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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Gemäldegalerie, Dr. O. Eisenmann. Ohne ein offen ausgesprochenes Mandat
von irgend einer Seite, ohne sich auf die Autorität eines anerkannten Namens
stützen zu können, veröffentlichte er in der "Kölnischen Zeitung" zum Schutze
des Berliner Rubens einen langen Artikel, in welchem er aus Maugel um sach¬
lichen Gründen die Künstler in Bausch und Bogen als Ignoranten auf dem
Gebiete der Kunstkennerschaft bezeichnete, diese Prärogative vielmehr ausschließlich
für die Kunstgelehrten in Anspruch nahm und, zur nähern Untersttttznug seiner
Behauptung, einen heftigen Angriff gegen die von einem Künstler geleitete Ver¬
waltung der Dresdener Galerie richtete.

Diese unüberlegten Ausfälle, die namentlich Männer wie Adolf Menzel
und Fritz Werner treffe"? sollten, sind aufs entschiedenste von der Blüte der
Düsseldorfer Künstlerschaft in der "Kölnischen Zeitung" zurückgewiesen worden.
Es ist dabei zu befürchten, daß der Glanz von Namen wie Andreas Ueberhand
und Benjamin Vautier deu des Herrn Dr, Eisenmann überstrahlt haben
wird, der bis zu seinem Angriffe, welcher ihm auch gerade keinen sonderlichen
Ruhm eingebracht hat, in weiteren Kreisen so gut wie unbekannt war. Er hat
es bisher verschmäht, dnrch eine größere Arbeit von einigem Verdienst an seinen
Namen das Gewicht einer wissenschaftlichen Autorität zu knüpfen. Man kennt
von ihm nur einige lexieographische Arbeiten und kritische, in verschiedenen Zeit¬
schriften veröffentlichte Artikel, die an Sicherheit des Tons freilich nichts zu
wünschen übrig lassen. Seine Thätigkeit als Director der Kasseler Gemälde¬
galerie muß eine sehr aufreibende und zeitraubende sein, da er in vier Jahren
noch nicht dazu gekommen ist, einen neuen, den jetzigen Anforderungen der
Wissenschaft entsprechenden Katalog zu verfassen. Er hat sich darauf beschränken
müssen, das alte Aubelschc Verzeichnis, über dessen totale Unbrauchbarst kein
Wort zu verlieren ist, zu revidiren, die gröbsten Irrthümer zu berichtigen und
die von Anbel unbeachtet gelassenen Zuschriften hinzuzusetzen. Mit welcher Sorg¬
falt er sich dieser Aufgabe unterzogen hat, mag nur ein Beispiel beweisen. Auf
Rubens' berühmtem Bilde "Jupiter und Kallisto" soll die Künstlerinschrift uach
Angabe des Katalogs lauten: ?. 1613. Sie lautet aber in der
That: ?. I'. 1613. Anscheinend eine Kleinigkeit, aber für die
ganze Mache dieses Musters von Katalog charakteristisch. Auch für die Sicher¬
heit, mit welcher Herr Dr. Eisenmann die Provenienz von Bildern zu beur¬
theilen vermag, enthält der Katalog einen interessanten Belag. Die Kasseler
Galerie besitzt unter Ur. 40 ein Gemälde, "Christus erscheint der Maria Mag-
dalena als Gärtner," welches im alten Katalog und von Otto Mündler, dessen
Kennerschaft nur im allgemeinen nicht zu verachten Pflegt, dem Haus Schäuffeleiu,
einem Schüler Dürers, zugeschrieben wurde. Im Jahre 1876 erklärte es Herr
Dr. Eisenmann als das Werk eines Malers aus der westfälischen Schule
lDohmeö Kunst und Künstler Bd. I, S. VI), in dem von ihm durchgesehenen Kataloge
läßt er es von dem holländischen Maler Jacob van Amsterdam gemalt sein!


Gemäldegalerie, Dr. O. Eisenmann. Ohne ein offen ausgesprochenes Mandat
von irgend einer Seite, ohne sich auf die Autorität eines anerkannten Namens
stützen zu können, veröffentlichte er in der „Kölnischen Zeitung" zum Schutze
des Berliner Rubens einen langen Artikel, in welchem er aus Maugel um sach¬
lichen Gründen die Künstler in Bausch und Bogen als Ignoranten auf dem
Gebiete der Kunstkennerschaft bezeichnete, diese Prärogative vielmehr ausschließlich
für die Kunstgelehrten in Anspruch nahm und, zur nähern Untersttttznug seiner
Behauptung, einen heftigen Angriff gegen die von einem Künstler geleitete Ver¬
waltung der Dresdener Galerie richtete.

