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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Sachsens Runstleben im sechzehnten Jahrhundert.

schmücke." So lautete eine seiner Lebensregeln, die an der Wand seines Schlaf¬
gemaches in Lochau standen.

Mit der Ausschmückung seiner Schlösser finden wir ihn früh beschäftigt,
und schon im fünfzehnten Jahrhundert waren verschiedne Künstler für ihn thätig,
von denen allerdings nur die Namen bekannt sind. Da wird als ein von dem
Kurfürsten beschäftigter Maler ein Meister Johann erwähnt, der verschiedne
Jagd- und Turnierbilder anzufertigen hatte; ihm schließen sich die Maler Kunz,
Friedrich, Ludwig und ein "wellischer" Meister Jakob an. Ludwig, Kunz und
Johann hatten Gesellen und Lehrlinge und scheinen festangestellte Hofmaler
gewesen zu sein; der angeblich "wellischc" Meister Jakob ist möglicherweise mit
dem vielbesprochenen Jakob Walch identisch.

Bald nach seinem Regierungsantritt, im Jahre 1493, dachte Friedrich daran,
eine Reise nach dem heiligen Lande zu unternehmen. Gewöhnlich pflegten die
nach Palästina wallfahrenden Fürsten Maler mitzunehmen, die an Ort und
Stelle die Merkwürdigkeiten des Landes aufzeichnen mußten, und so hatte auch
Kurfürst Friedrich zwei Maler, die Meister Johann und Kunz, bei sich. Der
Hauptzweck der Reise war aber die Vermehrung des Reliquienschatzes der ur¬
alten Wittenberger Schloßkapelle, die von den Zeiten Herzog Rudolfs des
Zweiten an wertvolle Heiligtümer bewahrte. Friedrich brachte einen reichen
Vorrat derartiger Reliquien zum Andenken an seine Wallfahrt mit heim. Eine
weitere Erinnerung an diese Reise enthielt ein Gemälde, das sich später in
der Schloßkirche zu Wittenberg befand und die hauptsächlichsten Orte Palästinas
darstellte, die der Kurfürst besucht hatte. In der herzoglichen Galerie zu Gotha
ist ein ähnliches Bild, das von dem Nürnberger Wolf Ketzel, der den Zug mit¬
gemacht hatte, gestiftet wurde und wahrscheinlich ebenfalls von einem der beiden
Maler herrührt, die den Kurfürsten begleitet hatten. Links vorn kniet im Harnisch
der Kurfürst mit gefaltete" Händen, daneben stehen Helm und Wappenschild.
Darunter liest man: "Friderich Von gottes Gnaden Hertzog zu Sachßen
churfurst etc. zügelt zum Heyligcn grad 1493." Rechts bemerkt man das Schiff
und darüber in landschaftlicher Anordnung die Orte, die er auf seinem Züge
besuchte, und die alle durch beigeschriebene Namen und durch Szenen aus dem
Neuen Testamente noch näher bezeichnet sind.

Weitere Anregungen zur Kunstpflege erhielt der Kurfürst auf einer bald
darauf -- 1494 -- unternommenen Reise nach den Niederlanden. Er hielt
sich dort beinahe ein halbes Jahr lang auf, wiederum von seinem Maler Johann
begleitet, der wie Meister Ludwig und Meister Kunz noch bis zum Schlüsse des
Jahrhunderts vielfach vom Kurfürsten beschäftigt wurde.

Seit dem Beginne des sechzehnten Jahrhunderts kam die Kunstliebe des
Kurfürsten besonders Wittenberg zu gute. Die alte, von seinen Vorfahren ver¬
nachlässigte Hauptstadt des Landes zu einer würdigen Residenz und zu einem
Mittelpunkte kirchlichen und geistigen Lebens umzugestalten, war sein erstes


Sachsens Runstleben im sechzehnten Jahrhundert.

schmücke." So lautete eine seiner Lebensregeln, die an der Wand seines Schlaf¬
gemaches in Lochau standen.

Mit der Ausschmückung seiner Schlösser finden wir ihn früh beschäftigt,
und schon im fünfzehnten Jahrhundert waren verschiedne Künstler für ihn thätig,
von denen allerdings nur die Namen bekannt sind. Da wird als ein von dem
Kurfürsten beschäftigter Maler ein Meister Johann erwähnt, der verschiedne
Jagd- und Turnierbilder anzufertigen hatte; ihm schließen sich die Maler Kunz,
Friedrich, Ludwig und ein „wellischer" Meister Jakob an. Ludwig, Kunz und
Johann hatten Gesellen und Lehrlinge und scheinen festangestellte Hofmaler
gewesen zu sein; der angeblich „wellischc" Meister Jakob ist möglicherweise mit
dem vielbesprochenen Jakob Walch identisch.

Bald nach seinem Regierungsantritt, im Jahre 1493, dachte Friedrich daran,
eine Reise nach dem heiligen Lande zu unternehmen. Gewöhnlich pflegten die
nach Palästina wallfahrenden Fürsten Maler mitzunehmen, die an Ort und
Stelle die Merkwürdigkeiten des Landes aufzeichnen mußten, und so hatte auch
Kurfürst Friedrich zwei Maler, die Meister Johann und Kunz, bei sich. Der
Hauptzweck der Reise war aber die Vermehrung des Reliquienschatzes der ur¬
alten Wittenberger Schloßkapelle, die von den Zeiten Herzog Rudolfs des
Zweiten an wertvolle Heiligtümer bewahrte. Friedrich brachte einen reichen
Vorrat derartiger Reliquien zum Andenken an seine Wallfahrt mit heim. Eine
weitere Erinnerung an diese Reise enthielt ein Gemälde, das sich später in
der Schloßkirche zu Wittenberg befand und die hauptsächlichsten Orte Palästinas
darstellte, die der Kurfürst besucht hatte. In der herzoglichen Galerie zu Gotha
ist ein ähnliches Bild, das von dem Nürnberger Wolf Ketzel, der den Zug mit¬
gemacht hatte, gestiftet wurde und wahrscheinlich ebenfalls von einem der beiden
Maler herrührt, die den Kurfürsten begleitet hatten. Links vorn kniet im Harnisch
der Kurfürst mit gefaltete» Händen, daneben stehen Helm und Wappenschild.
Darunter liest man: „Friderich Von gottes Gnaden Hertzog zu Sachßen
churfurst etc. zügelt zum Heyligcn grad 1493." Rechts bemerkt man das Schiff
und darüber in landschaftlicher Anordnung die Orte, die er auf seinem Züge
besuchte, und die alle durch beigeschriebene Namen und durch Szenen aus dem
Neuen Testamente noch näher bezeichnet sind.

Weitere Anregungen zur Kunstpflege erhielt der Kurfürst auf einer bald
darauf — 1494 — unternommenen Reise nach den Niederlanden. Er hielt
sich dort beinahe ein halbes Jahr lang auf, wiederum von seinem Maler Johann
begleitet, der wie Meister Ludwig und Meister Kunz noch bis zum Schlüsse des
Jahrhunderts vielfach vom Kurfürsten beschäftigt wurde.

Seit dem Beginne des sechzehnten Jahrhunderts kam die Kunstliebe des
Kurfürsten besonders Wittenberg zu gute. Die alte, von seinen Vorfahren ver¬
nachlässigte Hauptstadt des Landes zu einer würdigen Residenz und zu einem
Mittelpunkte kirchlichen und geistigen Lebens umzugestalten, war sein erstes


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/30>, abgerufen am 19.05.2024.