabe erst in zehn
Tagen fertig sein werde; sie solle jedoch das erste Exemplar erhalten, da
man hierin die beste Vorbedeutung erblicke. Die Ausführlichkeit, mit welcher
Lorenzo weiterhin über die Papiersorten berichtet, die für die bevorstehenden
Ausgaben des Dante und Ovid verwendet werden sollen, läßt in Jsabella eine
Bücherfreundin erkennen, die auch auf das Aeußere der Literaturschätze, welche
sie ihrer Bibliothek einverleibte, hohen Werth legte. Ein andresmal wendet sie
sich direct an Aldus mit dem Auftrage, ihr vou allen seinen künftigen Ausgaben
lateinischer Classiker in kleinem Format ein Exemplar auf schönem Papier und
zwar sobald wie möglich zu übersenden. Ein lateinischer Brief, den Aldus am
17. Juli 1S04 an sie richtete, möge hier Platz finden, da er beredter als alles
andre davon Zeugniß ablegt, mit welchem Antheil die hohe Frau die litera-
rischen Ereignisse verfolgte und wie tiefgehend ihre gelehrten Interessen waren.

"Es war bei mir in den letzten Tagen der gelehrte junge Gianbattista
Ascalonius. Im Verlauf unsers Gesprächs kamen wir auf Euch zu reden und



Eine Reproduction dieses Bildes giebt Firmin-Didot in seiner Biographie der Jsabella,
der die obigen Angaben folgen (^lila Mnnon ot I'UnNüuikime a Vom"v, ?nri" 1875).
Die Frauen der italienischen Renaissance.

Mcmnorstatuen und Bronzen, deren einige noch jetzt zu Mantua aufbewahrt
werden.

Ihr eignes Bildniß ließ die kunstsinnige Markgräfin von zwei der ersten
Maler anfertige»: das von Lionardo da Vinci um 1600 gemalte ist leider
spurlos verschollen, während ein von Tizian ausgeführtes Porträt, das sie in
vorgerückteren Jahren darstellt, von Rnliens copirt und nach dieser Copie von
Lucas Vorstermau gestochen wurde.*)

Aus der Plünderung Roms, während welcher sie in der ewigen Stadt
weilte, hatte Jsabella zahlreiche Kunstwerke vor dem Untergange gerettet, mußte
sie aber dennoch verloren sehen, da das Schiff, welches sie in Sicherheit bringen
sollte, Piraten in die Hände fiel.

Dem großen Sohne Mantnas, Virgil, beschloß sie ein Denkmal zu errichten
an Stelle eines früheren, das Carlo Malatesta aus kleinlicher Eifersucht auf
die dem Dichter gezollten Ehren hatte in den Mincio werfen lassen. Mantegna
ward von ihr beauftragt, die Zeichnung zu der Statue anzufertigen, die sich
zur Zeit in französischem Privatbesitz befindet. Die Ausführung des Denkmals
unterblieb aus unbekannten Gründen.

Die Verehrung, welche sie hierdurch der Poesie bezeugte, bestätigte Jsabella
aber auch auf andre Weise. Aus einem Briefe eines gewissen Lorenzo da Pavia,
der ihr bei ihren Erwerbungen als Vermittler und Berather diente, erfahren
wir, daß sie u. a. schön ausgestattete Exemplare des Virgil, Ovid und Petrarca
gewünscht hatte; der Schreiber setzt ihr auseinander, daß sie von dem ersteren
aus der berühmten Officin des Aldus Manutius einen Abdruck auf feinen:
Papier haben könne, nicht so jedoch von Petrarca, dessen Aufgabe erst in zehn
Tagen fertig sein werde; sie solle jedoch das erste Exemplar erhalten, da
man hierin die beste Vorbedeutung erblicke. Die Ausführlichkeit, mit welcher
Lorenzo weiterhin über die Papiersorten berichtet, die für die bevorstehenden
Ausgaben des Dante und Ovid verwendet werden sollen, läßt in Jsabella eine
Bücherfreundin erkennen, die auch auf das Aeußere der Literaturschätze, welche
sie ihrer Bibliothek einverleibte, hohen Werth legte. Ein andresmal wendet sie
sich direct an Aldus mit dem Auftrage, ihr vou allen seinen künftigen Ausgaben
lateinischer Classiker in kleinem Format ein Exemplar auf schönem Papier und
zwar sobald wie möglich zu übersenden. Ein lateinischer Brief, den Aldus am
17. Juli 1S04 an sie richtete, möge hier Platz finden, da er beredter als alles
andre davon Zeugniß ablegt, mit welchem Antheil die hohe Frau die litera-
rischen Ereignisse verfolgte und wie tiefgehend ihre gelehrten Interessen waren.