Diese unüberlegten Ausfälle, die namentlich Männer wie Adolf Menzel
und Fritz Werner treffe«? sollten, sind aufs entschiedenste von der Blüte der
Düsseldorfer Künstlerschaft in der „Kölnischen Zeitung" zurückgewiesen worden.
Es ist dabei zu befürchten, daß der Glanz von Namen wie Andreas Ueberhand
und Benjamin Vautier deu des Herrn Dr, Eisenmann überstrahlt haben
wird, der bis zu seinem Angriffe, welcher ihm auch gerade keinen sonderlichen
Ruhm eingebracht hat, in weiteren Kreisen so gut wie unbekannt war. Er hat
es bisher verschmäht, dnrch eine größere Arbeit von einigem Verdienst an seinen
Namen das Gewicht einer wissenschaftlichen Autorität zu knüpfen. Man kennt
von ihm nur einige lexieographische Arbeiten und kritische, in verschiedenen Zeit¬
schriften veröffentlichte Artikel, die an Sicherheit des Tons freilich nichts zu
wünschen übrig lassen. Seine Thätigkeit als Director der Kasseler Gemälde¬
galerie muß eine sehr aufreibende und zeitraubende sein, da er in vier Jahren
noch nicht dazu gekommen ist, einen neuen, den jetzigen Anforderungen der
Wissenschaft entsprechenden Katalog zu verfassen. Er hat sich darauf beschränken
müssen, das alte Aubelschc Verzeichnis, über dessen totale Unbrauchbarst kein
Wort zu verlieren ist, zu revidiren, die gröbsten Irrthümer zu berichtigen und
die von Anbel unbeachtet gelassenen Zuschriften hinzuzusetzen. Mit welcher Sorg¬
falt er sich dieser Aufgabe unterzogen hat, mag nur ein Beispiel beweisen. Auf
Rubens' berühmtem Bilde „Jupiter und Kallisto" soll die Künstlerinschrift uach
Angabe des Katalogs lauten: ?. 1613. Sie lautet aber in der
That: ?. I'. 1613. Anscheinend eine Kleinigkeit, aber für die
ganze Mache dieses Musters von Katalog charakteristisch. Auch für die Sicher¬
heit, mit welcher Herr Dr. Eisenmann die Provenienz von Bildern zu beur¬
theilen vermag, enthält der Katalog einen interessanten Belag. Die Kasseler
Galerie besitzt unter Ur. 40 ein Gemälde, „Christus erscheint der Maria Mag-
dalena als Gärtner," welches im alten Katalog und von Otto Mündler, dessen
Kennerschaft nur im allgemeinen nicht zu verachten Pflegt, dem Haus Schäuffeleiu,
einem Schüler Dürers, zugeschrieben wurde. Im Jahre 1876 erklärte es Herr
Dr. Eisenmann als das Werk eines Malers aus der westfälischen Schule
lDohmeö Kunst und Künstler Bd. I, S. VI), in dem von ihm durchgesehenen Kataloge
läßt er es von dem holländischen Maler Jacob van Amsterdam gemalt sein!


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[0520] Gemäldegalerie, Dr. O. Eisenmann. Ohne ein offen ausgesprochenes Mandat von irgend einer Seite, ohne sich auf die Autorität eines anerkannten Namens stützen zu können, veröffentlichte er in der „Kölnischen Zeitung" zum Schutze des Berliner Rubens einen langen Artikel, in welchem er aus Maugel um sach¬ lichen Gründen die Künstler in Bausch und Bogen als Ignoranten auf dem Gebiete der Kunstkennerschaft bezeichnete, diese Prärogative vielmehr ausschließlich für die Kunstgelehrten in Anspruch nahm und, zur nähern Untersttttznug seiner Behauptung, einen heftigen Angriff gegen die von einem Künstler geleitete Ver¬ waltung der Dresdener Galerie richtete. Diese unüberlegten Ausfälle, die namentlich Männer wie Adolf Menzel und Fritz Werner treffe«? sollten, sind aufs entschiedenste von der Blüte der Düsseldorfer Künstlerschaft in der „Kölnischen Zeitung" zurückgewiesen worden. Es ist dabei zu befürchten, daß der Glanz von Namen wie Andreas Ueberhand und Benjamin Vautier deu des Herrn Dr, Eisenmann überstrahlt haben wird, der bis zu seinem Angriffe, welcher ihm auch gerade keinen sonderlichen Ruhm eingebracht hat, in weiteren Kreisen so gut wie unbekannt war. Er hat es bisher verschmäht, dnrch eine größere Arbeit von einigem Verdienst an seinen Namen das Gewicht einer wissenschaftlichen Autorität zu knüpfen. Man kennt von ihm nur einige lexieographische Arbeiten und kritische, in verschiedenen Zeit¬ schriften veröffentlichte Artikel, die an Sicherheit des Tons freilich nichts zu wünschen übrig lassen. Seine Thätigkeit als Director der Kasseler Gemälde¬ galerie muß eine sehr aufreibende und zeitraubende sein, da er in vier Jahren noch nicht dazu gekommen ist, einen neuen, den jetzigen Anforderungen der Wissenschaft entsprechenden Katalog zu verfassen. Er hat sich darauf beschränken müssen, das alte Aubelschc Verzeichnis, über dessen totale Unbrauchbarst kein Wort zu verlieren ist, zu revidiren, die gröbsten Irrthümer zu berichtigen und die von Anbel unbeachtet gelassenen Zuschriften hinzuzusetzen. Mit welcher Sorg¬ falt er sich dieser Aufgabe unterzogen hat, mag nur ein Beispiel beweisen. Auf Rubens' berühmtem Bilde „Jupiter und Kallisto" soll die Künstlerinschrift uach Angabe des Katalogs lauten: ?. 1613. Sie lautet aber in der That: ?. I'. 1613. Anscheinend eine Kleinigkeit, aber für die ganze Mache dieses Musters von Katalog charakteristisch. Auch für die Sicher¬ heit, mit welcher Herr Dr. Eisenmann die Provenienz von Bildern zu beur¬ theilen vermag, enthält der Katalog einen interessanten Belag. Die Kasseler Galerie besitzt unter Ur. 40 ein Gemälde, „Christus erscheint der Maria Mag- dalena als Gärtner," welches im alten Katalog und von Otto Mündler, dessen Kennerschaft nur im allgemeinen nicht zu verachten Pflegt, dem Haus Schäuffeleiu, einem Schüler Dürers, zugeschrieben wurde. Im Jahre 1876 erklärte es Herr Dr. Eisenmann als das Werk eines Malers aus der westfälischen Schule lDohmeö Kunst und Künstler Bd. I, S. VI), in dem von ihm durchgesehenen Kataloge läßt er es von dem holländischen Maler Jacob van Amsterdam gemalt sein!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/520>, abgerufen am 16.05.2024.