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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die österreichischen RuxwuprlX'esse.

geben, aber wirtschaftlich würden sie eben so riskant -- sei es für den Gläubiger
oder für den Schuldner -- sein, wie die jetzt beliebten. Wenn ein Silberlaut
solche Obligationen ausgiebt, und wenn das Silber seinen alten Wert behält, das
Gold aber stark im Werte steigt, wird dann nicht der Schuldner schwer gedrückt,
welcher dieselben Einnahmen in Silber hat, davon aber bedeutend mehr zum An¬
kauf des geschuldete" Quantums Gold ausgeben muß? Wird der Gläubiger
nicht ein unverdientes Geschenk erhalten? Rechtlich wird dann allerdings die
Leistung deS Schuldners eindeutig bestimmt sein, er wird uicht mehr einwenden
können, die Goldzahluugen seien nur als Äquivalent gewisser Silberzahluugeu
gemeint gewesen, seien daher jetzt ihrem Nominalbeträge nach zu reduziren; aber
eine gerechte Regelung ist damit nicht gefunden.

Schuldverschreibungen zwischen Ländern verschiedener Währung
werden nur dann mit nationalen Schuldverschreibungen in gleicher
Linie stehen, wenn die Relation zwischen Gold und Silber wieder fest
wird, wie sie es fast ein Jahrhundert laug war. Auch Better berührt wenigstens
diesen Währnngsweg. "Wiederherstellung der alten Silber- und Goldrelation,"
schreibt er, "ist jedenfalls das zuverlässigste, vielleicht das einzige Radikalmittel."
Wenn er aber hinzufügt- "Namentlich mögen die deutschen Gläubiger sich ge¬
sagt sein lassen, daß alt die andern kleinen Mittelchen, Arrestlegungen n. s. w.
kaum die Bedeutung symptomatischer Kuren zu beanspruchen haben," so über¬
sieht er, daß das Gleiche sich gegen seine eigenen juristischen Vorschläge einwenden
läßt. Die internationalen Schuldverschreibungen der österreichischen Eisenbahnen
genügten praktisch vollständig, so lange das Band zwischen Gold und Silber
nicht zerrissen war. Die juristischen Zweideutigkeiten mögen zu beseitigen sein,
die wirtschaftliche" Ungerechtigkeiten sind damit nicht beseitigt. Mit der Fort¬
setzung einer Wertrelativu zwischen Gold und Silber aber verlieren die juristischen
Unklarheiten der alten Obligationen die praktische Bedeutung. Die Lösung der
Frage der internationale" Schuldverschreibungen erscheint uns daher
weniger von der Jurisprudenz als von der Währungspolitik zu er¬
warten. Wenn diese gegen die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts nicht blind
ist, sondern sich bereit zeigt daraus zu lernen, obgleich alte liebgewonnene Mei¬
nungen dabei zerrinnen wie Schnee vor der Sonne, so wird die währnngspvlitische
Losung nicht allzuschwer zu finden sei".

Bis dahin gilt es, die Konfliktslust uicht zu schüren, sondern zu mildern.
"Die Presse hat bisher -- um mit Bekters Worten zu schließen -- mehr auf¬
geregt als beruhigt, wofür wir ihr leinen Dank schulden, aber bei jetziger Sach¬
lage vermöchte gerade sie mehr als irgend eine andre Macht beizutragen zu
löblicher Entwirrung und Entwicklung der Verhältnisse. Und zwar hätte sie
zuerst ihr oMoium "obilu zu üben: falschen Verdacht zu zerstreuen. Die Be¬
teiligten müssen sich beiderseits überzeugen, daß ctolns und mals, iulvs, auf
deutsch, die Absicht den andern übers Ohr zu hauen, bei keinem-Teile vorhanden


Die österreichischen RuxwuprlX'esse.

geben, aber wirtschaftlich würden sie eben so riskant — sei es für den Gläubiger
oder für den Schuldner — sein, wie die jetzt beliebten. Wenn ein Silberlaut
solche Obligationen ausgiebt, und wenn das Silber seinen alten Wert behält, das
Gold aber stark im Werte steigt, wird dann nicht der Schuldner schwer gedrückt,
welcher dieselben Einnahmen in Silber hat, davon aber bedeutend mehr zum An¬
kauf des geschuldete» Quantums Gold ausgeben muß? Wird der Gläubiger
nicht ein unverdientes Geschenk erhalten? Rechtlich wird dann allerdings die
Leistung deS Schuldners eindeutig bestimmt sein, er wird uicht mehr einwenden
können, die Goldzahluugen seien nur als Äquivalent gewisser Silberzahluugeu
gemeint gewesen, seien daher jetzt ihrem Nominalbeträge nach zu reduziren; aber
eine gerechte Regelung ist damit nicht gefunden.

Schuldverschreibungen zwischen Ländern verschiedener Währung
werden nur dann mit nationalen Schuldverschreibungen in gleicher
Linie stehen, wenn die Relation zwischen Gold und Silber wieder fest
wird, wie sie es fast ein Jahrhundert laug war. Auch Better berührt wenigstens
diesen Währnngsweg. „Wiederherstellung der alten Silber- und Goldrelation,"
schreibt er, „ist jedenfalls das zuverlässigste, vielleicht das einzige Radikalmittel."
Wenn er aber hinzufügt- „Namentlich mögen die deutschen Gläubiger sich ge¬
sagt sein lassen, daß alt die andern kleinen Mittelchen, Arrestlegungen n. s. w.
kaum die Bedeutung symptomatischer Kuren zu beanspruchen haben," so über¬
sieht er, daß das Gleiche sich gegen seine eigenen juristischen Vorschläge einwenden
läßt. Die internationalen Schuldverschreibungen der österreichischen Eisenbahnen
genügten praktisch vollständig, so lange das Band zwischen Gold und Silber
nicht zerrissen war. Die juristischen Zweideutigkeiten mögen zu beseitigen sein,
die wirtschaftliche» Ungerechtigkeiten sind damit nicht beseitigt. Mit der Fort¬
setzung einer Wertrelativu zwischen Gold und Silber aber verlieren die juristischen
Unklarheiten der alten Obligationen die praktische Bedeutung. Die Lösung der
Frage der internationale» Schuldverschreibungen erscheint uns daher
weniger von der Jurisprudenz als von der Währungspolitik zu er¬
warten. Wenn diese gegen die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts nicht blind
ist, sondern sich bereit zeigt daraus zu lernen, obgleich alte liebgewonnene Mei¬
nungen dabei zerrinnen wie Schnee vor der Sonne, so wird die währnngspvlitische
Losung nicht allzuschwer zu finden sei».

Bis dahin gilt es, die Konfliktslust uicht zu schüren, sondern zu mildern.
„Die Presse hat bisher — um mit Bekters Worten zu schließen — mehr auf¬
geregt als beruhigt, wofür wir ihr leinen Dank schulden, aber bei jetziger Sach¬
lage vermöchte gerade sie mehr als irgend eine andre Macht beizutragen zu
löblicher Entwirrung und Entwicklung der Verhältnisse. Und zwar hätte sie
zuerst ihr oMoium »obilu zu üben: falschen Verdacht zu zerstreuen. Die Be¬
teiligten müssen sich beiderseits überzeugen, daß ctolns und mals, iulvs, auf
deutsch, die Absicht den andern übers Ohr zu hauen, bei keinem-Teile vorhanden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/30>, abgerufen am 25.05.2024.