Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal.seine Lebensverhältnisse ihm dieselbe nahelegten, aufs neue und mit überraschendem Der letzte Satz kann natürlich nnr (um ZMiro ""lis zugegeben werden, seine Lebensverhältnisse ihm dieselbe nahelegten, aufs neue und mit überraschendem Der letzte Satz kann natürlich nnr (um ZMiro »»lis zugegeben werden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86983"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_725" prev="#ID_724"> seine Lebensverhältnisse ihm dieselbe nahelegten, aufs neue und mit überraschendem<lb/> Gelingen in das Gebiet der deutschen Poesie hereinzog; indem er die nennr<lb/> von einer neuen Seite und unter einem neuen Gesichtspunkte mit größter Deut¬<lb/> lichkeit und doch in poetischem Schimmer sehen ließ; indem er endlich das erste<lb/> und ewige Thema der Dichtkunst, die Liebe, in einigen ans wirklichen und innern<lb/> Zrlebnissen hervorgegangenen Gedichten behandelte. Formell übertraf die<lb/> Dichtung Hallers die fast aller seiner Vorgänger und auch seiner Zeitgenossen<lb/> dnrch das vorsätzliche und wirklich gelungene Bestrebe» des Dichters, in wenig<lb/> Worte» möglichst viel zu sage». Dn im Geiste Hallers neben nmfnssendem<lb/> Denkvermögen zugleich eine mächtige Phantasie wohnte, so vermochte er auch<lb/> denjenigen Stoffen seiner Dichtung, die uns, nicht aber so Hallers nächsten Zeit-<lb/> genossen im letzten Grunde unpoetisch erscheinen, das Ansehen wahrhaft dichte¬<lb/> rischer Stoffe zu geben: durch eine bis dahin unbekannte Fähigkeit, das Ilbcr-<lb/> sinnliche mit sinnlicher Vorstellung zu verknüpfen und das Gedachte in ein Ge¬<lb/> sehenes zu verwandeln. Zu allen diesen Vorzügen der Hallerschen Dichtungen<lb/> ^zu denen der Herausgeber mit Recht auch die Thatsache rechnet, daß Haller<lb/> aus dem Sprachgefühle seines deutsch-bernischen Volkstums heraus dichtete, in<lb/> welchem sich etwas von der größern Kraft und Sinnlichkeit des ältern Deutsch<lb/> erhalten hatte) kam das hohe sittliche Pathos, kam der Ruhm des Gelehrten,<lb/> kam endlich trotz großer Schwächen, an denen freilich die Verhältnisse in Hallers<lb/> Vaterland sehr wesentlich mit schuld waren, die im großen und ganzen unan¬<lb/> tastbare Hoheit und Lauterkeit von Hallers Charakter. Doch war vielleicht die<lb/> wesentlichste von allen Ursachen der große» Wirkung von Hallers Gedichten die:<lb/> nach einer langen Reihe von Jahren, während welcher ans allen Gebieten der<lb/> Poesie fast nur die kalte Stndiertheit das Wort geführt hatte, machten Hallers<lb/> Gedichte zuerst wieder den Eindrnck, daß sie einer wirklich bewegten, ja tief er¬<lb/> regten Innerlichkeit entströmten,"</p><lb/> <p xml:id="ID_726" next="#ID_727"> Der letzte Satz kann natürlich nnr (um ZMiro »»lis zugegeben werden,<lb/> auch Hallers bewegte Innerlichkeit schied noch nicht die unmittelbare Empfindung<lb/> und die Reflexion, die eignen poetische» Stimmmige» und die Nachahnuing<lb/> gegebener und für poetisch geltender Situationen, und die eigeutttmliche Zag¬<lb/> haftigkeit, mit welcher der gereifte Manu in spätem Jahren gerade seinen ge-<lb/> lungensten Jugcudversuchc» gegenüberstand, zeigt sogar, daß er die Fähigkeit,<lb/> unmittelbar poetisch zu empfinden, in ziemlich früher Zeit verlor. Immer aber<lb/> bleibt es unbestreitbar, daß Haller die deutsche Poesie einen gewaltigem Schritt<lb/> vorwärts geführt hat, und daß seine mächtige und eigentümliche Persönlichkeit<lb/> hoch hervorragt ans dem Haufen damaliger Gelehrten, welche nach Gellerts<lb/> Worten „lebten, ein Weib nahmen und starben." In diesem Sinne ist das aus¬<lb/> geführte, vielfach auf neuem Material beruhende Lebensbild Hallers, welches der<lb/> Herausgeber entwirft, hochwillkomner zu heißen. Die Biographie versetzt uns<lb/> in eigentümliche Zustände des achtzehnten Jahrhunderts zurück, die uns fremd-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0182]
