Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Francesca von Rimini.
Den Beatrice auserlesen,
Mit ihr ins Paradies zu ziehn.
Und Oswald wars -- o süßes Beben,
Wie er mit srohbewegtem Tritt
Auf Wolken, die am Himmel schweben,
Vor mir als treuer Führer schritt,
Kommt' ich sein Antlitz auch nicht schauen,
Rief ich doch jubelnd! "Teurer Mann,
Das Ende naht von Furcht und Grauen,
Es ist gelöst der Trennung Bann.
Dort winkt des Paradieses Nähe,
Das uns vereinigt beiden lacht --"
Da fuhr empor im Schlaf ich jiihe,
Und ringsher war es finstre Nacht.
Klage.
An Francesca von Rimini.
Es war auch mir ein Buch der Quell von Leiden,
Und eine Dichtung schuf mir Qual und Gram,
Und doch muß ich, Francesca, dich beneiden,
Es ließ dir das Geschick, was mir es nahm. Und wenn gequält um Schreckensort du weilest,
Vom Sturm gepeitscht in grauenvoller Pein,
Halb ist der Schmerz, den dn mit Paolo leitest,
Du darfst vereint mit dem Geliebten sein. So grausam war die Hölle nicht, zu trennen,
Die Liebesglnt zusammen hat geführt,
Ich aber fühl' nlleiu die Wunde brennen,
Und nah ist keiner, den mein Leiden rührt.

Grenzboten IV. 1883. 66
Francesca von Rimini.
Den Beatrice auserlesen,
Mit ihr ins Paradies zu ziehn.
Und Oswald wars — o süßes Beben,
Wie er mit srohbewegtem Tritt
Auf Wolken, die am Himmel schweben,
Vor mir als treuer Führer schritt,
Kommt' ich sein Antlitz auch nicht schauen,
Rief ich doch jubelnd! „Teurer Mann,
Das Ende naht von Furcht und Grauen,
Es ist gelöst der Trennung Bann.
Dort winkt des Paradieses Nähe,
Das uns vereinigt beiden lacht —"
Da fuhr empor im Schlaf ich jiihe,
Und ringsher war es finstre Nacht.
Klage.
An Francesca von Rimini.
Es war auch mir ein Buch der Quell von Leiden,
Und eine Dichtung schuf mir Qual und Gram,
Und doch muß ich, Francesca, dich beneiden,
Es ließ dir das Geschick, was mir es nahm. Und wenn gequält um Schreckensort du weilest,
Vom Sturm gepeitscht in grauenvoller Pein,
Halb ist der Schmerz, den dn mit Paolo leitest,
Du darfst vereint mit dem Geliebten sein. So grausam war die Hölle nicht, zu trennen,
Die Liebesglnt zusammen hat geführt,
Ich aber fühl' nlleiu die Wunde brennen,
Und nah ist keiner, den mein Leiden rührt.

Grenzboten IV. 1883. 66
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154696"/>
            <fw type="header" place="top"> Francesca von Rimini.</fw><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_61" type="poem">
              <l> Den Beatrice auserlesen,<lb/>
Mit ihr ins Paradies zu ziehn.</l>
              <l> Und Oswald wars &#x2014; o süßes Beben,<lb/>
Wie er mit srohbewegtem Tritt<lb/>
Auf Wolken, die am Himmel schweben,<lb/>
Vor mir als treuer Führer schritt,</l>
              <l> Kommt' ich sein Antlitz auch nicht schauen,<lb/>
Rief ich doch jubelnd! &#x201E;Teurer Mann,<lb/>
Das Ende naht von Furcht und Grauen,<lb/>
Es ist gelöst der Trennung Bann.</l>
              <l> Dort winkt des Paradieses Nähe,<lb/>
Das uns vereinigt beiden lacht &#x2014;"<lb/>
Da fuhr empor im Schlaf ich jiihe,<lb/>
Und ringsher war es finstre Nacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_62" type="poem">
              <head> Klage.</head>
              <l> </l>
            </lg><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_63" type="poem">
              <head> An Francesca von Rimini.</head>
              <l> Es war auch mir ein Buch der Quell von Leiden,<lb/>
Und eine Dichtung schuf mir Qual und Gram,<lb/>
Und doch muß ich, Francesca, dich beneiden,<lb/>
Es ließ dir das Geschick, was mir es nahm. Und wenn gequält um Schreckensort du weilest,<lb/>
Vom Sturm gepeitscht in grauenvoller Pein,<lb/>
Halb ist der Schmerz, den dn mit Paolo leitest,<lb/>
Du darfst vereint mit dem Geliebten sein. So grausam war die Hölle nicht, zu trennen,<lb/>
Die Liebesglnt zusammen hat geführt,<lb/>
Ich aber fühl' nlleiu die Wunde brennen,<lb/>
Und nah ist keiner, den mein Leiden rührt. </l>
            </lg><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1883. 66</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0531] Francesca von Rimini. Den Beatrice auserlesen, Mit ihr ins Paradies zu ziehn. Und Oswald wars — o süßes Beben, Wie er mit srohbewegtem Tritt Auf Wolken, die am Himmel schweben, Vor mir als treuer Führer schritt, Kommt' ich sein Antlitz auch nicht schauen, Rief ich doch jubelnd! „Teurer Mann, Das Ende naht von Furcht und Grauen, Es ist gelöst der Trennung Bann. Dort winkt des Paradieses Nähe, Das uns vereinigt beiden lacht —" Da fuhr empor im Schlaf ich jiihe, Und ringsher war es finstre Nacht. Klage. An Francesca von Rimini. Es war auch mir ein Buch der Quell von Leiden, Und eine Dichtung schuf mir Qual und Gram, Und doch muß ich, Francesca, dich beneiden, Es ließ dir das Geschick, was mir es nahm. Und wenn gequält um Schreckensort du weilest, Vom Sturm gepeitscht in grauenvoller Pein, Halb ist der Schmerz, den dn mit Paolo leitest, Du darfst vereint mit dem Geliebten sein. So grausam war die Hölle nicht, zu trennen, Die Liebesglnt zusammen hat geführt, Ich aber fühl' nlleiu die Wunde brennen, Und nah ist keiner, den mein Leiden rührt. Grenzboten IV. 1883. 66

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/531
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/531>, abgerufen am 22.05.2024.