„Es war bei mir in den letzten Tagen der gelehrte junge Gianbattista
Ascalonius. Im Verlauf unsers Gesprächs kamen wir auf Euch zu reden und



Eine Reproduction dieses Bildes giebt Firmin-Didot in seiner Biographie der Jsabella,
der die obigen Angaben folgen (^lila Mnnon ot I'UnNüuikime a Vom»v, ?nri» 1875).
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[0410] Die Frauen der italienischen Renaissance. Mcmnorstatuen und Bronzen, deren einige noch jetzt zu Mantua aufbewahrt werden. Ihr eignes Bildniß ließ die kunstsinnige Markgräfin von zwei der ersten Maler anfertige»: das von Lionardo da Vinci um 1600 gemalte ist leider spurlos verschollen, während ein von Tizian ausgeführtes Porträt, das sie in vorgerückteren Jahren darstellt, von Rnliens copirt und nach dieser Copie von Lucas Vorstermau gestochen wurde.*) Aus der Plünderung Roms, während welcher sie in der ewigen Stadt weilte, hatte Jsabella zahlreiche Kunstwerke vor dem Untergange gerettet, mußte sie aber dennoch verloren sehen, da das Schiff, welches sie in Sicherheit bringen sollte, Piraten in die Hände fiel. Dem großen Sohne Mantnas, Virgil, beschloß sie ein Denkmal zu errichten an Stelle eines früheren, das Carlo Malatesta aus kleinlicher Eifersucht auf die dem Dichter gezollten Ehren hatte in den Mincio werfen lassen. Mantegna ward von ihr beauftragt, die Zeichnung zu der Statue anzufertigen, die sich zur Zeit in französischem Privatbesitz befindet. Die Ausführung des Denkmals unterblieb aus unbekannten Gründen. Die Verehrung, welche sie hierdurch der Poesie bezeugte, bestätigte Jsabella aber auch auf andre Weise. Aus einem Briefe eines gewissen Lorenzo da Pavia, der ihr bei ihren Erwerbungen als Vermittler und Berather diente, erfahren wir, daß sie u. a. schön ausgestattete Exemplare des Virgil, Ovid und Petrarca gewünscht hatte; der Schreiber setzt ihr auseinander, daß sie von dem ersteren aus der berühmten Officin des Aldus Manutius einen Abdruck auf feinen: Papier haben könne, nicht so jedoch von Petrarca, dessen Aufgabe erst in zehn Tagen fertig sein werde; sie solle jedoch das erste Exemplar erhalten, da man hierin die beste Vorbedeutung erblicke. Die Ausführlichkeit, mit welcher Lorenzo weiterhin über die Papiersorten berichtet, die für die bevorstehenden Ausgaben des Dante und Ovid verwendet werden sollen, läßt in Jsabella eine Bücherfreundin erkennen, die auch auf das Aeußere der Literaturschätze, welche sie ihrer Bibliothek einverleibte, hohen Werth legte. Ein andresmal wendet sie sich direct an Aldus mit dem Auftrage, ihr vou allen seinen künftigen Ausgaben lateinischer Classiker in kleinem Format ein Exemplar auf schönem Papier und zwar sobald wie möglich zu übersenden. Ein lateinischer Brief, den Aldus am 17. Juli 1S04 an sie richtete, möge hier Platz finden, da er beredter als alles andre davon Zeugniß ablegt, mit welchem Antheil die hohe Frau die litera- rischen Ereignisse verfolgte und wie tiefgehend ihre gelehrten Interessen waren. „Es war bei mir in den letzten Tagen der gelehrte junge Gianbattista Ascalonius. Im Verlauf unsers Gesprächs kamen wir auf Euch zu reden und Eine Reproduction dieses Bildes giebt Firmin-Didot in seiner Biographie der Jsabella, der die obigen Angaben folgen (^lila Mnnon ot I'UnNüuikime a Vom»v, ?nri» 1875).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/410>, abgerufen am 14.05.2024.