seine Lebensverhältnisse ihm dieselbe nahelegten, aufs neue und mit überraschendem
Gelingen in das Gebiet der deutschen Poesie hereinzog; indem er die nennr
von einer neuen Seite und unter einem neuen Gesichtspunkte mit größter Deut¬
lichkeit und doch in poetischem Schimmer sehen ließ; indem er endlich das erste
und ewige Thema der Dichtkunst, die Liebe, in einigen ans wirklichen und innern
Zrlebnissen hervorgegangenen Gedichten behandelte. Formell übertraf die
Dichtung Hallers die fast aller seiner Vorgänger und auch seiner Zeitgenossen
dnrch das vorsätzliche und wirklich gelungene Bestrebe» des Dichters, in wenig
Worte» möglichst viel zu sage». Dn im Geiste Hallers neben nmfnssendem
Denkvermögen zugleich eine mächtige Phantasie wohnte, so vermochte er auch
denjenigen Stoffen seiner Dichtung, die uns, nicht aber so Hallers nächsten Zeit-
genossen im letzten Grunde unpoetisch erscheinen, das Ansehen wahrhaft dichte¬
rischer Stoffe zu geben: durch eine bis dahin unbekannte Fähigkeit, das Ilbcr-
sinnliche mit sinnlicher Vorstellung zu verknüpfen und das Gedachte in ein Ge¬
sehenes zu verwandeln. Zu allen diesen Vorzügen der Hallerschen Dichtungen
^zu denen der Herausgeber mit Recht auch die Thatsache rechnet, daß Haller
aus dem Sprachgefühle seines deutsch-bernischen Volkstums heraus dichtete, in
welchem sich etwas von der größern Kraft und Sinnlichkeit des ältern Deutsch
erhalten hatte) kam das hohe sittliche Pathos, kam der Ruhm des Gelehrten,
kam endlich trotz großer Schwächen, an denen freilich die Verhältnisse in Hallers
Vaterland sehr wesentlich mit schuld waren, die im großen und ganzen unan¬
tastbare Hoheit und Lauterkeit von Hallers Charakter. Doch war vielleicht die
wesentlichste von allen Ursachen der große» Wirkung von Hallers Gedichten die:
nach einer langen Reihe von Jahren, während welcher ans allen Gebieten der
Poesie fast nur die kalte Stndiertheit das Wort geführt hatte, machten Hallers
Gedichte zuerst wieder den Eindrnck, daß sie einer wirklich bewegten, ja tief er¬
regten Innerlichkeit entströmten,"
Der letzte Satz kann natürlich nnr (um ZMiro »»lis zugegeben werden,
auch Hallers bewegte Innerlichkeit schied noch nicht die unmittelbare Empfindung
und die Reflexion, die eignen poetische» Stimmmige» und die Nachahnuing
gegebener und für poetisch geltender Situationen, und die eigeutttmliche Zag¬
haftigkeit, mit welcher der gereifte Manu in spätem Jahren gerade seinen ge-
lungensten Jugcudversuchc» gegenüberstand, zeigt sogar, daß er die Fähigkeit,
unmittelbar poetisch zu empfinden, in ziemlich früher Zeit verlor. Immer aber
bleibt es unbestreitbar, daß Haller die deutsche Poesie einen gewaltigem Schritt
vorwärts geführt hat, und daß seine mächtige und eigentümliche Persönlichkeit
hoch hervorragt ans dem Haufen damaliger Gelehrten, welche nach Gellerts
Worten „lebten, ein Weib nahmen und starben." In diesem Sinne ist das aus¬
geführte, vielfach auf neuem Material beruhende Lebensbild Hallers, welches der
Herausgeber entwirft, hochwillkomner zu heißen. Die Biographie versetzt uns
in eigentümliche Zustände des achtzehnten Jahrhunderts zurück, die uns fremd-
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